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die bank 08 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó IT & KOMMUNIKATION

ó IT & KOMMUNIKATION barkeit in bekannten Strukturen. Dazu wird die Wertschöpfung für das Digital Banking Wheel in drei Segmente (Customer / Client Facing, Partner, Inside Bank) unterteilt: ” 1. Eine erste Einordnung von Digitalisierungsaktivitäten lässt sich mit Blick auf die Ein- bzw. Anbindung externer Dritter vornehmen. Unter Inside Bank werden nicht-kundengewandte Prozesse subsummiert, die sehr unterschiedlich je nach Geschäftsfeld, Produkt und Service (i. d. R. Back- und Middle Office) ausfallen können. Customer / Client Facing umfasst die Aktivtäten mit direkter Kundenanbindung (Front Office) über alle Interaktions- und Kommunikationskanäle hinweg. Schließlich erfasst die Kategorie Partner die in die Wertschöpfung einer Bank einbezogenen Partner wie Broker, Gutachter, FinTechs, Produkt- und Servicepartner. Inside-Prozesse sind stark vom jeweiligen Produkt bzw. Service abhängig, sodass sich eine dementsprechend individualisierte Struktur empfiehlt, die die Nutzung unternehmensspezifischer Begrifflichkeiten erlaubt. Die Granularität kann dabei je nach Fragestellung variiert werden. Erfahrungswerte aus der Projektpraxis belaufen sich hier auf maximal vier bis sechs Wertschöpfungsschritte. Für die Customer / Client-Facing-Wertschöpfung ist dagegen wohl eine übergreifende Kategorisierung vorteilhaft, auch weil sie oft mehrere Produkte oder Services abdeckt. Die hier vorgeschlagene Struktur mit vier Kategorien orientiert sich am von den Banken vielfach als wichtiges (Zwischen-)Ziel postulierten Customer Insight, für den alle nachfolgend vorgestellten vier Kategorien im Kontext der Digitalisierung wichtig sind. Je nach Zielsetzung und notwendiger Detaillierung kann auch zusätzlich eine Untergliederung nach spezifischen Zielgruppen unterschieden werden. Die vier Kernkategorien sind zunächst die Information, also die (aktive wie passive) Bereitstellung von Informationen für den Kunden, der Dialog, also die Interaktion mit am Produkt Interessierten, alsdann der Service, die Interaktion mit bestehenden Kunden, sowie am Ende die Transaktion, also der formale Abschluss eines Geschäfts. Partnerstrukturen fallen unternehmensspezifisch sehr unterschiedlich aus und zeichnen sich gerade im deutschen Bankenwesen zusätzlich durch die Besonderheiten der Drei-Säulen- Struktur aus. Dementsprechend sind die Digitalisierungspartner für jede Bank individuell zu klassifizieren. Dies können Geschäftspartner sein, die eine traditionelle Rolle in der Wertschöpfung einer Bank innehaben, im Kontext der Digitalisierung werden es aber auch zunehmend Partner in neuen Ökosystemen im Umfeld des jeweiligen Produkts oder Services sein, etwa verschiedenste FinTech-Start-ups. Das Digital Banking Wheel verbindet in einem zweiten Schritt die vorgenannte Logik aus den Bereichen Inside Bank, Custo- 2 Digital Banking Wheel – Geschäftsfeldperspektive Retail und Beispiele von Initiativen ... Asset Management Customer/ Client Facing Partner Inside Konto „Digitales“ Haushaltsbuch Zahlungsverkehr Newco Digitale Zahlung (Ökosystem) Transaktion Service Dialog Information Baufinanzierung „Experte Dabei“ Video-Zuschaltung ... 54 diebank 8.2015

IT & KOMMUNIKATION ó mer / Client Facing und Partner mit den jeweils betroffenen Geschäftsfeldern einer Bank und illustriert dies in einer mehrschichtigen runden Abbildung als „Darstellungsfläche“, die umfassend und dynamisch die Digitalisierungsagenda veranschaulicht: das Digital Banking Wheel ” 2. Das DiBW erlaubt zunächst die systematische und einfache Ein- und Zuordnung von Digitalisierungsaktivitäten für eine aggregierte Management-Darstellung – mit der zuvor erläuterten Variabilität und den gewählten Begrifflichkeiten: ó Es kann eine Positionierung auf der Wertschöpfungskette dargestellt werden und dabei eine Zuordnung zum einzelnen Produkt – so wie die drei nachfolgend näher zu erläuternden Digitalisierungsbeispiele verdeutlichen. ó Durch eine Ausschnittsbetrachtung (Zoom in) auf Zielgruppen, einzelne Produkte oder Services kann auch im Tagesgeschäft eine detaillierte Diskussion erfolgen. ó Segmentübergreifende Initiativen werden leicht und intuitiv durch Markierung auf dem Rad über mehrere Sektoren beschrieben. ó In vergleichbarer Logik kann das DiBW für unternehmensübergreifende Diskussionen aggregiert werden. Bei geringerer Granularität werden dann Geschäftsbereiche anstelle von Produkten angeführt. Wie kann das Digital Banking Wheel in konkreten Fragestellungen eingesetzt werden? Beispiele für Anwendungsfälle Dazu illustrieren wir drei Anwendungsfälle, die Managementperspektive (Charakterisierung und Einordnung von Digitalisierungsinitiativen), die Wirkungsmuster und Maßnahmenstruktur (Primär- und Sekundäreffekte) sowie eine Wettbewerbsanalyse (Heat Map). Managementperspektive Auch für eher technologieferne Mitglieder des Topmanagements vieler Banken ist es wichtig, die Rolle und Wirkungsweise von Digitalisierungsaktivitäten zu begreifen und die richtige Priorisierung vorzunehmen. In ” 2 sind einige Initiativen illustrativ für eine Bank im DiBW eingeordnet. Sie wirken mit unterschiedlichen Zielsetzungen in unterschiedlichen Bereichen. Über die Größe oder Farbe der Markierungen lassen sich z. B. die finanzielle oder strategische Bedeutung kennzeichnen. Die Ausdehnung zeigt die Wirkungsbreite. So ist eine Ergänzung bei der Beratung von Baufinanzierungen in der Filiale um einen zuschaltbaren Experten aus dem Baufinanzierungscenter der Bank eine Digitalisierungsaktivität, die im Bereich Customer / Client Facing beschränkt ist auf den Dialog mit möglichen Kunden. Das App-basierte digitale Haushaltsbuch ist ebenfalls in diesem Bereich angesiedelt, erlaubt aber bei dem Produkt Konto über den Dialog hinaus auch die Bereitstellung von gezielten Informationen durch die Bank, die der Kunde dann nach Belieben abrufen kann. Um zu illustrieren, dass diese Aktivität deutlich bedeutsamer für die Bank ist als der zuschaltbare Experte in der Baufinanzierung, wurde sie entsprechend größer dargestellt. Das Engagement mit einem externen Partner aus der Gruppe der FinTech- Start-ups („NewCo“) im Zahlungsverkehr ist eine offensichtlich strategisch sehr wichtige Initiative, die die gesamte Wertschöpfungskette über alle drei Bereiche hinweg im Produktsegment adressiert. Wirkungsmuster und Maßnahmenstruktur Im nächsten Anwendungsfall wird das DiBW genutzt, um die Wirkungsmuster von Digitalisierungsinitiativen sowie die beschlossene Maßnahmenstruktur (Roadmapping) zu illustrieren. Wir ziehen erneut beispielhaft das Digitale Haushaltsbuch aus dem Bereich der Kontoprodukte heran. Durch eine Ausschnittsbetrachtung (Zoom in) auf dieses Produkt kann jetzt eine detaillierte Diskussion erfolgen (” 3). So könnte das neue Produkt Ausgangspunkt für weitere Digitalisierungspotenziale sein, die nach seiner Einführung sukzessive analysiert und gegebenenfalls umgesetzt werden müssen. Das sind im gewählten Beispiel mögliche Zusatzangebote durch einen externen Partner und ein internes Analyse-Instrument, das auf Basis der Daten aus dem Digitalen Haushaltsbuch Indikatoren für den Vertrieb von Investmentprodukten überprüft und im Bedarfsfall direkt Vorschläge für Investmentprodukte aus dem Asset Management versendet. Die Darstellung im DiBW erlaubt so in Konzeption und Controlling neben der Klassifizierung von Digitalisierungsaktivitäten auch die Abbildung mehrstufiger Produktentwicklungsstrategien. Für die Management-Entscheidung beim „Digitalen Haushaltsbuch“ werden je Stufe Aufwand und Ertragspotenziale für die Entscheidungsfindung ermittelt und aufbereitet. Mit diesen Planzahlen kann die Vorteilhaftigkeit nach der Markteinführung überprüft und der positive Effekt im Tagesgeschäft für das Top-Management anschaulich dargestellt werden ” 3. Wettbewerbsanalyse und Partnerwahl Banken fühlen sich in immer mehr Bereichen nicht nur von bestehenden Wettbewerbern angegriffen, sondern auch von neu hier auftretenden Nichtbanken, die erst in der digitalen Welt entstehen können. Ein Beispiel sind Peer-to-Peer-Lending-Plattformen, die den Kernprozess „Firmenkundenkredit“ (Segment Inside im DiBW) einem neuen Wettbewerb aussetzen. Ähnliches gilt für neue Formen der Kreditanalyse bzw. –intelligenz, etwa durch Auswertungen von Daten aus den Sozialen Medien. 8.2015 diebank 55

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