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die bank 08 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Erfolgsermittlung In einem nächsten Schritt stellt sich die Frage, wie genau eine Verrechnung von Leistungen zwischen und innerhalb der einzelnen Centertypen erfolgen soll. Die Ermittlung des Erfolgs eines Profit Centers (und damit der Filiale) mutet zunächst unproblematisch an: Die Filialen erbringen direkt am Markt Leistungen, erzielen hierbei Erträge und verursachen Aufwand. Beides wird zu einer Erfolgsziffer verdichtet. Allerdings nehmen die Filialen auch regelmäßig Leistungen von Service- und Cost Centern in Anspruch. Um eine Vergleichbarkeit der Organisationseinheiten sicherstellen zu können, sollte den Service- und Cost Centern für innerhalb der Bank erbrachte Leistungen ein bestimmter Betrag „gutgeschrieben“ und den Filialen angelastet werden. Die Ermittlung dieser Verrechnungsbeträge gestaltet sich in der Praxis mithin durchaus schwierig und stellt die Anwender unter Beachtung der Verursachungsgerechtigkeit und des Steuerungsaspekts vor herausfordernde, konzeptionell zu lösende Aufgaben. fl Die Schaffung von Transparenz steht klar vor der Einleitung von Maßnahmen. tionseinheit der Betrag verrechnet bzw. angelastet wird, den sie durch das Erbringen bzw. das Verbrauchen bestimmter Leistungen verursacht hat. Die Beurteilung, welche Organisationseinheit wofür verantwortlich ist, erfordert Fingerspitzengefühl, Entscheidungsfreude und Kompromissbereitschaft. Ein zu berücksichtigender Aspekt ist beispielsweise die Beeinflussbarkeit von Erfolgskomponenten, wie das Nachwirken bestimmter Entscheidungen in spätere Perioden mit anderen Verantwortlichen. Ein weiterer wesentlicher Aspekt besteht in den Abhängigkeiten unterschiedlicher Ergebnisbereiche: Werden etwa zusätzliche Maßnahmen für die Risikoüberwachung ergriffen, so würde sich zwar das Risikoergebnis verbessern, das Betriebsergebnis eines Profit Centers jedoch aufgrund zusätzlich überwälzter Kosten tendenziell verschlechtern. Bevor eine Profit- Center-Rechnung also funktionieren kann, gilt es festzulegen, welche Kosten von welchem Center verantwortet werden bzw. welche Kosten entsprechend auszuklammern sind. Darauf aufbauend kann sodann eine Kostensenkungsstrategie entwickelt und implementiert werden: Standardstückkosten als Einstieg Eine häufig diskutierte Methode zur Lösung der Verrechnungsproblematik stellt die Verwendung von Standardstückkosten dar. Deren Ermittlung erfolgt, indem die (standardmäßigen) gesamten Kosten einer Kostenstelle durch die (standardmäßig) erbrachte Leistungsmenge dieser Kostenstelle (pro Periode) dividiert werden. Voraussetzung für eine einträgliche Anwendung ist, dass die Leistungen der Kostenstelle möglichst homogen sind. Sobald eine Kostenstelle wesentlich unterschiedliche Leistungen erbringt, kann eine verursachungsgerechte Verteilung der Kosten nicht mehr sichergestellt werden: So wird beispielsweise durch einen monofunktionalen Geldausgabe-Automat im Eingangsbereich einer Filiale ausschließlich die Leistung „Auszahlung“ erbracht. Die Standard-Betriebskosten dieses Automaten sollen beispielhaft 1.000 €/Periode betragen. Werden an dem Automaten 20.000 Auszahlungen/Periode vorgenommen, liegen die Standardstückkosten bei 0,05 €/ Auszahlung. Wird im Gegenzug der Vorgang „Bonitätsanalyse“ betrachtet, ist eine einstufige Divisionskalkulation als nicht mehr verursachungsgerecht zu beurteilen. So entstünde beispielsweise der gleiche Verrechnungspreis für die Leistung „Folgeanalyse der Bonität“ und die Leistung „Erstanalyse der Bonität“, die jedoch mehr Ressourcen bindet. Zudem entstehen Gemeinkosten unabhängig davon, wie viele Leistungen erbracht werden. Werden allerdings auch diese Kosten auf die Leistungen umgelegt, bleibt der Ursache-Wirkungs- Zusammenhang, zumindest aus kurzfristiger Sicht, unberücksichtigt und der Profit-Center-Gedanke kommt nicht voll zur Wirkung. In traditionellen Rechnungen bleibt allenfalls die Möglichkeit, die Gemeinkosten mittels Verrechnungsschlüssel zu verteilen. In diesem Fall ist der Erfolg nicht mehr ausschließlich von der Leistungserbringung der Verantwortlichen abhängig, sondern vielmehr auch von dem angewandten Verteilungsschlüssel. Eine Schlüsselung ist daher allenfalls als Hilfslösung heranzuziehen und nicht unbedingt verursachungsgerecht. 40 diebank 8.2015

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó In dieser Hilfslösung ist allerdings zumindest ein erster Schritt in Richtung (optimale) Profit-Center-Rechnung zu sehen, und sie ist daher durchaus zu begrüßen. Den Verantwortlichen sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, sich von einer starren, bis ins Detail vorgegebenen, Vorgehensweise zu entfernen und die Profit-Center-Rechnung situationsgerecht und flexibel entwickeln zu können mit allen Zwischenschritten, die der Entwicklung zuträglich sind - Dynamik statt Dogmatik. Standardeinzelkosten als Weiterentwicklung Unzulänglichkeiten bei der Verwendung von Standardstückkosten soll die Anwendung einer möglichst prozessorientierten Standardeinzelkostenrechnung vermeiden. Hier gilt es zunächst Standardbearbeitungszeiten pro Aktivität zu ermitteln, z. B. durch Selbstaufschreibung. Anschließend werden die Standardeinzelkosten berechnet, indem die Standardbearbeitungszeiten der Aktivitäten eines Prozesses mit einem Standardkostensatz multipliziert werden. Dieser ergibt sich aus Division der Kostenstelleneinzelkosten der betrachteten Periode und Kostenstellenkapazität der betrachteten Periode ” 2. Auf diese Weise können auch die Leistungen, die zwischen Organisationseinheiten der Bank fließen, wertmäßig erfasst werden. Festzuhalten ist, dass die Prozesse innerhalb einer Bank die entscheidende Rolle bei der Anwendung der Profit-Center-Rechnung spielen und nicht einzelne betriebliche Funktionen und Aufgabenbereiche. Als Unterbau einer nützlichen Profit-Center- Rechnung sind zunächst Unternehmensprozesse zu definieren, zu dokumentieren, abzubilden oder zu überprüfen bzw. anzupassen. Unmittelbar mit dieser Prozessoptimierung verbunden ist die Schaffung entscheidungsrelevanter Kalkulationsverfahren. Hierbei sollte möglichst mit tatsächlichen Zahlen gearbeitet werden, um einer Verzerrung durch unsaubere kalkulatorische Effekte vorzubeugen. Diese Kalkulationsverfahren bauen auf die zu definierenden Prozesse auf. Hierdurch werden u. a. für dispositive Entscheidungen wesentliche Plan-Daten bereitgestellt, was einen Einsatz als Planungstool ermöglicht. Darüber hinaus werden Teilergebnisse verursachungsgerecht zugeordnet. Die Vergleichbarkeit ist aufgrund von gleichen Grundideen sowie Annahmen zur Ermittlung von Plan- und Istwerten sichergestellt. Infolgedessen werden Geschäftsergebnisse transparent und damit nachvollziehbar dargestellt. Die Erfolgsermittlung mittels traditioneller Kennziffern wird so zunächst ergänzt und könnte langfristig ersetzt werden. Über die Behandlung von Gemeinkosten Tatsächlich fließen bei der Ermittlung der prozessorientierten Standardeinzelkosten ausschließlich Einzelkosten in die Berechnung mit ein. Mittels Zuhilfenahme einer Bezugsgrößenhierarchie soll der Umgang mit den traditionell hohen Gemeinkosten im Rahmen der prozessorientierten Standardeinzelkostenrechnung verdeutlicht werden. Diese Bezugsgrößenhierarchie gestaltet sich wie im linken Teilbereich von ” 3 abgebildet und erinnert an die Stufen einer klassischen Deckungsbeitragsrechnung. Diese Bezugsgrößenhierarchie basiert auf einer entscheidenden Grundidee der Standardeinzelkostenrechnung: Die Standardeinzelkostenrechnung definiert die Kostenentstehung als Resultat betrieblicher Entscheidungen, die sich auf bestimmte Bezugsobjekte beziehen. Mögliche Bezugsobjekte könnten beispielsweise Stückleistungen, Kostenstellen, Profit-Center (Filialen) und die Gesamtbank darstellen. Die Besonderheit liegt nun darin, dass jegliche Gemeinkosten einer Ebene auf einer der höheren Ebene der Bezugsgrößenhierarchie zu Einzelkosten werden: Das Gehalt eines Filialmitarbeiters ist z. B. bezogen auf die Stückleistung „Barein- 2 Vorgehensweise bei der prozessorientierten Standardeinzelkostenrechnung Vorgehensweise 1. Standardbearbeitungszeit/Aktivität 2. Standardeinzelkostensatz ermitteln 3. Ermittlung der Standardeinzelkosten Beispiel (Einzahlung) Kostenstelle Kostenstelle Kostenstelle Stelleneinzelkosten Stellenkapazitäten Einzelkostenfaktor Stelleneinzelkosten Stellenkapazitäten Einzelkostenfaktor Stelleneinzelkosten Stellenkapazitäten Einzelkostenfaktor Standardeinzelkosten Standardeinzelkosten Standardeinzelkosten Standardeinzelkosten gesamt: 1 2 3 1 1 1 2 2 2 3 3 3 1 2 3 60 Sekunden/ Einzahlung 90 Sekunden/ Einzahlung 20 Sekunden/ Einzahlung 6.000 € / Periode 1.152.000 Sekunden/ Periode 0,005 €/Sekunde 3.000 € /Periode 900.000 Sekunden/ Periode 0,003 €/Sekunde 10.000 € /Periode 1.020.000 Sekunden/ Periode 0,010 €/Sekunde 60 Sekunden * 0,005 /Sekunde = 0,30 €/Einzahlung 90 Sekunden * 0,003 /Sekunde = 0,27 €/Einzahlung 20 Sekunden * 0,009 /Sekunde = 0,18 €/Einzahlung 0,75 €/Einzahlung 8.2015 diebank 41

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