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die bank 07 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT STRATEGIE Die

MANAGEMENT STRATEGIE Die Kundenschnittstelle sichern Die Finanzbranche steht vor der Herausforderung, die Kundenschnittstelle gegen neue Wettbewerber zu verteidigen. Kundenzentrierung, verstanden als Denkhaltung und Managementansatz, ist der Schlüssel dazu. 28 07 // 2018

MANAGEMENT Trotz der Bekenntnisse zur Kundenzentrierung in fast jedem Leitbild, Strategiepapier oder Mission Statement: Nur 40 Prozent der Finanzentscheider halten ihre Hausbank für besonders kundenorientiert. Mit großem Abstand vorn liegt dabei die ING- DiBa (71 Prozent), dicht gefolgt von der DKB (61 Prozent). Die Volks- und Raiffeisenbanken (38 Prozent) und Sparkassen (37 Prozent) schneiden leicht unterdurchschnittlich ab. Gleichzeitig ist die Bereitschaft gestiegen, Bankprodukte bei bankfremden Anbietern wie Paypal (43 Prozent) oder Amazon (21 Prozent) abzuschließen. Die großen Internetanbieter verfügen über eine riesige Kundenbasis und setzen Maßstäbe bei der Gestaltung digitaler Kundenerlebnisse. Um erster Ansprechpartner für ihre Kunden zu bleiben, müssen Finanzdienstleister handeln, indem sie über die gesamte Wertschöpfungskette einen nachhaltigen Kundennutzen durch positive Kundenerlebnisse schaffen. Das ergibt sich aus der aktuellen IM-Privat- und Geschäftskundenstudie, die online durchgeführt wurde. Befragt wurden über 2.000 Finanzentscheider ab 18 Jahren. Die Studie erlaubt aussagekräftige Rückschlüsse auf das Kaufverhalten von rund 41 Millionen Privathaushalten und 4,6 Millionen Selbstständigen sowie Freiberuflern in Deutschland. Im Mittelpunkt standen zwei Fragen: Was führt dazu, dass eine Bank als kundenorientiert wahrgenommen wird? Und wie wirkt Kundenorientierung auf ökonomisch relevante Kennzahlen wie Kaufbereitschaft, Weiterempfehlungsabsicht, Zahlungsbereitschaft und Wechselbereitschaft? Das Ziel war es, Kundenzentrierung so zu operationalisieren, dass sich daraus konkrete Ansätze zur Optimierung des Kundenerlebnisses und zur Steigerung des Unternehmenserfolgs ableiten lassen. Dazu wurde zunächst eine Vorstudie mit einer kleineren Stichprobe von 500 Probanden durchgeführt. ÿ 1 Acht übergeordnete Faktoren für das Erleben von Kundenorientierung und 49 Items, die das Erleben dieser acht Faktoren weiter operationalisieren, wurden einer Konsistenzanalyse unterzogen. Zunächst wurde für alle Items gemeinsam eine Faktorenanalyse durchgeführt (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation). Auf Basis der Ergebnisse wurden einige der Items den empirischen Befunden folgend neu zugeordnet und Items mit geringem Erklärungsbeitrag entfernt. Ergebnis der Vorstudie war die Bestätigung der acht Faktoren und die Ermittlung eines stabilen Subsets von 4 bis 6 Items je Faktor. In der Hauptstudie konnte für die ermittelten Faktoren eine hohe Korrelation mit der wahrgenommenen Kundenzentrierung bestätigt werden. Die Varianzaufklärung beträgt stattliche 75 Prozent. Kunden sehen Lücken bei Fairness, Beziehung und Wertschätzung Diese acht Faktoren werden mit Komfort, Kompetenz, Individualität, Service, Beziehung, Fairness, Wertschätzung und Innovation bezeichnet. Stellt man die Wichtigkeit der Faktoren und deren Erfüllung durch die Hausbank gegenüber, so werden die Defizite aus Kundensicht offensichtlich. ÿ 2 Die Anforderungen an Komfort, guten Service und individuelle Behandlung werden überwiegend gut erfüllt, im Bereich Innovation sogar übererfüllt. Bei den emotionalen Faktoren Fairness, Beziehung und Wertschätzung sind die Defizite aus Kundensicht am größten. Aufschlussreich sind auch die zielgruppenspezifischen Unterschiede: Junge Kunden von 18 bis 29 Jahren sind zum Beispiel systematisch unzufriedener als ältere Kunden ab 60 Jahren. Betrachtet man die acht Faktoren genauer, dann ergeben sich daraus konkrete Handlungsfelder sowie mögliche Ansätze zur Verbesserung der Kundenorientierung. Beim Thema Fairness klaffen Kundenerwartungen und -erleben besonders weit auseinander. 35 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass ihre Hausbank sie fair behandelt. Ein fairer Preis und ein angemessenes Preis- Leistungs-Verhältnis sind mit großem Abstand die wichtigsten Fairness-Aspekte. Die höchsten Bewertungen erreichen dabei die Sparda- Banken (61 Prozent), ING-DiBa (56 Prozent) und DKB (52 Prozent). Daneben ist es Kunden wichtig, dass die Bank ihnen einen übersichtlichen, leicht verständlichen Vergleich der Produkte ermöglicht und ihnen das am besten geeignete Produkt anbietet. Deutlich weniger Kunden erwarten dagegen, dass ihre Bank auch Produkte anderer Anbieter bereithält oder sich mit diesen vergleicht. Von den Kunden im Bereich von 18 bis 29 Jahren glauben nur 30 Prozent, dass ihre Bank sie fair behandelt. Wer der Versuchung widersteht, die relative Unerfahrenheit dieser Kundengruppe auszunutzen, hat gleichzeitig die Chance, sie besser zu binden. Fairere Behandlung wäre für 37 Prozent ein Grund, bei ihrer Bank zu bleiben. Auch Selbstständige (30 Prozent) und Freiberufler (26 Prozent) sind nur wenig überzeugt, fair behandelt zu werden, was auch daran liegen mag, dass die Preisgestaltung für Geschäftskunden oft wenig transparent ist. Die Beziehung zur Bank hat starken Einfluss auf die wahrgenommene Kundenorientierung. Nur 42 Prozent der Kunden finden, ihre Hausbank tue alles, damit sie sich als Kunde wohlfühlen. Freundliche und zuvorkommende Mitarbeiter, optimale Betreuung und das Ernstnehmen von Beschwerden sind zen- 07 // 2018 29

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