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die bank 08 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING verzichten

ó BANKING verzichten die Kunden auf 50 Prozent der Zinsen, um Hilfsprojekte in Afrika zu fördern. Geschäftsbericht der guten Taten Anders als die genossenschaftlich organisierten Kirchenbanken, die ihren Mitgliedern Dividenden zahlen, fördert das Institut aus dem Rheinland mit den freiwilligen Zins- und auch Kapitalspenden (etwa von verstorbenen Kunden), den Erträgen der gut 200 betreuten Treuhandstiftungen sowie den ausgeschütteten Gewinnen ausschließlich die Arbeit der weltweit rund 10.000 Steyler- Missionare und -Schwestern. Im vergangenen Jahr kamen aus diesen drei Quellen 2,3 Mio. € zusammen und damit aufgrund der Niedrigzinsphase deutlich weniger als 2013 (3,4 Mio. €). Im „Geschäftsbericht der guten Taten“ können die Geldgeber nachlesen, welche Projekte die Bank zum Beispiel fördert, darunter ein Ausbildungszentrum in Bolivien, eine Schule gegen Landflucht in Paraguay, eine Aids-Praxis in Ghana und ein Krankenhaus im Süd-Sudan. Der Glaube verpflichtet, nicht nur bei der Geldanlage. Die Banken lassen ihre Räume segnen und bevorzugen biblische Kunst zu deren Dekoration. Mitarbeiter treffen sich zu gemeinsamen Andachten, Tageslosungen gehen per E-Mail an die Belegschaft, bei Geburtstagen gibt es einen halben Tag frei. Wie bei den Kunden zählt bei den Angestellten vor allem die Teilung christlicher Werte. Die Mitgliedschaft in einer Kirche wird natürlich gern gesehen, aber Pflicht, so versichern die Banken, sei diese nicht. Als hochspezialisierter, sehr schlank aufgestellter Dienstleister mit wenigen Filialen und Mitarbeitern sowie mit ihrer konservativen und angestrebten nachhaltigen Geldanlage- und Vergabepolitik fahren die Institute nicht schlecht. Die KD-Bank arbeitete im vergangenen Jahr mit einer Cost-Income-Ratio von 34 Prozent, die Darlehnskasse Münster (DKM) sogar mit nur rund 14 Prozent. „Mit diesem Ergebnis dürfte die DKM auch 2014 wiederum zu den wirtschaftlichsten deutschen Universalbanken gehören. Den Vorteil aus der exzellenten Kostenstruktur gibt die Bank den Kunden seit Jahren in Form attraktiver Zinsen und Gebühren weiter und unterstützt Projekte aus Kirche und Caritas mit großzügigen Spenden“, unterstreicht Bickmann. Im Jahr 2014 hat die Bank mehr als 400.000 € an Projekte von sozialen Einrichtungen gespendet. Die Ertragskraft sorgt nicht nur für die Ausschüttung von Dividenden von zum Beispiel fünf Prozent bei Evangelischer Bank bzw. sieben Prozent (KD-Bank, DKM) an die genossenschaftlichen Mitglieder, sondern auch für eine stabile Eigenkapitalbasis. Mit einer Gesamtkapitalquote von 15,4 Prozent liegt zum Beispiel die KD- Bank weit über den gesetzlich geforderten acht Prozent. Das mag beruhigen, zurücklehnen können sich die Chefs deshalb nicht. KD-Bank-Chef Thiesler erinnert sich noch gut an den Ausbruch der Finanzkrise in 2008. „Damals nahmen Anfragen an uns deutlich zu.“ Doch der Krisen-Bonus habe schnell an Zugkraft verloren. Dazu dürfte auch beigetragen haben, dass manchmal der hohe ethische Anspruch nicht hält, was er vorgibt. Im August 2009 wurde bekannt, dass sich in drei Label-Fonds, die Pax- und Regensburger Liga-Bank über die genossenschaftliche Union-Investment aufgelegt hatten, Aktien von zwei Tabakherstellern, einem Rüstungsunternehmen sowie einem Hersteller von Anti-Baby-Pillen zu finden waren. Die Unternehmensleitung veräußerte zwar die betroffenen Papiere zügig und verfeinerte die Kontrollmechanismen, doch das Image der alternativen Anbieter litt. Vor Fehlern nicht gefeit Um im härter werdenden Wettbewerb bestehen zu können, wird der ethische Anspruch als vermeintliches Alleinstellungsmerkmal künftig kaum taugen. Nur wenige Wörter tauchen auf den Websites der Finanzbranche heute so inflationär auf wie das schwammige Adjektiv „nachhaltig“. Für Vertrauen sollen Zertifizierungen sorgen, etwa nach dem EU-Öko-Audit EMAS (Eco Management and Audit Scheme), mit denen sich zum Beispiel Evangelische Bank oder DKM ihr auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Geschäftsmodell bestätigen lassen. Die Pax-Bank hingegen lässt ihre Fonds nicht zertifizieren. Nach Ansicht von Bankprofessor Faust ist der Mehrwert solcher Zertifizierungen ohnehin gering: „Die Vielzahl von Zertifizierungen und uneinheitlichen Standards können zur Verwirrung der Kunden beitragen. Darüber hinaus wird nur etwas bestätigt, was von kirchlichen Banken ohnehin erwartet wird.“ Mehr Erfolg scheint das Beackern neuer oder einst eher schwacher Geschäftsfelder zu versprechen. Damit treten die kirchlichen Institute aber nicht nur in Konkurrenz zu weltlichen Banken, sondern auch zu den unabhängigen Vermögensverwaltern. Angesichts der Niedrigzinsphase bauen die Häuser verstärkt das Wertpapiergeschäft aus. So wuchs bei der Steyler Ethik Bank das Depotvermögen im vergangenen Jahr um 19,3 Prozent auf gut 150 Mio. €. Bei der Evangelischen Bank lag das Plus bei 9,9 Prozent auf 7,7 Mrd. €. Darüber hinaus versuchen die Institute verstärkt, für betuchte Privatkunden die Vermögensverwaltung zu übernehmen und Stiftungen für ihre Klientel zu gründen. Um das Stiftungsgeschäft zu beflügeln, hat zum Beispiel die Steyler Ethik Bank Anfang 2015 ihre Fondsfamilie um einen Stiftungsfonds erweitert, der mit einer Aktienquote von maximal 30 Prozent der Vorgabe dieser Investorengruppe entgegenkommen soll, kein allzu großes Risiko bei der Geldanlage einzugehen. „Erträge werden halbjährlich ausgeschüttet und können so direkt in die Projektarbeit fließen“, sagt Wolf. Verwaltet wird der Fonds von Warburg Invest, der Fondsgesellschaft der Privatbank M.M. Warburg & Co. Die Privatbank ist mit zwei Prozent an der Bank beteiligt, die verbleibenden 98 Prozent gehören der katholischen Steyler-Mission. 24 diebank 8.2015

BANKING ó Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen Nachholbedarf machen die Chefs der Kirchenbanken unterdessen im Vertrieb aus, den die Berater heute überwiegend über die wenigen Filialen und das Telefon steuern. „Der Produktverkauf via Internet steckt noch in den Kinderschuhen. Hier müssen wir stärker werden“, sagt zum Beispiel Klaus Schraudner von der Pax-Bank. Noch 2015, spätestens aber 2016, wollen die Kölner zum Beispiel auf einer Online-Plattform ihre Baufinanzierungs- Konditionen offenlegen. Auch in der Finanzierung öffnen sich die Kölner neuen Formen, wie dem Crowdfunding. Auf dem neuen Portal „wo2oder3.de“ etwa können Kunden ein soziales Projekt einstellen oder finanziell unterstützen. Kommen genug Unterstützer in einem zuvor festgelegten Zeitraum zusammen, erhält ein Familienzentrum ein Keyboard oder eine Kita in Litauen Kühlgeräte. Pro Spende steuert die Pax-Bank fünf Euro bei. Tue Gutes und rede darüber. Gemäß dem Leitspruch der PR-Branche will die katholische Bank in diesem Jahr erstmals ihren Geschäftsbericht nutzen, um nicht nur die Zahlen zu veröffentlichen, sondern auch mit ihrer Kommunikation stärker in die Offensive zu gehen. „Die Kunden sollen über unsere Marke besser informiert werden“, unterstreicht Schraudner. Noch gehört Transparenz nicht zu den Stärken der Kirchenbanken. Die Regensburger Liga Bank, immerhin das größte katholische Institut, sowie die Spar- und Kreditbank evangelischfreikirchlicher Gemeinden in Bad Homburg wollten der Zeitschrift „die bank“ kein Interview geben. Weder KD-Bank, noch Darlehnskasse Münster oder Steyler Ethik Bank laden 2015 zu einer Pressekonferenz ein. Damit nicht genug. Im Frühjahr 2015 veröffentlichte die private FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige Gesellschaft mbH in Essen eine Studie mit dem Titel „Effiziente Aufsicht über kirchliche Banken“ und kommt zu dem Schluss, dass in den Aufsichtsräten vieler kirchlicher Banken keine oder nur sehr wenige unabhängige Mandatsträger säßen. „Oft gleicht der Aufsichtsrat einer Versammlung von Großkunden. Hier besteht die Gefahr eines Interessenkonflikts.“ Auch sei die fachliche Kompetenz unausgewogen. Auf katholischer Seite dominierten Theologen, auf evangelischer Juristen. „Mit bis zu 17 und durchschnittlich fast elf Mitgliedern sind viele Aufsichtsräte für eine produktive Zusammenarbeit zu groß“, so ein weiteres Fazit der Studie, die last but not least die niedrige Frauenquote von im Schnitt zehn Prozent bemängelt. Bei evangelischen Banken läge diese bei fünf Prozent, bei katholischen immerhin bei 13 Prozent. Als besonders problematisch bewertet die Studie das mit 17 Mitgliedern große Gremium bei der Liga Bank, die alle bei der Kirche beschäftigt seien und darunter gerade mal eine Frau. Transparenz ist keine Stärke von Kirchenbanken Etwas Bewegung zeichnet sich ab. Für die Bank im Bistum Essen arbeiten immerhin nur sechs Aufseher, davon zwei Frauen und drei aus der freien Wirtschaft. Die DKM verkleinert gerade ihr Gremium von 13 auf zwölf, die KD-Bank hat im Februar 2015 als erste Kirchenbank mit der ehemaligen Deutsche-Bank-Direktorin Marlehn Thieme eine Frau an die Spitze berufen. Mit zwei Frauen im vierköpfigen Vorstand sind die Dortmunder ohnehin in der Bankenbranche Vorreiter in Sachen gleichberechtigte Führungsspitzen. Warum es Kirchenbanken gibt? Einmal im Jahr treffen sich die Spitzen von Evangelischer Bank und KD-Bank mit ihren katholischen Kollegen von Pax-Bank, Darlehnskasse Münster, der Bank für Kirche und Caritas aus Paderborn sowie der Bank im Bistum Essen. Dann geht es um ihre Geschäftspolitik und die Zusammenarbeit im genossenschaftlichen Finanzverbund. Im Matthäusevangelium heißt es zwar: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Das sehen die Kirchenbanker pragmatischer. Stellt die BaFin die Frage nach der Existenzberechtigung, ärgern sie sich vielleicht ein bisschen. Aber um eine Antwort sind sie nicht verlegen, auch wenn das Geldverdienen schwieriger wird. ó 1 Aufgaben und Nutzen des Business-Analysten über die Projektphasen Institut gegründet Bilanzsumme in Mio. € 2014 Bilanzsumme in Mio. € 2013 Geschäftsstellen Mitarbeiter 2) Rechtsform Kassel/Kiel Dortmund 2014 7.200 1) 15 508 eG 1925 4.823 4.773 10 203 eG Darlehnskasse Münster 1961 4.297 4.267 1 120 eG Pax-Bank, Köln 1917 2.300 2.311 8 210 eG Sankt Augustin 1964 305 302 2 60 GmbH 1) Evangelische Darlehnsgenossenschaft eG: 3.500 (2013) 2) Beschäftigte einschließlich Auszubildende und Teilzeitkräfte Evangelische Kreditgenossenschaft eG: 4.200 (2013) Quelle: eigene Recherche, Geschäftsberichte. 8.2015 diebank 25

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