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die bank 08 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT Der Redensart

MARKT Der Redensart „Vertrauen kann man nicht verordnen“ kann man also entgegen setzen: Vertrauen kann man zwar nie direkt steuern, aber man kann den Keimboden, auf dem Vertrauen wächst, sehr wohl durch Regulierung und Aufsicht bereiten. Wenngleich Aufsicht nicht die Aufgabe hat, als unabhängiges Gütesiegel für den Gesundheitszustand eines Instituts zu dienen, können solide Regeln für das Bankgeschäft helfen, Marktkräfte wieder herzustellen und dadurch die strukturellen Bedingungen für Vertrauen entscheidend fördern. Bei wie viel Regulierung und Aufsicht sollte Schluss sein? Das erkennen die allermeisten Institute und Verbände auch an, und doch ist Regulierung zum Gegenstand einer Kritik geworden, die als ein „Ja, aber...“-Einwurf verstanden werden kann. Es werden nämlich zwei gegenläufige Botschaften gleichzeitig übermittelt: Einerseits breite Zustimmung zu den Reformen nach der Finanzkrise, die als notwendig und zweckdienlich erachtet werden, andererseits aber ein deutlicher Argwohn gegenüber einer scheinbar übermächtigen Regulierung. Ist mit der grundsätzlichen Notwendigkeit von Regulierung nicht Tür und Tor geöffnet für ein immer größeres Regulierungs-„Rad“? Gibt es noch eine klar abgrenzbare Sphäre für unternehmerische Verantwortung und Kreativität? In welchem Maße benötigen Banken und Sparkassen Regulierung, und ab welchem Punkt wird es zu viel? Die Debatte ist zweifellos wichtig und richtig. Was aber weniger sachdienlich daherkommt, ist ein allgemeiner Regulierungsverdruss, der die bislang erzielten Erfolge insgesamt in Frage stellt und das Rad eher impulsiv als mit klarer Zielvorstellung wieder zurückdrehen möchte. Der Debatte sollte deshalb wieder eine Richtung gegeben werden, die sich sinnvoll und sachorientiert darstellt. Zunächst müssen wir das gefühlte „zu viel“ der Anforderungen hinterfragen. Es ist zweifelsohne so, dass Kreditinstitute hierzulande in den letzten Jahren einige Anstrengungen auf sich nehmen mussten. Das wird besonders beim Eigenkapital deutlich. Das jüngste Basel III-Monitoring der Deutschen Bundesbank, eine stichprobenbasierte Auswirkungsstudie zur Regulierungsarbeit, zeigt, dass etwa die großen deutschen Institute ihre Kernkapitalquote von 5,4 Prozent im Jahr 2011 bis Mitte 2016 auf 12,1 Prozent mehr als verdoppelt haben. Aber das ist kein Hinweis dafür, dass man bereits am Ziel vorbeigelaufen ist. Die frühere Kapitaldefinition, Berechnungsweisen und Mindesthöhe einzelner Kennziffern sind nach heutigem Verständnis nicht mehr angemessen und daher auch kein Referenzpunkt für zu hohe Belastungen vergangener Jahre. Gleichzeitig müssen sich Regulierer und Aufseher aber auch mit den Grenzen ihres Aufgabenbereichs auseinandersetzen. Die rote Linie sollte dort gezogen werden, wo unternehmerische Verantwortung und Marktkräfte walten sollten. Das ist das Verständnis der Bundesbank von Aufsichtsarbeit: Sie will und darf den Markt nicht ersetzen. Das tut sie aber auch nicht. Sehr deutlich zeigt sich dies bei den Geschäftsmodellanalysen, die regelmäßig bei den deutschen Instituten durchgeführt werden. Dem Namen nach taucht die Bankenaufsicht dort ja schon sehr stark in unternehmerisches Fahrwasser ein. Die Idee hinter diesen Analysen ist aber keineswegs, Institute in eine aufsichtlich entwickelte, möglicherweise sogar normierte Geschäftsstrategie zu drängen. Der Ausgangspunkt ist vielmehr die Frage, ob die Solvenz und Risikotragfähigkeit eines konkreten Instituts auch in zwei oder drei Jahren weiterhin gegeben ist. Dazu wird jedes Institut in seiner konkreten Lage, in seinem konkreten Geschäftsumfeld, mit seinem konkreten Risikomanagement betrachtet und mit Blick auf seine eigene Planung herausgefordert: Sind Annahmen zur Entwicklung des Geschäftsumfelds begründet – oder eher doch Wunschdenken? Sind die strategischen Schlussfolgerungen aus Trendbeobachtungen nachvollziehbar und konsistent – oder doch eher widersprüchlich und unhaltbar? Wenn ein Institut strategische Änderungen plant – wird hierfür Expertise aufgebaut, und ist dies in der Kapitalplanung berücksichtigt? Die Bankenaufsicht kommt also nicht mit strategischen Vorgaben und erst recht nicht mit einer Strategie-Blaupause im Gepäck in die Geldhäuser. Gleichwohl kann man dem „Ja, aber…“-Einwurf ein Stück weit entgegenkommen. Es gab und gibt Banken und Sparkassen, die aufgrund ihres Geschäftsmodells und ihrer Unternehmensstruktur eine effektive Selbstorganisation und Selbstkontrolle mit einfacheren Mitteln erreichen können als andere. Alle Institute bei Kontrollanforderungen über einen Kamm zu scheren, vermittelt Häusern mit weit entwickelter Steuerungs- und Kontrollkultur verständlicherweise den Eindruck, in Mithaftung genommen zu werden für Fehlverhalten, Marktverwerfungen und andere Schäden. Dies trifft den Kern der Verhältnismäßigkeitsdebatte. In der Vergangenheit hat sich die Aufsicht in Deutschland bereits darum bemüht, den Unterschieden innerhalb der Kreditwirtschaft gerecht zu werden. Da wäre beispielsweise die Regulierung, bei der es neben aufwändigen Anforderungen auch einfache Pendants wie den Standardansatz gibt. Zu denken wäre auch an die weitgehend proportionale Anwendung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Aber dennoch lässt sich im Status quo beobachten, dass kleinere und mittelgroße Institute mit der Bewältigung gerade der Compliance-Anforderungen schlichtweg überfordert sind. Denn eine gewisse Komplexität ist in der Regulatorik dennoch vorhanden. In diesem Kontext ist der Ansatz der sogenannten „Small Banking Box“ zu sehen – ein vom Regelrahmen für große, international tätige Häuser abgetrenntes Regelwerk für kleine Institute. Die Relevanz eines solchen Regelwerks lässt sich auch im Zusammenhang mit den hier formulierten Inhalten begreifen: Problemfelder komplexer Kreditinstitute, die etwa durch Offenlegungsvorschriften oder Vergütungsregeln in den Griff bekommen werden sollen, kommen bei vielen kleinen Instituten in weitaus geringerem Maße zum Tragen – wenn überhaupt. Bei diesen Punkten sind Erleichterungen gut denkbar, z. B. in 10 08 // 2017

MARKT einem eigenständigen Regelwerk. Aber das bedeutet meiner Überzeugung nach nicht, dass quantitative Mindestanforderungen abgesenkt werden sollten, denn Insolvenz und Illiquidität sind grundlegende Risiken eines jeden Kreditinstituts. Ob ein solches zweigeteiltes Regime Realität werden kann, ist letztlich abhängig vom europäischen Prozess der Gesetzgebung. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), das Bundesfinanzministerium und die deutsche Aufsicht müssen genau wissen, was sie wollen. Nur, wenn alle zusammen stehen und sich zu einer einhelligen Position durchringen, kann es zu Erfolgen führen. FAZIT Regulierer und Aufseher machen den Instituten ihren Arbeitsalltag nicht immer leicht. Man sollte allerdings darauf achten, dass keine Zweifel an Aufgaben der Regulierung gestreut werden, bei denen im Prinzip Einigkeit besteht. Regulierung und Aufsicht haben die Aufgabe, das Vertrauen in den Banken und Sparkassensektor zu sichern. Vor allem in einer Zeit größerer Stabilität sollte man sich nicht einreden, dass es von Beginn an auch ohne die ausgebesserten Regeln gegangen wäre. Bleiben wir bei sachlicher Kritik. Instituts- und Verbandsvertreter können wertvolle Beiträge zur Debatte um mehr Verhältnismäßigkeit in der Regulierung und zu sinnvoller Reduzierung von Lasten leisten. Nur gemeinsam kann weiter an einer Regulierung gefeilt werden, die der Stabilität einerseits und der Vielfalt andererseits gerecht wird. Autor: Dr. Andreas Dombret ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank. Der Beitrag basiert auf einer Rede des Autors anlässlich des Ostdeutschen Sparkassentags 2017 in Potsdam. Gemeinsam für mehr Sicherheit. Weitere Informationen finden Sie auf www.schufa.de/ fraudpool SCHUFA-FraudPool Mit dem SCHUFA-FraudPool bieten wir Ihnen eine moderne und effektive Lösung zur Betrugsprävention und Risikoreduktion. Der SCHUFA-FraudPool ermöglicht Kreditinstituten einen rechtskonformen Austausch relevanter Informationen zur Erkennung von Betrugsverdachtsfällen nach dem bewährten Gegenseitigkeitsprinzip der SCHUFA. So schützen Sie Ihre Bank und geben auch Ihren Kunden ein starkes Signal für mehr Sicherheit und Vertrauen. Profitieren Sie von den Vorteilen eines starken Netzwerks und werden Sie jetzt Teil der Gemeinschaft. 08 // 2017 11

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