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die bank 08 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BERUF & KARRIERE fi

ó BERUF & KARRIERE fi VERLUSTEREIGNISSE DURCH MENSCHLICHE FEHLER ” 1 Managementfehler Regelverstoß Interner Betrug Schwere Verluste im CIO-Bereich: Schlechte Handelsstrategie, nicht vollständig vom CIO-Management verstanden Fehlerhafte Kontrollmechanismen und schlechtes Reporting Unterschätzung Risiko & schlechte Managmententscheidungen Manipulation der LIBOR Interbanken Rate, wesentlicher Benchmark für Interest Rates, Gremium: Ø bis zu 18 Großbanken Barclays u. a. wurden beschuldigt, zusammen falsche Werte geliefert zu haben Delta-1-ETF-Händler mit Team kreierten fiktive Hedges auf der Basis von OTC-ETFs Verlängerte Forward Settlement- Daten und Maskieren der Trades Direkter Verlust 6200 0 2300 Strafen 900 450 48 Anwaltskosten 0 450 0 Untersuchungskosten Marktkapitalisierung Geschäftsmodell 90 0 43000 k. A. 0 5500 k. A. 2000 5000 Nicht messbare Verluste Reputationsverlust: Starker Verlust an Marktkapitalisierung Geschäftsmodell: Zusätzliche Kontrollen, Bilanz- und Kapitallimite, Verstärkung der Kontrollfunktionen Refinanzierung: Keine Veränderung bei Bondspreads, externes Rating erhielt negativen Ausblick Geschäftsmodell: Keine Kosten für Restrukturierung veröffentlicht Funding-Kosten: Rating wurde überprüft, aber nicht abgewertet Geschäftsmodell: Revision des Geschäftsmodells unter strikter Aufsicht der FINMA; RWA-Reduzierung gemäß Basel III auf 81 Mrd. CHF von 2011 bis 2012 Anm.: Bei der Marktkapitalisierung handelt es sich um relative Skalen, um den Bezug zwischen direkten Verlust und Marktkapitalisierung herzustellen. 64 diebank 8.2015

BERUF & KARRIERE ó Risikofaktor Mensch PERSONAL Trotz ausgefeiltem Risikomanagement erleiden Banken immer wieder große Verluste durch menschliche Fehler. Es scheint, als spiele das Risiko menschlichen Versagens in Organisationen nur eine unzureichende Rolle. Gezieltes Profiling kann helfen, dieses Risiko zu identifizieren und zu bewerten – für Einzelpersonen, Teams, Abteilungen und die gesamte Organisation. Dadurch können Unternehmen ihr Risikomanagement nachhaltig verbessern und frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten. Der besondere Vorteil liegt allerdings in der Risikoprophylaxe. Klaus-Dieter Dohne | Sebastian Fritz-Morgenthal Keywords: OpRisk, Risikomanagement, Profiling, Betriebsmodell Im Lauf der beiden letzten Jahrzehnte hat sich das traditionelle Risikomanagement zu einer strategischen Kernfunktion entwickelt: Die Reputation von Finanzinstituten hängt heute wesentlich von der Qualität ihres Risikomanagements ab. Mehrere Schadensereignisse von globalen Finanzinstituten und Unternehmen zeigen jedoch, dass menschliche Fehler dabei noch nicht ausreichend berücksichtigt werden – das gilt offenbar auch für Unternehmen mit sehr anspruchsvollem Risikomanagement. In der Regel basiert das operationelle Risikomanagement auf Key-Risk-Indikatoren (KRI), Frühwarn-Mechanismen und Aktionsplänen. Dabei wird der Zusammenhang zwischen den persönlichen Eigenschaften der Mitarbeiter und extremem Risikoverhalten ignoriert. Stattdessen wird häufig versucht, die Symptome von Fehlverhalten zu identifizieren. So hat die britische Financial Conduct Authority (FCA) im Jahr 2013 – als Reaktion auf Fehler britischer Banken bei der Kundenberatung – das sogenannte Conduct Risk als einen Risikotyp bzw. Unterkategorie der operationellen Risiken eingeführt. Märkte basieren auf Vertrauen Eine Datenanalyse der Operational Riskdata Exchange Association (ORX), einem globalen Konsortium von mehr als 65 Finanzinstituten, hat gezeigt, dass Banken im Durchschnitt einen Op- Risk-bedingten Verlust von 2,69 € auf 100 € Bruttoeinkommen erleiden. Während Naturkatastrophen, Technologie- und Infrastruktur-Risiken im Hinblick auf die Basel-II-Event-Typ-Klassifizierung nicht durch menschliches Handeln ausgelöst werden, bilden 88 Prozent der OpRisk-Verluste durch menschliches Versagen bedingte Schäden ab. Eine Reihe von prominenten Vorfällen zeigt, dass menschliches Versagen von Einzelpersonen oder kleinen Teams den ganzen Jahresgewinn einer globalen Universalbank mit tausenden von Angestellten vernichten oder sogar die Existenz der gesamten Institution gefährden kann. Dennoch konzentriert sich das Risikomanagement meist auf die direkten Kosten, die entstehen, um menschliche Fehler zu erkennen und zu minimieren. Eine Reihe nachträglich erkannter menschlicher Fehler bei JP Morgan, Barclays und UBS zeigt, dass indirekte Kosten (Verlust an Marktkapitalisierung, Restrukturierung, Aufgabe von Geschäftsfeldern) die direkten Kosten deutlich übersteigen können ” 1. Da die Finanzdienstleistungsbranche weitestgehend auf Intellekt und menschlicher Interaktion basiert, wird oft argumentiert, dass solche Verluste ein Teil der Betriebskosten sind. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass Märkte funktionieren, weil die Teilnehmer sich vertrauen. Menschliches Fehlverhalten und seine Folgen können dieses Vertrauen massiv beschädigen. Die Neigung zu riskantem Verhalten lässt sich messen Unternehmen, die mit großen Risiken umgehen müssen, verwenden sehr ausgefeilte Werkzeuge zur Steuerung der technischen Aspekte ihres Geschäfts. Das Risiko, dass Menschen Fehler machen, wird dabei nicht beachtet, weil es schwierig ist, diese Risikokategorie systematisch abzubilden. Moderne neurowissenschaftliche Methoden ermöglichen aber, Risikofaktoren für menschliches Fehlverhalten zu klassifizieren. Dies könnte sogar ein erfolgversprechender Weg sein, um das Risikomanagement grundsätzlich zu verbessern. Aktuelle Forschungsergebnisse – vor allem aus interdisziplinären Bereichen wie der angewandten Hirnforschung – lassen Rückschlüsse auf das soziale und menschliche Risikopotenzial zu. Dies eröffnet nicht nur einen Blick auf die Risikoneigung des einzelnen Mitarbeiters, sondern auch auf die Beziehungen und die Umwelt, die durch riskantes Handeln möglicherweise gefährdet werden. Menschen neigen zum Beispiel dazu, Risiken einzugehen, wenn sie unter Zeitdruck stehen oder wenn das riskante Verhalten zu großen Gewinnen führen kann. Das gilt vor allem, wenn ihre Anerkennung und Wertschätzung davon abhängt oder wenn sie sich im Wettbewerb mit anderen befinden. 8.2015 diebank 65

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