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die bank 08 // 2018

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

Nachhaltigkeit steht im

Nachhaltigkeit steht im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung Insbesondere seit der Pariser Klimakonferenz (COP 21) im Jahr 2015, als sich 196 Staaten zu konkreten Klimazielen bekannten, hat das Thema in Politik und Wirtschaft eine zusätzliche Dynamik gewonnen und die breite Öffentlichkeit erreicht. Die EU hat zuletzt bekräftigt, dass das Ziel sei, die CO 2 -Emissionen bis 2030 um 45 Prozent unter das Niveau von 1990 zu drücken. Global werden die notwendigen Investitionen für den Klimaschutz unter Berücksichtigung eines 2-Grad-Szenarios allein für die kommenden 15 Jahre weltweit auf 100 Bio. US-$ geschätzt. Nicht zuletzt aufgrund der Entscheidungen in Paris haben Länder wie Frankreich, Polen und Belgien Green Bonds emittiert und das Sustainable-Finance-Segment durch legislative Maßnahmen gestärkt. Die Frage, ob eine Ausrichtung der Wirtschaft und damit auch der Finanzwirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit notwendig ist, scheint also recht eindeutig mit Ja zu beantworten. Der Klimawandel zählt zu den größten globalen Herausforderungen. Auch wenn Klimadaten umsichtig interpretiert werden sollten, gaben die Temperaturen im heißen Sommer 2018 eine Vorschau darauf, welchen Herausforderungen auch Länder in gemäßigten Klimaregionen wie Deutschland entgegensehen, wenn sich dieser Trend nicht umkehren lässt und womöglich noch verstärkt. Dies betrifft nahezu alle Bereiche der Gesellschaft, angefangen von der Infrastruktur der Städte und Gemeinden bis hin zu möglicherweise einschneidenden Veränderungen in Bereichen wie der Landwirtschaft. Eine Entwicklung hin zu einer klimagerechteren und nachhaltigeren Wirtschaft ist somit eine Frage des „Wie“ und nicht mehr des „Ob“. Der Finanzindustrie kommt aufgrund ihrer Rolle eine Schlüsselposition als Vermittler von Fremd- und Eigenkapital zu. Daraus ergibt sich die Frage, wie das traditionelle Kerngeschäft auf die kommenden Herausforderungen aus gesellschaftlicher und regulatorischer Hinsicht vorbereitet werden kann. Eine frühzeitig implementierte und glaubwürdig umgesetzte Sustainable-Finance-Strategie wird daher ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil in einer sich verändernden Wirtschaft sein und ist aus mehreren Gründen wichtig. Zum einen wird es darum gehen, Risiken möglichst frühzeitig zu erkennen und zu minimieren, um somit „Verlorene Vermögenswerte“ oder „Stranded Assets“ in der eigenen Bilanz zu vermeiden. Vor dem Hintergrund eines fortschreitenden Klimawandels und einer damit verbundenen stärkeren Transformation des Wirtschaftsgeschehens nehmen die transitorischen Risiken für einzelne Unternehmen, aber auch für gesamte Branchen zu. Für Banken bedeutet das: Sie müssen Faktoren wie z. B. den CO 2 -Fußabdruck ihrer Kunden zukünftig in Euro ausdrücken können. Zwar gibt es mittlerweile einen breiten Konsens darüber, dass ein steigender Ölpreis bestimmte Branchen oder finanzierte Projekte negativ beeinflusst. Aber das Wissen und die Datenbasis über die Auswirkungen eines steigenden CO 2 -Preises sind noch deutlich geringer ausgeprägt. Die bisher fehlende Transparenz rund um das Thema Sustainable Finance ist immer noch ein Hindernis für weiteres Wachstum. Es gibt weder national noch international eine einheitliche Definition für nachhaltige Geldanlagen. Jeder Emittent oder Investor hat ein anderes Verständnis des Begriffs und setzt unterschiedliche Prioritäten. Initiativen wie die der Task Force „Climate-Related Financial Disclosure" (TCFD) sind in dieser Hinsicht ein wichtiger Schritt, um das Thema Sustainable Finance greifbarer und auch berechenbarer zu machen. Die TCFD wurde 2015 vom Financial Stability Board (FSB) eingerichtet. Ziel ist es, den Anlegern zu helfen, ihr finanzielles Risiko besser zu verstehen und Unternehmen dabei zu helfen, diese Informationen klar und einheitlich offenzulegen. Die Task Force veröffentlichte im Juni 2017 ihre Ratschläge für eine freiwillige und anwenderbezogene, klimafokussierte Financial-Offenlegung in Mainstream-Unternehmen. Die Empfehlungen umfassen die Bereiche: Governance – Die Governance der Organisation um klimarelevante Risiken und Chancen Strategie – Die tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen von klimabedingten Risiken und Chancen auf das Geschäft, die Strategie und die Finanzplanung der Organisation. Risk Management – Die Prozesse, die von der Organisation verwendet werden, um klimarelevante Risiken zu identifizieren, zu bewerten und zu managen. Metriken und Ziele – Die Metriken und Ziele, die verwendet werden, um klimarelevante Risiken und Chancen zu bewerten und zu managen Einer der ersten Unterzeichner der Empfehlungen der TCFD war die HSBC. Die Bank hat für das erste Jahr Informationen zu den Bereichen Governance, Strategie und Risikomanagement im Geschäftsbericht 2017 veröffentlicht. Die TCFD ist nur eine von aktuell vielen Initiativen rund um die Erhöhung der Transparenz, Glaubwürdigkeit und Verständlichkeit des 38 08 // 2018

Sustainable-Finance-Segments. So wäre die sehr dynamische Entwicklung im Bereich der nachhaltigen Anleihen ohne die 2014 von der Finanzindustrie eingeführten Green Bond Principles (GBP; mittlerweile um Social Bond Principles ergänzt) kaum denkbar gewesen. Die GBP gaben sowohl Anlegern als auch Emittenten ein Rahmenwerk, um einerseits Investmententscheidungen treffen zu können und andererseits Anleihen auf Basis der mittlerweile breit akzeptierten Marktstandards vergleichbar zu machen. Eine ähnliche Entwicklung ist für das klassische Kreditsegment zu erwarten, nachdem 2018 die Green Loan Principles erarbeitet und verabschiedet wurden und nunmehr von der Finanzindustrie umgesetzt werden. Stärkeres politisches Engagement wünschenswert Mit den Initiativen auf Ebene der EU-Kommission, vorbereitet durch den Bericht der „High Level Expert Group“, ist für die Zukunft eine stärkere Festlegung von Definition der verschiedenen Begriffe, mehr Transparenz, aber auch naturgemäß mehr Regulatorik für den Bereich Sustainable Finance zu erwarten. Grundsätzlich ist ein robusteres Rahmenwerk zu begrüßen, das für alle Marktteilnehmer gleiche Bedingungen schafft und für mehr Transparenz sorgt. Eine klare Festlegung von Begrifflichkeiten im Rahmen einer von der EU angestrebten Taxonomie wird auch dem Vorwurf des „Green Washings“ entgegentreten und so für mehr Transaktionssicherheit sorgen. Selbstverständlich besteht bei solchen Vorhaben auch immer die Gefahr der Überregulierung, die das vorhandene Wachstum einschränken könnte. Hier gilt es für die beteiligten Länder, sich frühzeitig in die Prozesse und Gremien einzubringen, um die anstehenden Gespräche und deren Resultate zu begleiten und sinnvoll mitzugestalten. Deutschland gehört in dieser Hinsicht noch nicht zu den führenden Nationen und vergibt hier eventuell die Chance, ein für alle Bereiche der Wirtschaft wichtiges Rahmenwerk aktiv voranzutreiben. Sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene wird das Thema Sustainable Finance von anderen Ländern deutlich stärker besetzt und in den Diskussionen geprägt. Allerdings gewinnt das Thema in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Initiativen wie der „Hub for Sustainable Finance“ sind in diesem Zusammenhang wichtig, um die Bedeutung des Themas in Politik und Wirtschaft stärker zu verankern Generell ist ein stärkeres Engagement seitens der deutschen Politik aber durchaus wünschenswert. Zum anderen bleibt es gerade für privatwirtschaftliche Banken eine Aufgabe, auch unter den veränderten Rahmenbedingungen profitabel zu bleiben. Nur so wird sich die volkswirtschaftliche Funktion des Finanzwesens weiter erfüllen lassen. Dabei sind die einzelnen Geschäftsbereiche in sehr unterschiedlicher Form vom Thema Nachhaltigkeit betroffen. Eine einfache Formel für die Umsetzung des Themas gibt es nicht. Die ökologische Komponente nimmt einen bedeutenden Teil im Sustanaible-Finance-Segment ein, aber auch soziale Themen werden in Zukunft stärker an Bedeutung gewinnen. Trotz des bereits erreichten Niveaus ist das Potenzial in vielen Bereichen noch bei weitem nicht ausgereizt. Dass sich nun die Akteure verstärkt an den „Sustainable Development Goals“ der UN orientieren, ist eine sinnvolle Entwicklung. Die Vereinten Nationen haben damit 17 Themenfelder und Ziele für eine nachhaltige Entwicklung identifiziert. FAZIT Das Thema Sustainable Finance ist zum festen Bestandteil des Kapitalmarktgeschehens geworden. Es ist von entscheidender Bedeutung, um die benötigten Mittel zur Bewältigung des Klimawandels zu generieren. In den kommenden Jahren ist mit zunehmender Marktreife ein größeres Maß an Regulatorik zu erwarten. Auch wenn das Thema in vielen Bereichen sehr präsent ist und Produkte wie Green Bonds einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind, ist das Potenzial in vielen Segmenten bei Weitem noch nicht ausgereizt. Entscheidend wird sein, die Marktiefe und -breite für Sustainable- Finance-Produkte in den kommenden Jahren weiter zu verbessern und die Transparenz für alle beteiligte Marktteilnehmer zu erhöhen. Autoren Stefan Timm ist seit Juni 2014 verantwortlich als Head of Structured Finance Germany & Austria bei HSBC Deutschland und Spezialist für die Bereiche strukturierte Finanzierungen und ABS. Er hat zahlreiche öffentliche ABS Bonds sowie diverse bilaterale und syndizierte Verbriefungsstrukturen strukturiert. Robert Mandziara ist seit 2011 für HSBC Deutschland tätig und verantwortet im Bereich Debt Capital Markets das Primärmarktgeschäft mit Kunden aus dem öffentlichen Sektor. Zudem ist er als Head of Sustainable Finance Germany & Austria für die Weiterentwicklung des Themas Nachhaltigkeit zuständig. 08 // 2018 39

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