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die bank 07 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó BANKING Eine große Chance vertan PREISANGABENVERORDNUNG Die Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rats über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher 1 ist nunmehr in nationales Recht umgesetzt. 2 Im Zug der dadurch notwendigen Rechtsanpassungen wurden auch die bestehenden Regelungen zur Berechnung des effektiven Jahreszinses der Kreditgeschäfte angepasst, die unter die Preisangabenverordnung (PAngV) fallen. Künftig wird durchgängig der Verbraucherbegriff gemäß § 13 BGB verwendet. Entsprechend wird der bisherige Begriff „Kredit“ durch „Verbraucherdarlehen“ ersetzt; gleiches gilt für den Begriff „Kreditgeber“, der durch „Darlehensgeber“ ersetzt wird. Nachfolgend werden die wesentlichen Modifikationen vorgestellt. Konrad Wimmer Keywords: Kalkulation, Geschäftspolitik Die PAngV ist mit zwischenzeitlichen Änderungen seit 1985 in Kraft. 3 Die Verordnung dient dem Verbraucherschutz und regelt die Preisangabe von Waren und Dienstleistungen, wenn das zugrunde liegende Geschäft zwischen einem gewerbsmäßigen Anbieter und einem Endverbraucher abgeschlossen wird. Bei Bankgeschäften werden die Kreditinstitute verpflichtet, zur Vergleichbarkeit von Finanzierungen den effektiven Jahreszinssatz anzugeben. Letzterer lässt sich als Zinssatz definieren, bei dem der Auszahlungsbetrag des Kredits gerade der Summe der mit dem effektiven Jahreszinssatz abgezinsten Raten entspricht. Er soll dem Verbraucher unabhängig von den tatsächlichen Zahlungsmodalitäten des Kredits (z. B. Nominalzins, Disagio, Zahlungsrhythmus) durch seine normierte Berechnungsvorschrift die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Geschäfte ermöglichen. Die seit 1985 gültige Berechnungsvorschrift wurde im Jahr 2000 geändert, indem die lineare Abzinsung unterjähriger Zeitintervalle durch die international übliche exponentielle Abzinsung ersetzt wurde. Dabei wurde jedoch nicht auf die „echte“, kalendarische Tagezählung abgestellt, sondern es wurden standardisierte, gleich lange Monate vorgegeben (ein Monat umfasste demzufolge 365/12 Tage). Insofern bestand eine Inkonsistenz in der Zählweise, da krumme Laufzeitabschnitte, die nicht volle Monate umfassten, kaufmännisch nach der 30/360-Tagemethode zu zählen waren, jedoch auf 365 bzw. 366 Tage bezogen wurden. 4 In der nunmehr gültigen Vorschrift wird diese Inkonsistenz zugunsten der Verwendung der kalendarischen Tagezählung beseitigt. Umfang der einzubeziehenden Kostenfaktoren Die Einbeziehung von Kostenfaktoren ist in § 6 Abs. 3 und 4 PAngV geregelt. Unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung der Bundesregierung 5 sind folgende Klarstellungen und Ergänzungen angebracht. Der Begriff „Gesamtkosten“ stellt den Oberbegriff für „Zinsen“ und „sonstige Kosten“ dar. Gesamtkosten sind alle finanziellen Verpflichtungen des Darlehensnehmers bei regulärem Vertragsverlauf über die Rückzahlung des Verbraucherdarlehens hinaus. Zivilrechtlich wird dies umgesetzt, indem die Gesamtkosten nach § 492 Absatz 2 BGB in der Vertragsurkunde angegeben sein müssen und der Darlehensgeber auf nicht im Vertrag angegebene Kosten keinen Anspruch hat (§ 494 Absatz 4 BGB). Außer Zinsen und Kosten existieren somit keine Zahlungsansprüche neben den Tilgungsbeträgen selbst. Nach § 6 Abs. 3 S. 1 PAngV sind alle Zinsen und sonstige Kosten in die Berechnung des effektiven Jahreszinses einzubeziehen, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Verbraucherdarlehensvertrag zu entrichten hat und die dem Darlehensgeber bekannt sind. Ein etwaiges Disagio sollte den Zinsen zugeordnet werden, da die Einordnung als Kosten dazu verleiten könnte, es einer nach der BGH-Rechtsprechung mittlerweile unzulässigen Bearbeitungsgebühr gleichzusetzen. Die sonstigen Kosten müssen in einem kausalen Zusammenhang mit dem Verbraucherdarlehensvertrag stehen, wobei die Kausalität weit auszulegen ist. So rechnen die Kosten für die Immobilienbewertung zu den sonstigen Kosten, wenn diese zwingend für die Gewährung des Verbraucherdarlehens ist. Die Kosten einer durch einen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag neu abgeschlossenen (Risiko-) Lebensversicherung sind in die Berechnung der Gesamtkosten einzubeziehen, wenn die neu abgeschlossene Versicherung und deren Abtretung als zusätzliche Darlehenssicherheit zur günstigeren Darlehenskonditionen führt oder die angebotenen Konditionen nur gelten, wenn die Versicherung als zusätzliche Sicherheit abgetreten wird. Zu den einzubeziehenden Kosten zählen die Abschluss- und Verwaltungskosten, nicht 36 diebank 07.2016

BANKING ó aber Ansparleistungen und nach dem Versicherungsvertragsgesetz nicht veröffentlichungspflichtige Risikobeiträge. Im effektiven Jahreszins sind die Kosten für Sicherheiten bei Immobiliar- Verbraucherkrediten zu berücksichtigen. Es bleibt aber auch künftig dabei, die anfallenden Notarkosten nicht in den effektiven Jahreszins einzubeziehen. Ebenfalls nicht einzubeziehen sind die Eintragungskosten für die Eigentumsübertragung (Gebühren für Bestellung, Eintragung, Verfügung und Inhaltsänderung des Grundpfandrechts bzw. der Reallast), wohl aber die Kosten für die Eintragung der Grundschuld beim Grundbuchamt. Vor- oder zwischenfinanzierte Bauspardarlehen sind als Verbraucherdarlehensverträge zu behandeln, und deshalb ist für das Produktbündel aus Bauspardarlehen und Bausparvertrag der effektive Jahreszins für die Gesamtlaufzeit anzugeben. Auch ungeförderte Bausparkombifinanzierungen sollen damit für den Verbraucher mit Bankangeboten vergleichbar gemacht werden. Die vorvertraglichen Informationspflichten ergeben sich aus § 491 a BGB i.V.m. Artikel 247 § 1 ff. EGBGB. Unter anderem ist – wie schon bisher –nach Artikel 247 § 3 Abs. 3 EGBGB der effektive Jahreszins anhand eines repräsentativen Beispiels zu erläutern. Gefordert ist dabei die Herausstellung sämtlicher in die Berechnung des effektiven Jahreszinses einfließenden Annahmen. Angaben bei einer unechten Abschnittsfinanzierung Der effektive Jahreszins ist nach § 6 Abs. 2 PAngV auf den „vereinbarten Zeitraum“ zu beziehen, was bezogen auf eine echte Abschnittsfinanzierung zu einer klaren Festlegung führt. Anders stellt es sich dar, wenn eine sogenannte unechte Abschnittsfinanzierung vorliegt, bei der die Sollzinsbindung die vereinbarte Vertragslaufzeit unterschreitet. Dieser Konstellation kommt eine hohe praktische Bedeutung zu. Ob der effektive Jahreszins in diesem Fall auf den Zeitraum der Sollzinsbindung oder die längere, vereinbarte Vertragslaufzeit abstellen soll, war bezogen auf die Entwurfsfassung des Gesetzes strittig. Wie der Bundestagsdrucksache 18/7584, S.151 6 zu entnehmen ist, muss künftig auch bei der unechten Abschnittsfinanzierung auf die Vertragslaufzeit abgestellt werden. 7 Daraus folgt zusammenfassend für die unechte Abschnittsfinanzierung: In die Vertragsurkunde geht der effektive Jahreszins ein, der auf die vereinbarte Vertragslaufzeit zu beziehen ist. Diese Festlegung ergibt sich auch unmittelbar aus dem Wortlaut des Artikels 17 Abs. 3 und 4 der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Etwas anderes gilt für das die vorvertraglichen Informationspflichten regelnde ESIS-Merkblatt. Hier bezieht sich die Berechnung des zusätzlichen, als Beispiel dienenden effektiven Jahreszinses, der im ESIS-Merkblatt angegeben wird, nur auf die anfängliche Festzinsperiode. 8 Im ESIS-Merkblatt ist der effektive Jahreszins der anfänglichen Festzinsperiode anzugeben, um den Warnhinweis zu ergänzen und es ist zusätzlich der effektive Jahreszins der gesamten Vertragslaufzeit zu nennen. Bemerkenswert erscheint die Festlegung, den Effektivzinssatz bei einer unechten Abschnittsfinanzierung nunmehr anstatt wie bisher auf die Zinsbindung auf die längere Vertragslaufzeit zu beziehen. Hieraus ergibt sich u. a. die Frage, ob ein Disagio als vorausbezahlter Zins, der eigentlich auf den Zeitraum der Festzinsbindung zu verteilen wäre, nunmehr konsequenterweise bis zum Laufzeitende zu verrechnen ist. Wenn ja, wäre zu klären, ob der Darlehensnehmer im Unterschied zur bisherigen Vorgehensweise bei einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung die Rückerstattung des anteiligen Disagios auch nach Ablauf der Zinsbindungsperiode, für die das Disagio letztlich im voraus bezahlt wurde, verlangen 07.2016 diebank 37

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