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die bank 07 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BERUF & KARRIERE

BERUF & KARRIERE UNTERNEHMENSKULTUR IM WANDEL Erfolgsfaktor Führungskraft Die vielen gegenwärtigen Herausforderungen der Branche zwingen Banken zu einer Veränderung und Optimierung von Strukturen, Prozessen und Produkten. Doch nur die wenigsten Organisationen erleben nachhaltigen Erfolg bei angestoßenen Maßnahmen. Eine auf Veränderung ausgerichtete Organisationskultur kann nur über Zeit und ein kontinuierliches Vorleben entwickelt werden, und dabei kommt Führungskräften eine zentrale Rolle zu. In dieser Rolle werden sie jedoch häufig allein gelassen. Die „Trends“ der vergangenen Jahre – Digitalisierung, Niedrigzinsumfeld, Regulatorik – waren die Auslöser einer schieren Projektwelle in den Banken. Strategieprojekte, Wachstumsinitiativen, Kostensenkungsprogramme, Restrukturierungsmaßnahmen – häufig laufen die Projektvorhaben parallel, und die Mitarbeiter sind neben dem Tagesgeschäft gleich in mehreren Initiativen eingebunden. Tendenz steigend. Trotz des hohen Erfolgsdrucks ist die Bilanz vieler Projekte ernüchternd. Nachhaltig erfolgreich im Sinne einer echten Verhaltensveränderung sind nur die wenigsten. Neben zu viel Bürokratie, Schwächen im Projektmanagement und mangelnder Entscheidungsfreude wird eine fehlende Veränderungskultur häufig als Faktor für den ausbleibenden Projekterfolg ausgemacht. 1 So berechtigt viele Projekte auch sind: Wenn sich letztlich doch nichts ändert, bleibt das in den Augen der Mitarbeiter häufig nur Aktionismus. Ein typisches Beispiel: Eine neue Kundensegmentierung, CRM und Big Data oder Beraterleitfäden sollen die Vertriebsleistung steigern. Wie jedoch solche Maßnahmen die Vertriebsleistung steigern sollen, leuchtet vielen Beratern nicht ein. Schließlich war der Vertriebler auch in der Vergangenheit vermeintlich erfolgreich, der Kundenstamm ist aufgebaut, die Kundenbeziehung ist etabliert. Warum also bestehende und scheinbar funktionierende Gewohnheiten ablegen? Im Management kommt jedoch an: „Meine Mitarbeiter sind nicht veränderungsfähig“. „Old habits die hard“ Gewohnheit ist in diesem Zusammenhang ein gutes Stichwort: Veränderung ist schließlich 66 07 // 2018

BERUF & KARRIERE häufig das Ablegen einer alten Gewohnheit oder das Hinzufügen einer neuen Sitte. Gewohnheiten – gute oder schlechte – abzulegen, fällt dabei deutlich schwerer, als eine neue Verhaltensweise in den Alltag zu integrieren. Durch die aktuellen Rahmenbedingungen sehen sich Banken heute signifikant gestiegenen Veränderungszwängen gegenübergestellt. Während Branchen wie die Automobilindustrie das Streben nach Veränderung und Verbesserung über Jahrzehnte fest in ihrer Kultur und in ihrem täglichen Tun verankert haben, wurden Banken erst seit zehn Jahren von einem stetig zunehmenden Veränderungsdruck überrollt. Damit blicken Kreditinstitute auf ein deutlich kürzeres Lernfenster zum Umgang mit Veränderung und deren Integration in den Alltag zurück. Dabei spielt der Lerneffekt beim Umgang mit konstanter Veränderung, mit sich ständig verändernden Arbeitsabläufen, der Aufgabe von eigenen Komfortzonen und der eigenen Verhaltensänderung eine entscheidende Rolle. Über die kontinuierliche Wiederholung und das Lernen von Veränderung entsteht letztlich so aus der Gewohnheit des kontinuierlichen Wandels eine durch Veränderung geprägte Organisationskultur. Und das gilt für Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen. Kultur als „übliche Praxis” Die Diskussion um die „richtige“ Organisationskultur wird im Top-Management jedoch selten geführt. Vielleicht auch, weil unklar ist, wie die Zielkultur sein soll: Agil? Innovativ? Widerstandsfrei? Motivierend? Inspirierend? Kultur, egal ob Organisationskultur, Landeskultur oder Kultur einer Profession, besteht in der Theorie aus einer Sachebene und einer Beziehungsebene. Die Sachebene ist dabei sichtbar und interpretierbar, zum Beispiel in der Unternehmensstrategie oder Organisationsstruktur. Die Beziehungsebene ist implizit und unbewusst: Normen, Werte und Grundannahmen der Organisation können zum Beispiel aus den Dos und Don‘ts einer Firma, den Entscheidungsregeln und der Interaktion der Mitglieder einer Organisation untereinander abgeleitet werden. Unternehmenskultur ist in ihrem Kern die „übliche Praxis“, „the way we do things here“. Soll also die Organisationskultur nachhaltig verändert werden, reicht es nicht aus, eine neue Technologie einzuführen, das bestehende Methodenset zu erweitern oder neue Fachkräfte einzustellen. Die übliche Praxis, also das Verhalten der Organisation als Ganzes, muss sich ändern – dann ändert sich mit der Zeit auch die Einstellung. Der Weg aber lohnt sich. Firmenkulturen mit veränderungsförderlichen Attributen verstärken den angestrebten Wandel positiv. Für die Mitarbeiter in diesen Unternehmen ist der Umgang mit Veränderung selbstverständlich und sogar identitätsstiftend, sie haben eine positive Einstellung zur Erneuerung. Entsprechend leichter fällt die Umsetzung. Von Gandhi lernen: „Sei Du selbst der Wandel“ Für eine solch tiefgreifende Reform der Kultur ist das Lippenbekenntnis von Vorständen und Führungskräften zur Veränderungsfähigkeit der Organisation nicht ausreichend. Ein Unternehmen kann sich nur in die gewünsch- 07 // 2018 67

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