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die bank 08 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING Mit Gottes

ó BANKING Mit Gottes Segen GESCHÄFTSMODELLE Konfessionelle Banken in Deutschland müssen sich künftig einiges einfallen lassen, um gegen die mächtige Konkurrenz zu bestehen. Genau wie ihre weltlichen Wettbewerber kämpfen sie mit der schon länger andauernden Niedrigzinsphase, dem zunehmenden Wettbewerb in der Branche sowie steigenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kunden mehr Geld anlegen, als sie an Krediten nachfragen. Den Überschuss legen die Kirchenbanken am Interbanken- und Kapitalmarkt an. Da trifft eine Zinsflaute besonders hart. Eli Hamacher Keywords: Konfessionelle Banken, Strategie, Bankhistorie Wenn Thomas Katzenmayer mit Vertretern der BaFin zusammentrifft, fragen die ihn regelmäßig: „Warum gibt es Kirchenbanken?“ Natürlich hört das der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Bank nicht gern. Zu selbstverständlich ist für den Banker die Existenz von Instituten, die sich um eine sehr spezielle Klientel kümmern. „Wir sind ein Spezialdienstleister für Kirche, Diakonie sowie Gesundheits- und Sozialwirtschaft.“ Und etwas provokant fügt der 50-Jährige hinzu: „Rechnen Sie einmal die Bilanzsummen aller Kirchenbanken zusammen. Wenn man die Institute vom Markt nähme, würde man das deutlich spüren.“ Gern weisen die Chefs der kirchlichen Kreditinstitute mit ihrem ethisch-nachhaltigen Geschäftsmodell auch darauf hin, dass sie auf eine weit längere Tradition zurückblicken können als jede deutsche Öko- oder Ethikbank. Schon 1917 haben Geistliche in Köln die katholische Pax-Bank als Selbsthilfeorganisation von Priestern für Priester gegründet, die erste evangelische Bank, die Dortmunder Bank für Kirche und Diakonie eG (KD-Bank), folgte 1925. Würden – rein theoretisch – alle Kirchenbanken künftig gemeinsam Geschäfte machen, kämen sie gemessen an der Bilanzsumme immerhin auf einen Platz unter den Top 40 der größten deutschen Institute. Doch allein ist jede klein. Vierzehn Geldhäuser mit evangelischem, katholischem oder freikirchlichem Hintergrund konkurrieren mit privaten, öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Anbietern. Fast alle gehören dem Volksbanken- und Raiffeisenverbund an, unter ihnen auch der Marktführer, die Evangelische Bank eG, die 2014 nach dem Zusammenschluss von Evangelischer Darlehnsgenossenschaft eG (EDG/Kiel) und Evangelischer Kreditgenossenschaft (EKK/Kassel) entstand. Im Vergleich zu den Branchenriesen ist selbst die neue Nummer eins mit einer Bilanzsumme von rund 7 Mrd. € und 500 Mitarbeitern ein Zwerg. Die Commerzbank etwa erzielte 2014 mit rund 52.000 Mitarbeitern eine Bilanzsumme von gut 557 Mrd. €. Hinzu kommt, dass die Kirchenbanken kaum sichtbar sind. Sie schalten so gut wie keine Werbung und betreiben nur wenige Filialen ” 1. Norbert Wolf, Geschäftsführer der Steyler Ethik Bank GmbH, bringt es auf den Punkt: „Wir sind ein David unter Goliaths.“ Wie David müssen sich die Konfessionellen künftig einiges einfallen lassen, um gegen die mächtige Konkurrenz zu bestehen. Genau wie ihre weltlichen Wettbewerber kämpfen sie mit der schon länger andauernden Niedrigzinsphase, dem zunehmenden Wettbewerb in der Branche sowie steigenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Erschwerend kommt aber hinzu, dass die Häuser passivlastig sind, sprich die Kunden legen mehr Geld an, als sie an Krediten nachfragen. Das überschüssige Geld legen die Banken am Interbanken- und Kapitalmarkt an. Da trifft eine Zinsflaute besonders hart. Gute Angriffsfläche für Wettbewerber Um besser wirtschaften und die Kosten senken zu können, haben sich zumindest die evangelischen Institute deshalb nach und nach untereinander verbündet. Eine größere Bank werde aber auch benötigt, um größere Kreditvergabespielräume zu erreichen, unterstreicht Katzenmayer von der Evangelischen Bank (siehe Interview). Denn aufgrund von Zusammenschlüssen etwa bei Klinikkonzernen, Diakonischen Werken oder bei Landeskirchen werde die Kundenstruktur immer komplexer. Katzenmayers wichtigster evangelischer Wettbewerber, die KD-Bank, hatte sich schon 2010 mit der Landeskirchlichen Kreditgenossenschaft in Sachsen zur damals größten evangelischen Bank zusammengeschlossen, bevor sie 2014 entthront wurde. Etwas mehr Kraft kann auch aus einem weiteren Grund nicht schaden. Denn eine ihrer wichtigsten Stärken, die sie von anderen Geschäftsbanken und Sparkassen maßgeblich unterscheidet, macht die konfessionellen Häuser zugleich angreifbar. „Mit ihrer speziellen privaten und institutionellen Kundschaft bieten die Kirchenbanken eine gute Angriffsfläche für Wettbewerber“, sagt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. Da sind zum einen private 22 diebank 8.2015

BANKING ó Kunden wie Mitarbeiter aus dem Kirchenumfeld mit vergleichsweise krisensicheren Jobs und oftmals guter Altersversorgung, aber auch vermögende Gläubige. Zum anderen kommen institutionelle Kunden, allen voran die Kirchen, die ihr umfangreiches Vermögen verwalten lassen. Neben Kirchen, Gemeinden und Orden legen Stiftungen, kirchliche Krankenhäuser, Altenhilfeeinrichtungen oder auch große Spendenorganisationen Geld an und fragen Kredite nach. Mit 80 (Pax-Bank) bis 90 Prozent (KD-Bank) tragen die Institutionellen den Löwenanteil zum Geschäft in der Nische bei. Welche Bankverbindung diese wählen, darüber entscheiden aber keinesfalls nur die Konfessionen, sondern auch die Konditionen. Ob und welcher Glaubensrichtung ein Kunde angehört, das handhaben viele Institute ohnehin weit pragmatischer als man vermuten könnte. KD-Bank-Chef Ekkehard Thiesler betont: „Wir sind offen für jeden, der unsere christlichen Werte teilt.“ Und auch die für weniger Toleranz bekannte katholische Kirche fremdelt nicht. Klaus Schraudner, Vorstandsvorsitzender der Kölner Pax-Bank eG, unterstreicht, dass ein muslimischer oder evangelischer Krankenhaus-Mitarbeiter ebenso willkommen sei wie ein katholischer. Das gelte jedoch erst seit diesem Jahr. Bei der Darlehnskasse Münster (DKM) hingegen müssen laut Satzung große Kunden aus dem karitativen oder katholischen Umfeld kommen und Private bei katholischen Unternehmen beschäftigt sein, wobei die Glaubensrichtung des privaten Kunden laut DKM keine Rolle spielt. fl Das Nagelkreuz von Coventry, das ein Kunde dem Institut geschenkt hat und das jetzt in der Eingangshalle der KD-Bank steht, ist ein christliches Symbol, das die Idee der völkerweiten Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg widerspiegelt. Kirche und Rendite schließen einander nicht aus Um ihre Klientel müssen sich KD-, Pax-Bank & Co. genauso bemühen wie weltliche Geschäftsbanken auch. Christoph Bickmann, Geschäftsführer der DKM, stimmt mit seinen Kollegen überein, wenn er feststellt: „Unsere größten Wettbewerber sind die Volksbanken und Sparkassen mit ihrem dichten Filialnetz und ihrer starken Präsenz in wichtigen Gremien von Kirchen oder Krankenhäusern.“ Die Tagesarbeit gleicht deshalb einem Spagat. Denn einerseits buhlen beide Gruppen um dieselben Kunden, andererseits arbeiten sie in Konsortien bei der Vergabe großer Kredite zusammen, um das Risiko zu senken. Gleiches gilt für die Kirchenbanken untereinander, meist auch konfessionsübergreifend. Kirche und Rendite schließen einander keinesfalls aus, auch da sind sich die Bankchefs einig, wenngleich sie betonen, dass ihr Geschäftsmodell nicht auf Gewinnmaximierung abziele, was sich entsprechend auf die Zinskonditionen auswirke. Etwas zurückhaltend sprechen sie von „Gewinnoptimierung“. „Wie alle Genossenschaftsbanken müssen Kirchenbanken zur Erfüllung ihres Förderauftrags Gewinne erzielen und brauchen diese auch zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis. Sie können schon deshalb nicht aus altruistischen Motiven Sonderkonditionen gewähren“, unterstreicht Bankexperte Faust. Sofern die Entwicklung am Kapitalmarkt zum Handeln zwinge, könne auch die DKM deshalb das Erheben von Negativ-Zinsen nicht ausschließen, betont etwa Bickmann. Seine Bank werde aber sicher nicht die erste sein. Das Geschäftsmodell der Institute beschreibt Thiesler von der KD-Bank mit dem „kirchlich-diakonischen Kreislauf“: „Wir sammeln das Geld insbesondere der evangelischen Kirche, um es vor allem als Finanzierungen für soziale Projekte in der Diakonie anzulegen.“ Dazu gehören zum Beispiel Investitionen in kirchliche Krankenhäuser oder Altenheime, die sich dem verschärften Wettbewerb mit privaten oder kommunalen Häusern stellen wollen, die Finanzierung von Sanierungen vermieteter Immobilien oder Schaffung neuer Kita-Plätze, wobei die KD-Bank eine der größten Vermittler von KfW-Geldern ist. Bei den Kapitalanlagen stehen Nachhaltigkeit und Ethik im Fokus. Neben eigenen Fonds, deren ethisch korrekte Investments zum Beispiel bei der Steyler Ethik Bank seit 2012 ein neuer Ethik- Anlagerat aus acht internationalen Experten überwachen soll, bieten die Häuser fremde Fonds sowie spezielle Produkte wie Sparbriefe an, bei dem die Sparer einen Teil der Zinsen für soziale Projekte spenden. Beim Afrika-Sparbrief der Steyler Bank etwa 8.2015 diebank 23

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