Aufrufe
vor 5 Jahren

die bank 08 // 2018

  • Text
  • Banken
  • Verbriefungen
  • Unternehmen
  • Markt
  • Insbesondere
  • Mitarbeiter
  • Investoren
  • Kreditfonds
  • Fugger
  • Deutschland
die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BÜRDE FÜR DIE

BÜRDE FÜR DIE MARKTAKTEURE Finanzmarktregulierung in Zeiten des Umbruchs In den zehn Jahren seit Ausbruch der Finanzkrise hat sich die Banken- und Finanzmarktregulierung mit atemberaubender Geschwindigkeit entwickelt, und eine „Entschleunigung“ der Rechtsentwicklung ist nicht in Sicht. Auch das Jahr 2018 hat schon viel Neues gebracht, sei es das Inkrafttreten von MiFID II / MiFIR oder die Arbeit an Akten wie CRD V. Vorhaben wie die Europäische Einlagensicherung liegen derzeit auf Eis, könnten jedoch jederzeit reaktiviert werden. Unsere Autoren stellen ausgewählte Regulierungsinitiativen aus den Bereichen Kapitalmarktfinanzierungen und Verbriefung vor. „ Was lange währt, wird endlich gut“, lautet ein bekanntes Sprichwort, das denjenigen Mut zu machen verspricht, die für eine Tätigkeit länger brauchen als erwartet. So könnte man zunächst zu dem Schluss kommen, dass die verschiedenen EU-Regulierungsvorhaben zur Stärkung von Banken und Finanzmarkt aufgrund der lang andauernden Prozesse, die eine besondere Sorgfalt vermuten lassen, am Ende dafür umso bessere Ergebnisse hervorbringen müssen. Betrachtet man sich diese Ergebnisse dann aber im Einzelnen, entstehen doch erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Sprichworts. Beim Blick auf die bisher wichtigsten Regulierungsvorhaben der EU im Jahr 2018 mit Bezug zu (strukturierten) Finanzierungen und Kapitalmarktinstrumenten stechen zunächst zwei Entwicklungen hervor: der Entwurf einer Verordnung für Europäische Crowdfunding- Dienstleister (European Crowdfunding Service Providers, ECSP) sowie der Entwurf einer Verordnung über europäische Staatsanleihen, die sogenannten Sovereign Bond-Backed Securities (SBBS). Crowdfunding Die Unternehmen in Europa finanzieren sich zunehmend über verschiedene Wege. Die klassische Kapitalbeschaffung über Bankkredite verliert an Bedeutung, insbesondere für Start-ups und FinTechs kommen sie in der Vorgründungs- und Gründungsphase kaum in Betracht. Gleichzeitig sind solche Kleinstunternehmen nicht an komplexen Finanzierungsmodellen, die der Kapitalmarkt bietet, interessiert oder möchten gar fremde Gesellschafter „ins Boot“ holen. Eine alternative Finanzierungsmöglichkeit, die in den vergangenen Jahren stark an Beliebtheit gewonnen hat, bietet in solchen Fällen das Crowdfunding. Das Crowdfunding wird derzeit hauptsächlich auf der Grundlage der nationalen Gesetzgebung durchgeführt, was bedeutet, dass Plattformen je nach Land, in dem sie tätig sind, unterschiedlichen Regeln unterliegen. Dies macht es für Plattformen besonders schwierig, ihre Dienste grenzüberschreitend anzubieten. Hier sieht die Europäische Kommission im Hinblick auf die Vertiefung der Kapitalmarktunion Handlungsbedarf und unterbreitet mit ihrem Verordnungsentwurf vom 8. März 2018 (2018/0048(COD)) Vorschläge für eine europaweite Vereinheitlichung und Regulierung von Crowdfunding. Zunächst beabsichtigt die Kommission die Schaffung eines einheitlichen Zugangs für Crowdfunding-Dienstleistungen zum EU- Markt. Damit sollen alle beteiligten Akteure von den Hürden befreit werden, die die grenzüberschreitende Tätigkeit in verschiedenen Rechtsordnungen mit sich bringt. Ferner sollen nach dem Willen der Kommission maßgeschneiderte Regeln für EU-Crowdfunding-Dienstleister, die sowohl investitions- als auch kreditbasierte Geschäftsmodelle abdecken, bereitgestellt werden. Darüber hinaus will die Kommission mehr Möglichkeiten für EU- Investoren bei gleichzeitiger Gewährleistung eines hohen Maßes an Anlegerschutz in Bezug auf Crowdfunding-Dienstleistungen schaffen. So werden die Anleger beispielsweise über die Risiken des Crowdfundings informiert und vor der Unzulänglichkeit dieser Instrumente als Sparprodukte gewarnt. Außerdem müssen die Anleger, bevor sie investieren können, einen Wissenstest absolvieren, um ihr Verständnis von Finanzprodukten zu beurteilen. Ein viertes Element des Kommissionsentwurfs ist das Ziel, die Anforderungen zu definieren, die Crowdfunding-Dienstleister erfüllen müssen, um eine Zulassung zu erhalten, sowie die Bereitstellung eines einzigen Zugangspunkts für die Zulassung und Beaufsichtigung durch eine einzige Behörde – hier die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA (European Securities and Markets Authority). Sie wird auch befugt sein, Geldbußen zu verhängen und die Zulassung bei schwerwiegenden Verstößen gegen neue Anforderungen zu entziehen. Zur Ergänzung der neuen Verordnung über das Crowdfunding hat die Europäische Kommission auch einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der MiFID II (COM(2018) 99 final) angenommen. Im 12 08 // 2018

Interesse der Rechtssicherheit und zur Vermeidung der Anwendung der Anforderungen der MiFID II auf die Erbringung von Crowdfunding-Diensten sieht der Vorschlag ausdrücklich vor, dass die Finanzmarktrichtlinie nicht für Personen gilt, die als Crowdfunding-Dienstleister zugelassen sind. Dennoch sind die genaue Reichweite dieser Abgrenzung der Regulierungen und das Verhältnis zu geltendem nationalem Recht ungeklärt; in Deutschland ist z. B. die Kreditvermittlung gewerberechtlich reguliert und das Kreditgeschäft isoliert erlaubnispflichtig. Sovereign Bond-Backed Securities Anders als das Crowdfunding sind die neuen Staatsanleihen der Euroländer ein Thema, das durch die Medien auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird. Sie sollen zu einer vollendeten Bankenunion beitragen. Zu diesem Zweck hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zu Sovereign Bond-Backed Securities (SBBS) veröffentlicht. Dahinter verbirgt sich eine besondere Bündelung von Staatsanleihen der Euroländer. Ähnlich wie bei klassischen Verbriefungen ist dieses neuartige Finanzinstrument für die Emission in tranchierten Schuldverschreibungen konzipiert, die Investitionsmöglichkeiten je nach Risikobereitschaft bieten. Der Vorschlag zielt allerdings nicht darauf ab, den SBBS die gleiche aufsichtsrechtliche Behandlung wie Verbriefungen zu gewähren. Vielmehr sollen die SBBS den auf Euro lautenden nationalen Staatsanleihen angeglichen werden; strukturell wird dies ersichtlich durch das relativ geringe Risiko und die hohe Liquidität des vorher festgelegten und diversifizierten zugrunde liegenden Portfolios von Staatsanleihen. Der Verordnungsentwurf folgt auf die Veröffentlichung einer Folgenabschätzung der Kommission zur Schaffung eines Rechtsrahmens für die Entwicklung von SBBS aus dem Januar 2018. Der Entwurf zeichnet sich im Wesentlichen durch vier Eckpunkte aus: Die Artikel 4 bis 6 des Verordnungsentwurfs befassen sich mit der Eignung und Zusammensetzung des zugrunde liegenden Portfolios und der Tranchierung von SBBS-Emissionen, in den Artikeln 7 und 8 geht es um die Ausgabe und Verwaltung von SBBS, Artikel 9 regelt die Verwendung der Bezeichnung SBBS und die Artikel 10 bis 12 legen die Melde- und Transparenzanforderungen fest. Konkret verlangt die vorgeschlagene Verordnung zum einen, dass das zugrunde liegende Portfolio Staatsanleihen aller Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets mit einem Anteil entsprechend dem Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten zum Kapital der EZB umfasst, und zum anderen, dass die Höhe der vorrangigen Tranche auf 70 Prozent der gesamten SBBS-Emission festzulegen ist. Die restlichen 30 Prozent können in so viele untergeordnete (oder nachrangige) Forderungen aufgeteilt werden, wie der Emittent es für die Nachfrage seiner Anleger am besten geeignet hält. Mit der Verordnung möchte die Kommission dem als für eine vollendete Bankenunion hinderlich eingestuften Umstand der engen Verzahnung zwischen Banken und ihren Heimatländern entgegentreten: Die Banken sollen künftig weniger die Staatsanleihen ihrer Heimatländer in den Büchern halten als vielmehr solche neuartigen Produkte, die die Anleihen aller Euroländer bündeln. Dies soll dem Schutz und der Stabilität der Banken dienen. Durch eine breitere Diversifizierung des Pools von Staatsanleihen würden im Fall einer Staatsschuldenkrise die betroffenen Banken weniger schnell selbst in Schieflage geraten, als wenn sie große Mengen an Staatsanleihen des Krisenlands besäßen. Dasselbe Ziel verfolgte die Kommission auch mit den sog. Eurobonds, die aber unter dem Gesichtspunkt der möglichen „Schuldenvergemeinschaftung“ heftiger Kritik ausgesetzt waren. Anders als bei Eurobonds soll bei SBBS weiterhin jedes Land für seine eigenen Anleihen geradestehen, um dem Vorwurf einer Haftungsgemeinschaft entgegenzutreten. 08 // 2018 13

die bank