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die bank 08 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING Banken

ó BANKING Banken entdecken Robo-Beratung STRATEGIE Für jeden fünften Entscheider in deutschen Banken ist das Privatkundengeschäft schon heute nicht mehr profitabel. In vier von zehn Instituten geht man davon aus, bis zum Jahr 2020 in diesem Geschäftsfeld ins Minus zu rutschen. Die Suche nach Strategien zur Sicherung der Profitabilität ist im vollen Gange. Gemäß einer aktuellen Erhebung unter deutschen Kreditinstituten wird Robo Advisory als digitale Alternative zur persönlichen Beratung in der Filiale sowie als Möglichkeit gesehen, die Banken zurück in die Gewinnzone zu führen. Marcus Niebudek Keywords: Privatkunden, Anlageberatung, FinTechs Der Ertrags- und Kostendruck, der auf der Bankenbranche im Privatkundengeschäft lastet, hat weiter spürbar zugenommen. Viele Vermögen von Privatkunden sind schlicht zu „klein“, als dass sich eine individuelle Beratung und Verwaltung für die Banken langfristig rechnen würde. Rund zwei Drittel der Institute planen deshalb, ihre Preise und Gebühren zu erhöhen. Knapp 40 Prozent der Banken wollen zudem weitere Filialen schließen und ihre Mitarbeiteranzahl reduzieren. Andere suchen nach neuen Ertragsquellen oder nach Wegen, die Privatkundenberatung durch Standardisierung profitabler zu gestalten. Eine Tendenz zeichnet sich dabei ab: Die Bedeutung von digitaler, automatisierter Beratung und Empfehlungen wird deutlich ansteigen ” 1. Investitionen über die Kundenzahl skalieren Neben den bereits im Online-Einzelhandel etablierten Next-Best-Offer-Konzepten stößt ein Ansatz auf besonders viel Zustimmung. Künftig sollen weniger Bankberater aus Fleisch und Blut zum Einsatz kommen. Digitale Lösungen werden ihren Part im Massengeschäft übernehmen. Viele Banken wissen: Künftig weiterhin individuelle Anlageberatung durch persönliche Berater flächendeckend anzubieten, wäre schlicht zu teuer – insbesondere im Retail Banking. Mit den neuen technologischen Möglichkeiten können die Institute im Prinzip die Strategie intensivieren und ausweiten, die sie schon länger anstreben: Persönliche Beratung gezielt auf vermögende Kunden mit entsprechendem Potenzial lenken und mehr Standardisierung bei hoher Qualität im Retailgeschäft erreichen. Potenzialorientiertes Kundenmanagement wird schon länger als wesentlicher Erfolgsfaktor betrachtet, um Ertragspotenziale gezielt zu heben. 85 Prozent der Studienteilnehmer bestätigen, dass bei der Kundensegmentierung potenzialorientierte Kriterien im Vordergrund stehen. Zudem sind bei drei Vierteln nur für die Kunden zukünftig persönliche Berater vorgesehen, bei denen entsprechendes Geschäftspotenzial vermutet wird. Viele Institute starten derzeit Robo-Advice-Projekte, um die Standardisierung im Retail Banking voranzutreiben. Einige Banken haben bereits gute Erfahrungen mit der automatisierten Beratung gesammelt. Sie soll vor allem die Verwaltung und Beratung kleinerer Wertpapierdepots und Vermögen zu profitablen Bedingungen ermöglichen. Ein weiterer positiver Effekt, den sich Banken versprechen, ist mehr Freiraum für das Erschließen neuer Ertragschancen. Viele Bankberater können sich durch eine verstärkte Automatisierung um Kunden kümmern, die sie bislang vernachlässigt haben. Vorteil für den Kunden durch Robo Advice: Er spart Gebühren. Vorteil für die Bank: Sie kann die Investitionen in den Computer- Berater über die Zahl der Kunden skalieren, spart damit Kosten und steigert so die Profitabilität im Massengeschäft. Wichtig für die Akzeptanz und den Erfolg von Robo Advice ist allerdings, dass Bankkunden nicht auf ein Standardanlagekonzept festgelegt werden. Gute Lösungen bieten Möglichkeiten und Hilfestellungen an, ein vorkonfiguriertes Basisportfolio nach eigenen Vorstellungen zu individualisieren und immer wieder selbst anzupassen. Ist dies nicht gegeben, riskieren Banken, dass Kunden entweder abspringen oder sich zulasten der Profitabilität erneut mit Standardfragen an ihren Bankberater wenden. Ein Maximum an Freiheitsgraden beim Zusammenstellen des Portfolios per Robo Advisor kann allerdings auch schädlich sein. Dies könnte den Effekt haben, dass Kunden aufgrund der Masse an Einstelloptionen schlicht überfordert wären und die gewünschten Ertragsgewinne durch Standardisierung ausblieben. 46 diebank 08.2016

BANKING ó Kernfrage „Make or Buy“? Für die Banken, die künftig verstärkt auf Robo Advice setzen wollen, stellt sich die Make-or-Buy-Frage. Es gibt vereinzelt Institute, die bereits an einer eigenen Robo-Advisory-Plattform arbeiten. Da der Erfolg der Anlageberatung ohne Mensch allerdings so immens von der einfachen Bedienung, einer „unkomplizierten“ Technologie und intuitiv nachvollziehbaren Abläufen abhängt, empfiehlt sich die Kooperation mit einem Finanztechnologie-Unternehmen. Algorithmen-basiertes Banking ist ein Feld, bei dem sich Banken und FinTechs ideal ergänzen können. Banken profitieren vom Know-how der Start-ups in puncto Technologie und der für Robo Advice so wichtigen Usability. FinTechs wiederum haben meist keine eigene Banklizenz und sind auf Kooperationen mit Banken und deren Zugang zu Kunden angewiesen. Zudem bringen die Institute Expertise in Regulierungsfragen mit, um Innovation und Vorschrift in Einklang zu bringen. Im Umgang mit FinTechs ist seit einiger Zeit ein Umdenken erkennbar. Nachdem die Finanztechnologie-Spezialisten von Banken lange als Bedrohung angesehen wurden, ändert sich jetzt der Kurs: Mehr als 80 Prozent der befragten Entscheidungsträger wollen künftig enger mit diesen Start-ups kooperieren. Fazit Die verstärkt standardisierte, digitale Beratung von Privatkunden durch Robo Advisory wird sicher nicht alle Ertragsprobleme der Banken lösen können. Es ist allerdings ein Ansatz mit Zukunft. Die Bankenbranche ist sich ziemlich einig, dass Robo-Beratung einen Teil dazu beitragen kann, das Privatkundengeschäft profitabler zu gestalten. Mehr als vier von fünf Bankentscheidern sind überzeugt, dass die Bedeutung von automatisierter Beratung massiv zunehmen wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Mensch in der Privatkundenberatung komplett durch Computer ersetzt werden könnte. Es wird immer Anleger geben, die auf der Suche nach individuellen Anlagekonzepten und überdurchschnittlichen Renditen bereit sind, höhere Gebühren zu zahlen. Gleichzeitig wird es noch lange den „normalen“ Kleinsparer ebenso wie technologieaverse Kunden geben. Wie stark die Banken künftig auf automatisierte Beratung setzen werden, hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Direktbanken mit einem standardisierten Geschäftsmodell und homogenen Zielgruppen sind eher in der Lage, rein auf digitale Lösungen zu setzen als Banken mit einem Full-Service-Ansatz für vergleichsweise heterogene Kundengruppen. Groß- und Privatbanken werden nicht darum umhinkommen, mehrgleisig zu fahren. Persönliche Berater werden sich im Idealfall vollständig um die vermögenden, anspruchsvollen und zahlungsbereiten Kunden kümmern. Preisbewusste junge und internetaffine Kunden erhalten vom Robo Advisor eine automatisierte Standardberatung, gegebenenfalls mit der Option auf eine individuelle Beratung gegen Aufpreis. Für die übrigen Sparer und Anleger, die für keinen der beiden Beratungsansätze infrage kommen, wird es noch geraume Zeit, wenn auch in deutlich geringerer Anzahl, den heute üblichen Ansprechpartner in der Bankfiliale geben. ó Autor: Dr. Marcus Niebudek ist Senior Project Manager im Competence Center Financial Industries bei Horváth & Partners. 1 Bedeutung von automatisierter Beratung steigt Wie wird sich die Bedeutung der folgenden Produkte/Dienstleistungen für Ihre Bank bis zum Jahr 2020 verändern? Automatisierte Empfehlungen („Next Best Offer“) Automatisierte Beratung („Robo Advice“) Offenlegung von Kundenbewertungen Angebot modularer Produkte und Dienstleistungen 85 85 81 96 4 15 15 19 Produkte/Dienstleistungen Nahezu 100 % der Teilnehmer sehen eine starke Zunahme der Bedeutung von automatisierten Empfehlungen („Next Best Offer“). Über 80 % der Teilnehmer glauben, dass die Bedeutung automatisierter Beratung („Robo Advice“) massiv zunehmen wird. Mehrprodukt-Pricing 77 23 „Kundenzentrierte“ Produkte und Dienstleistungen 65 35 Angaben in %, die Bedeutung wird... stark zunehmen/Zunehmen gleich bleibend abnehmen/stark abnehmen Quelle: Horváth & Partners, Studie Zukunft des Privatkundengeschäfts, Juni 2016. 08.2016 diebank 47

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