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die bank 07 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT

MANAGEMENT die KundInnen dar. Als Physical Evidence stiftet sie Vertrauen, betont die Regionalität und ordnet der Bank einen festen Raum zu. Bei einer Schließung von Filialen bzw. bei den oben genannten Veränderungen sinkt der Nutzen der Bank für die KundInnen nachhaltig. Fest verortete AnsprechpartnerInnen sind nicht mehr vorhanden. Mit der Einführung eines KSC werden neue und entferntere Gruppen von AnsprechpartnerInnen definiert, und für die KundInnen anonymer. Damit verschlechtert sich die Beziehung zwischen MitarbeiterInnen und KundInnen. Insbesondere erhalten die KundInnen die Botschaft, dass der/die ursprüngliche KundenberaterIn austauschbar ist – womit das Gefühl der KundInnen wachsen kann, dass auch die Bank austauschbar sei. Regionale Banken können im digitalen Raum nicht überleben Zum anderen wird eine Folge dieses Trends nicht hinreichend berücksichtigt: Die oben genannten Veränderungen führen die Bank zwangsläufig in einen härteren Wettbewerb mit größeren, nicht-regionalen Banken. In diesem können regionale Banken aber nur bestehen, wenn der Transfer in die digitale Welt mindestens auf Augenhöhe mit den „neuen“ Konkurrenten erfolgt, also die digitalisierten Dienstleistungen, Prozesse und Produkte auf gleichem Niveau sind wie bei den Marktführern. Dieser Kampf ist für Regionalbanken ohne hinreichende Unterstützung nicht zu gewinnen. Eine solche Strategie wäre also nicht zukunftstragend, sondern würde nur den bestehenden Druck erhöhen oder weitere Fusionen auslösen – mit ungewissem Ergebnis. Die Filiale als neuer zentraler Anlaufpunkt Selbstverständlich kann eine Bank nicht einfach in der altbekannten Filialwelt verweilen. Es muss eine innovative, zukunftstragende Lösung für den Erhalt von Filial-Strukturen erdacht werden, damit das Abgrenzungsmerkmal Filiale bzw. die Regionalität erhalten bleiben kann. Um eine Lösung für das Filial-Dilemma zu finden, müssen die Bankund die Kundenperspektive nachhaltig zusammengeführt werden. So gilt es, das nutzenstiftende Merkmal der Bank, die Regionalität, in den Fokus zu stellen und das Filial-Geschäftsmodell daraufhin anzupassen. Zwei kombinierte Ansätze, die im Folgenden näher betrachtet werden, sind dabei sehr vielversprechend: Z Co-Working Spaces Der erste Ansatz zur Revitalisierung von Bankfilialen ist die Einbindung von Co-Working Spaces. Diese stellen ein Raumnutzungskonzept dar, in dem KundInnen Büro-Infrastruktur flexibel mieten können. Der Nutzen für KundInnen ist dabei vielschichtig: Fehlender Büroraum bzw. Raum für kooperatives Arbeiten (bspw. im Rahmen eines Innovation-Labs) kann schnell und einfach geschaffen werden. Zusätzlich können KundInnen von dem dort vorhandenen Netzwerk profitieren, neue Kontakte knüpfen, Hilfestellung erfahren, gemeinsame Projekte oder innovative Ideen umsetzen. Für eine Bank hat die Einführung eines Co-Working-Spaces mehrere positive Effekte: Die sich meist im Eigentum der Bank befindlichen Immobilien können gewinnbringend mit dem Logo der Bank weitergeführt werden, die Sichtbarkeit der Bank in der Region bleibt also erhalten. Für Mitarbeitende der Bank stellt die geänderte Umgebung eine wichtige Ergänzung zum bisherigen starren Arbeitsmodell dar – so wird ein Ort zwischen festem Büroarbeitsplatz und Homeoffice ermöglicht. Dieser ist gerade vor dem Hintergrund von New Work von wachsender Bedeutung. Die flexible Nutzung der Mitarbeitenden bei Deckung seines individuellen Bedarfs kann durch den Space ermöglicht werden. Der wichtigste Effekt für die Bank stellt aber die Etablierung persönlicher Nähe zu den KundInnen dar. Es kann vertrauenswürdige und kompetente Beratung geleistet werden mit dem weiteren Vorteil, im CWS zusätzlich völlig neue Kundengruppen effizient beraten zu können. Z Abschaffung des mehrstufigen Vertriebs Der zweite Ansatz zur Belebung von Bankfilialen ist die systemische Wandlung des Vertriebs. Die Filiale, insbesondere in Genossenschaftsbanken und Sparkassen, wird derzeit primär als Verkaufspunkt bzw. Sa- 42 07 // 2021

MANAGEMENT FAZIT tellit für verbundeigene Produkte genutzt. Das entspricht einem klassischen zweistufigen Vertrieb: Großhändler (entsprechen den Verbundpartnern) zum Einzelhandel (hier: Banken bzw. die Filialen), Einzelhändler zu KundInnen. Das führt zu ineffizienten und wenig Potenzial-orientierten Vertriebsperspektiven für die Bank. Denn der Verkauf bindet immer Ressourcen (bspw. Eigenkapital oder MitarbeiterInnen), und es ergibt sich eine Verantwortung (bspw. Beraterhaftung). Insbesondere aber limitiert er die Bank: Erträge können nur linear – also in direkter Abhängigkeit zu den Ressourcen – gesteigert werden. Eine Skalierung kann nur über die digitalen Kanäle erfolgen, die kleinere Banken mit den eigenen Ressourcen kaum umfänglich erschließen können. Die Kombination der Ansätze Co-Working-Space und Shop-in-Shop-System stellt eine Innovation im Geschäftsmodell der Bankfilale dar. Die Filiale wird durch die neue Strategie zu einem Ort des Netzwerkens entwickelt. KundInnen erfahren Nutzen weit über den Verkauf von Produkten hinaus. Zudem wird die Idee des Vertriebs revolutioniert. Die MitarbeiterInnen der Bank werden zu echten BeraterInnen entwickelt und trennen sich von dem Bild der VerkäuferInnen. Die Glaubwüdigkeit und das Vertrauen in die BeraterInnen bzw. in die Bank können damit nachhaltig gesteigert werden. Insbesondere aber erlaubt die kombinierte Strategie, den Leuchtturm Filiale regional und zukunftstragend strahlen zu lassen. Mit dem Shop-in-Shop- System Potenziale erschließen In Kaufhäusern ist es mittlerweile zum Standard geworden, Flächen an Hersteller oder einzelne Marken zu vermieten und zudem Provisionserlöse zu erhalten. Dieses Shop-in-Shop- System ist überfällig in der Filialstrategie von Banken. Damit werden Personalkosten, Management, Produktverantwortung, insbesondere Haftung und weitere Aspekte an die Verbundpartner abgewälzt und größere Gewinnspannen erzielt. Aufgrund gleicher Rahmenbedingungen bietet sich ein Transfer auf die Bankwelt an. Beispielsweise können Flächen an die Verbundpartner vermietet werden, damit diese ihre Produkte in Eigenregie verkaufen können. Die Bank erhält neben der Miete entsprechende Provisionen. Positive Effekte zeigen sich etwa am Beispiel Baufinanzierung. Durch ihre Übertragung an den Verbundpartner schwinden Personalkosten und die Beraterhaftung. Durch den Wechsel von Zins- zu Provisionserträgen werden zudem die Risikotragfähigkeit und der Passivüberhang positiv beeinflusst. Das Kapital der Bank ist das Kundennetzwerk Neben anderen Effekten bedeutet das Shop-in- Shop-System vor allem eine Besinnung auf das eigentliche Kapital einer Bank: die KundInnen und Informationen. Den eigenen KundInnen einen guten Service zu erbringen, heißt nicht, diesen auch operativ selbst durchzuführen. Vielmehr soll im Sinne der KundInnen die beste Auswahl von Produkten ermöglicht und die bestmögliche Durchführung von Dienstleistungen sichergestellt werden. Mit den Informationen, die eine Bank über die KundInnen besitzt, kann es durch das Shop-in-Shop System kostenbewusst und risikoarm die Bedürfnisse der KundInnen optimal decken. Hierbei tritt der Mitarbeitende der Bank als „echter“ Berater bzw. „echte“ Beraterin auf, und nicht als VerkäuferIn. Die Expertise liegt also in der Überführung zum passenden Angebot. Die Bank entwickelt sich damit zu einem Unternehmen der Netzwerk-Ökonomie. Sie bietet eine physische und digitale Plattform, um ihre NutzerInnen mit den passenden Angeboten zu versorgen. Die Digitalisierung ermöglichen Der wichtigste Effekt des Shop-in-Shop Systems ist, dass es die digitale Transformation von Banken sichert. Denn durch den Transfer der Beratung (analoge und digitale) wird den Verbundpartnern die Pflicht übertragen, kunden- und bankorientierte digitale Lösungen zu erarbeiten. Die Verbundpartner können durch ihre überregionale Stellung und die größeren Ressourcen digitale Lösungen entwickeln, die helfen können, in der Region bzw. im Geschäftsgebiet eine zukunftstragende Perspektive für die Bank zu erschließen. Der Verbundpartner „erkauft“ sich den Zugang zum Netzwerk und ermöglicht der Bank, seine Stellung in der Region zu sichern bzw. im Wettbewerb zu größeren Banken in der digitalen Welt zu bestehen. Autor Dr. Constantin Schubart ist Direktor des Instituts Cojuna und Dozent an der Steinbeis-Hochschule Berlin. 07 // 2021 43

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