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die bank 08 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

GLÄUBIGER VERHINDERN

GLÄUBIGER VERHINDERN EINSTELLUNGEN Schlechte Zahlungsmoral mit Absicht ó Säumige Zahler sind mitschuldig an den Arbeitslosenzahlen: Drei Viertel der deutschen Unternehmen würden nämlich mehr Personal einstellen, wenn ihre Schuldner ihre Rechnungen schneller begleichen würden. Die Gleichung „Weniger Arbeitslose und mehr Kaufkraft durch eine bessere Zahlungsmoral der Kunden“ findet sich im European Payments Report von Intrum Justitia. Der Credit-Management-Dienstleister hat dafür in diesem Frühjahr 9.000 Unternehmen in 29 Ländern befragt. Dieser Trend gilt europaweit, allerdings mit starken regionalen Schwankungen. Während in Deutschland viele tausend Jobs wegen Zahlungsverzugs nicht realisiert werden können, sind die Zahlen anderswo deutlich geringer. Der Verzicht auf diesbezügliche Einstellungen wird von Firmen im Süden Europas mit 40 Prozent angegeben, im Norden sogar nur mit 16 Prozent. Die verspäteten Zahlungen wirken sich aber auch in Form höherer Zinskosten und Wachstumseinbußen auf die Unternehmen aus. 65 Prozent gehen sogar davon aus, aus diesem Grund eventuell sogar Personal abbauen zu müssen. Die schlechte Zahlungsmoral ist offenbar Teil einer Kettenreaktion: 91 Prozent der deutschen Unternehmen nennen verspätete Zahlungen der eigenen Schuldner als Grund für die nichteingehaltene Zahlungsfrist. Erschreckend: fast ebenso viele glauben, das geschehe sogar aus Absicht. RÜCKFORDERUNG ALTER ZAHLUNGEN Erhebliche Bilanzrisiken ó Wenn der Insolvenzverwalter zur Kasse bittet, hat dies für Lieferanten der insolventen Firmen oft unkalkulierbare Bilanzrisiken. Die aktuelle deutsche Rechtsprechung birgt Gefahren; die Insolvenzordnung ermöglicht eine Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen bis zu zehn Jahre rückwirkend, um sie in die Insolvenzmasse einfließen zu lassen und die Gläubiger möglichst gleichzustellen. Ein prominentes Beispiel: Der Fußballklub Bayer Leverkusen wurde vom Insolvenzverwalter des einstigen Billigstromanbieters Teldafax auf die Rückzahlung von Sponsorengeldern in Höhe von 16 Mio. € plus Zinsen verklagt. Bayer 04 soll von der Teldafax-Schieflage zum Zeitpunkt der Zahlung gewusst und trotzdem kassiert haben. Nun muss der Verein das Gegenteil beweisen. Das ist ohne Einsicht in die Finanzunterlagen des insolventen Unternehmens quasi unmöglich. Solche auf der Habenseite verbuchten Zahlungen, die plötzlich wieder zu offenen Forderungen werden, steigern das Ausfallrisiko von Forderungen für Unternehmen häufig um ein Vielfaches, und das Limit einer Warenkreditversicherung reicht oft nicht mehr aus. Kreditversicherer Euler Hermes empfiehlt beispielsweise eine Insolvenzanfechtungspolice mit einer Versicherungssumme von bis zu 10 Mio. €. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens sollten auch die Rechtsverfolgungskosten in der Anfechtungsversicherung enthalten sein. ZAHL DER UNTERNEHMENSPLEITEN GING IM ERSTEN HALBJAHR ERNEUT ZURÜCK Jeder zweite Pleitier ist Kleingewerbetreibender ó Die stabil gute Binnenkonjunktur und günstige Finanzierungsbedingungen trugen dazu bei, dass die Zahl der deutschen Unternehmenspleiten im 1. Halbjahr 2015 weiter zurückging – zum fünften Mal in Folge. 11.100 Insolvenzen wurden in den ersten Monaten des Jahres registriert, das sind acht Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Kleine und mittlere Unternehmen haben mehr Eigenkapital aufgebaut und so an Stabilität gewonnen. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen sank um 8,4 Prozent auf nun 40.200. Die Gründe dafür sehen die Bonitätsprüfer von Creditreform vor allem in den positiven Arbeitsmarktbedingungen und der verbesserten Einkommenssituation der privaten Haushalte. Hingegen stieg die Zahl sonstiger Insolvenzen um 3,2 Prozent auf 12.500, bedingt vor allem durch die zunehmende Zahl von Insolvenzen ehemals Selbstständiger. Die Schäden für die Insolvenzgläubiger und die öffentliche Hand belaufen sich im 1. Halbjahr 2015 in der Summe auf 13,9 Mrd. € (geschätzt; Vorjahreszeitraum: 13,3 Mrd. €). Dass weniger Arbeitsplätze von den Pleiten betroffen waren, liegt vor allem daran, dass überdurchschnittlich viele Einzelunternehmer zahlungsunfähig werden. Unternehmen mit niedriger Kapit- aldecke stellen immer noch den Löwenanteil der Insolvenzen: Kleingewerbetreibende sind für 48,4 Prozent aller Pleiten verantwortlich, 31,5 Prozent entfallen auf GmbHs. Eine Zunahme in der Insolvenzbetroffenheit verzeichnet die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft mit jetzt 7,5 Prozent aller Unternehmensinsolvenzen. Auch in der Betrachtung der Unternehmensgrößen liegen die Kleinstunternehmen an der Spitze der Insolvenzen. Ein gutes Viertel der zahlungsunfähigen Unternehmen erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von maximal 100.000 €, bei 22 Prozent waren es bis zu 250.000 €. In den insolventen Unternehmen waren mehrheitlich (79,8 Prozent der Fälle) maximal fünf Mitarbeiter beschäftigt (Vorjahr: 80,4 Prozent). Bezogen auf die Beschäftigung betraf die größte Insolvenz die beiden DHS-Gesellschaften (Instore GmbH und Vertriebs-Service) mit zusammen 4.500 Mitarbeitern sowie den Fahrrad- und Freizeitgerätehersteller Kettler mit 1.100 Stellen in Deutschland. Das Durchschnittsalter insolventer Unternehmen steigt. 40,2 Prozent der Betroffenen waren zum Zeitpunkt der Pleite schon mehr als zehn Jahre am Markt (2014: 38,4 Prozent; 2011: 35,7 Prozent). 36 diebank 8.2015

Betriebswirtschaft Kompakt INTERNATIONALITÄT KEIN NACHTEIL Gut für den Fiskus ó Wenn Amazon bis vor kurzem seine Rechnungen für deutsche Kunden aus Luxemburg verschickte, trug das Unternehmen zu dem weit verbreiteten Vorurteil bei, dass international agierende Firmen ihre Gewinne kleinrechnen, um ihre Steuerlast zu drücken. Fakt ist aber, dass multinationale Unternehmen dem Fiskus höhere Steuereinnahmen bescheren als Firmen, die ausschließlich in Deutschland aktiv sind. Das zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Deutsche Firmen haben rund 35.000 Tochtergesellschaften im Ausland, umgekehrt werden etwa 15.000 hiesige Firmen von ausländischen Kapitalgebern finanziert. Beides spielt dem Fiskus in die Hände. Je mehr Unternehmen international aufgestellt sind, desto höher seien die Steuereinnahmen, sagt IW-Finanzexperte Tobias Hentze. Deshalb stehen beim Steueraufkommen die Bundesländer an der Spitze, in denen sich viele multinationale Firmen (die in der Regel erfolgreicher sind) angesiedelt haben: Hessen, NRW, Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg. Zudem zeigt die Studie: Ein Mehr von einem Prozent beim Außenhandelsvolumen geht mit 0,2 bis 0,4 mehr Gewerbesteuereinnahmen einher. Das sei zwar kein Beleg dafür, dass die multinationalen Unternehmen keine Gewinnverlagerung betrieben. Aber die Unternehmen, die auf internationalen Märkten Erfolge erzielen, seien ein Garant für das deutsche Steueraufkommen. HANDEL MIT CHINA Goethe Bonds laufen gut ó Seit einem Jahr können deutsche Investoren über ein sog. RQFII-Kontingent direkt in China onshore investieren. Die in Deutschland in Renminbi (RMB) emittierten Wertpapiere haben sich seither mehr als vervierfacht: Durch die Emission zahlreicher sogenannter „Goethe Bonds“ und anderer Schuldverschreibungen stieg das Volumen von knapp fünf auf über 21 Mrd. RMB. Die von deutschen Finanzmarktteilnehmern gehaltenen Einlagen in RMB betragen gemäß einer Umfrage bei deutschen Kreditinstituten relativ konstant ca. 12 Mrd. RMB. Die Kreditvergabe am Interbankenmarkt sowie an Kunden außerhalb des Bankenmarkts beträgt ebenfalls rund 12 Mrd. RMB. Die Zahlen stellte Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel vor. Er bezeichnete die Entwicklung von Renminbi-Produkten als wichtige Aufgabe der Finanzindustrie. Auch auf wissenschaftlicher Seite wurden Projekte initiiert. Im September eröffnet das an die Frankfurter Goethe Universität angegliederte „Sino-German Center of Finance and Economics“. Mit Unterstützung von Bundesbank und People’s Bank of China. PLATTFORM FÜR TAGGLEICHEN MARKT Mit XBID unter Strom ó Die Deutsche Börse entwickelt derzeit die technische Infrastruktur und mehrere IT-Applikationen für einen gemeinsamen europäischen Intraday-Strommarkt. Die zentrale Plattform der European Cross Border Intraday Initiative (XBID) soll im Jahr 2017 an den Start gehen. An dem Projekt beteiligt sind auch die Strombörsen APX/Belpex, EPEX SPOT, GME, Nord Pool Spot und OMIE. Die XBID ist eine Initiative zur Umsetzung der Energiemarktrichtlinien der Europäischen Kommission. Sie verfolgt das Ziel, einen kontinuierlichen grenzübergreifenden Stromhandel in Europa zu ermöglichen. Durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energien und die damit verbundene Volatilität der Erzeugungskapazitäten hat der untertägige Handel in den letzten Jahren wesentlich an Bedeutung gewonnen. Mit XBID werden alle grenzüberschreitenden Übertragungskapazitäten untertägig innerhalb einer europaweiten Plattform berücksichtigt. Damit entsteht ein gemeinsamer Strommarkt innerhalb der EU. Der Initiative gehören neben fünf europäischen Strombörsen 15 Stromnetzbetreiber aus zwölf Ländern an. Das System der Deutschen Börse wird als zentrale Plattform zwischen den lokalen Handelssystemen der Strombörsen und den Stromnetzbetreibern fungieren. 8.2015 diebank 37

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