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die bank 07 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG 2 |

REGULIERUNG 2 | Optimierungspotenzial hängt von verschiedenen Faktoren ab » Großbanken » Zentralinstitute des genossenschaftlichen Sektors » Landesbanken » Primärbanken (Sparkassen, Volksbanken, Privatbanken) » Spezialkreditinstitute Typ Auslagerungsgrad » Höheres Optimierungspotenzial je weniger Abwicklungsprozesse an Dienstleister ausgelagert sind » Optimierungspotenzial für effizientere Nutzung von Liquidität und Collateral Bank » Umfang des eigenen Lagerstellennetzwerks im T2S Raum » Direkte oder indirekte Anbindung an T2S über einen oder mehrere CSDs » Nutzung von lokalen Custodians oder Global Custodians (ICSDs) Lagerstellennetzwerk Geschäftsmodelle » Bank agiert als Investor: Abwicklung des Kundengeschäfts (Depot B) und Eigenhandels (Depot A) » Bank agiert auch als Issuer » Evtl. Dienstleistung als Depotbank nen Lagerstellennetzwerk. ÿ 2 Erst nachdem diese Faktoren eingehend analysiert sind, kann eine passgenaue Lösung erstellt werden. Sparen durch Netting und Pooling Großes Einsparpotenzial bietet das Lagerstellenmanagement. Im Idealfall benötigt eine Bank künftig im Gegensatz zu heute nur noch einen einzigen CSD für den gesamten T2S-Raum. Dieser ausgewählte CSD bietet ihr dann Zugang zu allen anderen CSDs. In der Praxis sind hingegen historisch gewachsene Netzwerke anzutreffen, die aus sechs bis acht verschiedenen Lagerstellen bestehen. Meist gibt es einen direkten Zugang zum deutschen Markt über den heimischen CSD, also CBF, und mehrere indirekte Zugänge zu ausländischen Märkten über Korrespondenzbanken, auch Custodians genannt. Letztere verschaffen dann Zugang zum lokalen CSD vor Ort, übernehmen also eine Art Mittlerfunktion. Der Unterhalt eines solchen Netzwerks ist teuer. Je besser es also gelingt, die Zahl der Lagerstellen zu reduzieren, desto stärker sinken auch die Kosten zum Beispiel durch Skaleneffekte (Rabattstaffeln). Zusätzlich gibt es dann auch weniger Stellen, bei denen Sicherheiten (Collaterals) zur Abwicklung von Wertpapiergeschäften parallel vorgehalten werden müssen. Dieses Pooling von Sicherheiten reduziert die Kosten weiter. Allerdings ist es bislang nicht möglich, für den gesamten T2S-Raum nur einen einzigen CSD zu nutzen. Die oben skizzierte Idealwelt, von der die T2S-Schöpfer einst geträumt haben, ist damit noch Zukunftsmusik. Auch das Einsparpotenzial, das die zitierte Oliver-Wyman-Studie nennt, basiert im Kern auf dieser Vorstellung. Ob dieses Ideal ohne politisches Zutun jemals Realität wird, ist jedoch fraglich. Der Wettbewerb unter den Zentralverwahrern wird durch viele jeweils nationale Besonderheiten wie unterschiedliche Steuerarten oder -berechnungen, Rechtsprechung, Registrierungsverfahren (Stichwort Namensaktien) oder auch Verfahrensweisen bei Corporate Actions und Income Events beeinträchtigt. Das verhindert, dass sich das volle Potenzial von T2S schon heute entfalten kann. Gefragt ist hier die EU-weite Harmonisierung der genannten Bereiche. Den Custodian ausschalten Solange die Märkte nicht weitestgehend angepasst sind, bleibt den Banken nur die zweitbeste Option: die Anzahl der Lagerstellen so weit wie möglich zu reduzieren. Eine Option ist es, den Custodian auszuschalten und stattdessen direkt über den ausländischen CSD zu gehen. ÿ 3 Der große Vorteil eines solchen Schritts: Da die Bank durch den CSD direkten Marktzugang erhält und keine Lagerstelle zwischengeschaltet ist, können Transaktionen auch direkt mit Zentralbankgeld (Central Bank Money) abgewickelt werden. Das spart Kosten und reduziert Ausfallrisiken, da dafür dann kein Geschäftsbankgeld (Commercial Bank Money) mehr im Ausland vorgehalten werden muss. Voraussetzung für die Umset- zung dieser Strategie ist aller- dings ein bankeigenes Geldkonto bei einer der teilnehmenden Zentralbanken, ein sogenannter Dedicated Cash Account (DCA). Ein weiterer Kostentreiber findet sich in den Banken selbst. Oft existieren zum Beispiel für jeden Geschäftsbereich nicht nur eigene Wertpapier-, sondern auch eigene Geldkonten. Vor allem der Betrieb einer größeren Anzahl an DCA verhindert die prognostizierten Netting-Effekte. Neben den direkten Kosten entstehen dadurch zusätzliche Aufwände in den jeweiligen Abteilungen, die für die nötige Intraday-Liquidität zu sorgen oder diese Konten abzustimmen haben. Ein weiteres wichtiges Hindernis für das Zusammenwachsen des EU-Wert- 52 07 // 2018

REGULIERUNG 3 | Vorgehen 1 2 Analyse des bestehenden Lagerstellennetzwerks und Portfolios Prüfung der Optionen » Genutzte Lagerstellen » Anlageuniversum, Positionsgrößen, Handelshäufigkeiten » Custodian oder Global Custodian (ICSD) » Lokaler (Issuer-) CSD » Investor-CSD (eventuell bereits für anderen T2S-Markt genutzt) 3 Gap Analyse » Soll/Ist-Vergleich der Services der potenziell neuen Lagerstelle(n), die zukünftig selbst bzw. durch Dritte zu erbringen sind (z. B. Steuern, Regulatorik, Events wie z. B. Corporate Actions) 4 Modellrechnungen » Bepreisung der zur Verfügung stehenden Optionen 5 Entscheidung & Umsetzung » Entscheidung zu einem potenziellen Wechsel und Umsetzungsplanung papiermarkts sind unterschiedliche Steuerregeln in den einzelnen T2S-Märkten. Es verwundert deshalb nicht, dass die lokalen Custodians mit ihrer damit verbundenen Expertise um die Gunst der Banken werben. Möglicherweise haben sie damit sogar Recht. Eine einheitliche Besteuerung von Zinsen und Dividenden im gesamtem T2S-Raum ist deshalb eine der Voraussetzungen für die weitere Integration der Wertpapiermärkte. Ausblick Mit T2S wurde das sogenannte Investor-CSD- Modell eingeführt. Die Grundidee: Will eine deutsche Bank zum Beispiel ein spanisches Wertpapier halten, muss sie dafür nicht unbedingt ein Konto beim spanischen Issuer-CSD, also im Heimatland des Wertpapiers, besitzen. Es reicht, wenn der Issuer-CSD über einen „Link“ mit dem eigenen CSD, dem sogenannten Investor-CSD, verbunden ist. Auch alle mit dem Wertpapier verbundenen Rechte (z. B. Proxy- Voting) sollen damit gesichert sein. Derzeit steht das Investor-CSD-Modell im T2S-Raum noch sehr eingeschränkt zur Verfügung. Bei CBF funktioniert es aktuell beispielsweise nur für wenige (große) CSD wie Monte Titoli (Italien) und die ESES- Märkte (Frankreich, Niederlande und Belgien). Da außerdem nicht das komplette Wertpapierspektrum abgedeckt wird, ist es für die meisten Marktteilnehmer aktuell (noch) uninteressant. „Das wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, sagt Jochen Metzger von der Bundesbank. „So lange wird es dabei bleiben, dass über T2S noch relativ wenig Cross- Border-Geschäft abgewickelt wird.“ FAZIT Durch T2S sind neue Gestaltungsmöglichkeiten für das Lagerstellennetzwerk entstanden. Künftig werden es noch mehr, sofern sich über Investor-CSD-Modelle alle relevanten Märkte und Wertpapierarten zentral verwahren und abwickeln lassen. Bis dahin kann ein Wechsel von einem Custodian zu einem lokalen CSD eine sinnvolle Alternative sein, um über ein existierendes DCA in Zentralbankgeld abwickeln zu können und hier entsprechende Netting- Effekte zu erzielen. So kann zumindest ein größerer Teil der durch T2S möglichen Einsparungen realisiert werden. Es gibt jedoch auch Hindernisse, die eine Bank oder ein CSD nicht selbst ausräumen kann. Hier ist die Politik gefragt, das weitere Zusammenwachsen eines europäischen Wertpapiermarkts durch Harmonisierung unter anderem in der Besteuerung und Rechtsprechung zu fördern. Autoren Timo Schrobsdorff ist Manager bei der Cofinpro AG mit langjähriger Erfahrung im Middle- und Backoffice bei verschiedenen Banken. Er ist verantwortlich für den Themenbereich Wertpapierabwicklung. Dr. Florian Wedlich ist Consultant bei der Cofinpro AG und berät führende Kapitalverwaltungsgesellschaften in Digitalisierungsprojekten. 07 // 2018 53

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