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die bank 07 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Erfolgsfaktor Reputation METHODENKONZEPTION Dem Reputationsrisiko wird in der Finanzdienstleistungsindustrie eine besondere Bedeutung zugemessen. Das Vertrauen in die Produkte bzw. in das Unternehmen selbst stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor für alle Marktteilnehmer dar. Unternehmen können diesem Umstand mit einem ganzheitlichen Ansatz zum Management und Controlling der Reputationsrisiken Rechnung tragen. Stephan Wuttke | Markus Quick Keywords: Risikomanagement, Kontrolle, Strategie Die Risikoexperten der Finanzdienstleistungsbranche werden regelmäßig nach ihrer Einschätzung zur Bedeutung verschiedener Risikoarten befragt. Oft wird dem Reputationsrisiko dabei eine sehr hohe Bedeutung bezüglich der Gefährdung von Erträgen oder des Unternehmenswerts zugemessen 1 . Die Geschwindigkeit, mit der (schlechte) Nachrichten über Social Media verbreitet werden können sowie eine stetig sinkende Kundenloyalität verstärken die Bedeutung der Risikoart noch weiter. Die Einschätzung bezüglich der Bedeutung dieser Risiken steht im Gegensatz zum Reifegrad der entsprechenden Risikomanagement und -controlling-Verfahren in der Praxis. Hier befinden sich noch viele Marktteilnehmer im Stadium der Forschung und Entwicklung oder haben noch keine entsprechenden Methoden und Verfahren entwickelt bzw. implementiert. Ein vollständiger und praxiserprobter RepRisk-Prozess als Management-Entscheidung ist dagegen eher die Ausnahme 2 . Parallel zu den Entwicklungen in der Bankpraxis wurden seitens der Aufsicht die Rahmenbedingungen geschärft. Auf europäischer Ebene formulieren die SREP-Guidelines der EBA (Guidelines on common procedures and methodologies for the Supervisory Evaluation and Review Process) erstmals eine verbindliche Erwartungshaltung, wie Reputationsrisiken zu überwachen sind (siehe Infokasten). Für den Erfolg des Unternehmens sind Faktoren wie Markenstärke, die Ausrichtung auf die Kunden und das fokussierte Geschäftsmodell bedeutend. Allerdings bringen diese Faktoren ein spezielles Risiko, eben das Reputationsrisiko, mit sich. In der Schwäbisch-Hall-Gruppe beispielsweise wurden die Reputationsrisiken bereits 2012 im Rahmen der Risikoinventur gemäß den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) als wesentliche Risikoart kategorisiert. Unabhängig von den regulatorischen Vorgaben wurde aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen das Ziel einer systematischen Steuerung von Reputationsrisiken definiert und damit begonnen, frühzeitig alle relevanten Risikotreiber zu identifizieren, die den Ruf und somit den Erfolg des Unternehmens beeinflussen oder sogar den Fortbestand gefährden können. Definition und Abgrenzung Der aufsichtsrechtliche Rahmen in Deutschland gibt bislang keine verbindliche Definition der Reputationsrisiken vor. Orientierung bietet eine Definition des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS), die das Reputationsrisiko als Gefahr beschreibt, dass aus Sicht der Interessensgruppen dem Unternehmen ein Vertrauens- oder Ansehensverlust entsteht und dieser zu direkten oder indirekten Schäden führt. Reputationsrisiken können Verluste in weiteren Risikoarten verursachen oder in Folge von Verlusten in anderen Risikoarten entstehen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Besonderheit, dass das Reputationsrisiko im Kontext anderer Risikoarten entsteht. Das Reputationsrisiko ist in diesem Fall ein sekundäres Risiko. Folgt das Reputationsrisiko einem Ereignis in den wesentlichen Risikoarten Kreditrisiko, Marktpreisrisiko oder Operationelles Risiko, muss zur Risikosteuerung das originäre Risiko überwacht werden. Beispielhaft ist das interne Kontrollsystem im Kreditprozess entscheidend, um für den Kunden nachteilige Kreditvergaben zu verhindern, beispielsweise wenn die Kapitaldienstfähigkeit, insbesondere nach Auslauf der Zinsfestschreibung, nicht nachhaltig gegeben sein würde. Ein Reputationsrisiko ist als Sekundärrisiko in derartigen Fällen grundsätzlich nicht auszuschließen. Die Steuerung sollte entsprechend am primären Ereignis ansetzen. Das primäre Reputationsrisiko kann direkt und unmittelbar durch das Unternehmen gesteuert werden. Hier resultiert der Reputationsschaden und ein daraus folgender finanzieller Schaden nicht aus einem vorgelagerten Ereignis aus anderer Quelle bzw. aus einer anderen Risikoart. Vielmehr entsteht der Schaden direkt aus dem (beispielsweise unmoralischen) Handeln des Unternehmens bzw. dessen Vertreters. Insgesamt ist die Ab- und Eingrenzung des Reputationsrisikos in der Praxis weiterhin eine Herausforderung. Die in der SREP- Guideline als Unterkategorie eingeführten Conduct-Risiken werden dabei zu weiterer Komplexität führen. 50 diebank 7.2015

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó Management und Controllinginstrumente Die Vorgaben für wesentliche Risikoarten gemäß den MaRisk wurden in der Bausparkasse Schwäbisch Hall für die Reputationsrisiken vollständig umgesetzt, insbesondere die Erstellung einer Risikostrategie, die Integration in die Risikotragfähigkeit sowie Stresstests und Überlegungen zu Risikokonzentrationen. Die Umsetzung der Anforderungen an die Identifizierung, Bewertung und Steuerung von Reputationsrisiken stellte eine zentrale Herausforderung dar. Im Mittelpunkt der Steuerung der Reputationsrisiken steht ein sogenanntes Reputations-Index-Modell. Das Index- Modell führt quartalsweise eine strukturierte und transparente Bewertung der Reputationsrisiken anhand bereits bestehender Bewertungsinstrumente aus unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens durch. Hierbei sind die wesentlichen Interessensgruppen möglichst vollständig zu berücksichtigen, im vorliegenden Fall also die Kunden, die Öffentlichkeit, die Mitarbeiter, die Vertriebspartner sowie die Eigentümer. Das Index-Modell basiert auf der grundsätzlichen Annahme, dass an der jeweiligen Schnittstelle zu den Interessensgruppen bereits Instrumente zur Messung der Wahrnehmung der Firma im Einsatz sind. Diese Instrumente werden im Wesentlichen von den Abteilungen verantwortet, die auch an den jeweiligen Schnittstellen zu den Interessensgruppen für das Management der Reputation bzw. des Reputationsrisikos verantwortlich zeichnen. Bezogen auf die Interessensgruppe Öffentlichkeit ist die Verantwortung im gesamten Unternehmen und bei jedem einzelnen Mitarbeiter zu verorten. Dies erfolgte bereits vor den Überlegungen zum Management und Controlling von Reputationsrisiken im Rahmen der Initiative „Markenbotschafter“. Auf Basis verschiedener Anforderungen an diese Instrumente konnte für jede Interessensgruppe mindestens ein Instrument Vorgaben der SREP-Guideline* Seit der im Dezember 2014 veröffentlichten „Guidelines on common procedures and methodologies for the supervisory review and evaluation process (SREP)” wird explizit die Analyse der Reputationsrisiken unter Berücksichtigung der internen Governancestruktur, des Geschäftsmodels, der Produkte und des Geschäftsumfelds vorgeschrieben (Tz. 268). Reputationsrisiken sind aufgrund der Interdependenzen zu operationellen Risiken ebenfalls zu berücksichtigen. Die Ergebnisse fließen jedoch nicht in die Bewertung des Scores für operationelle Risiken, anhand dessen die Aufsicht die Prüfungsintensität bestimmt, mit ein (Tz. 235 a). Die Prüfung des Reputationsrisikos hat nach dem Proportionalitätsprinzip zu erfolgen. Fortgeschrittene Maßnahmen zur Identifizierung und Steuerung von Reputationsrisiken sind durchzuführen für Institute, die (1) eine bestimmte Größe übersteigen, (2) börsennotiert sind und/ oder (3) auf Interbankenmärkten tätig sind. (Tz. 269) Zur Bewertung der individuellen Auswirkung von Reputationsrisiken auf das Institut sollen u. a. folgende interne und externe Informationen herangezogen werden (Tz. 270): Anzahl an regulatorischen Sanktionen (sowohl aufsichtsrechtlich als auch sonstige, z. B. Steuern) der letzten Jahre, Medienkampagnen oder Initiativen von Verbraucherschutzorganisationen, welche die öffentliche Wahrnehmung oder die Reputation des Instituts beeinträchtigen könnten, die Anzahl und Entwicklung von Kundenbeschwerden, negative Ereignisse von anderen Instituten, wenn diese geeignet sind, in der Öffentlichkeit mit dem gesamten Finanzsektor oder einer Institutsgruppe verbunden zu werden, Finanzierung von nicht angesehenen Sektoren (z. B. Rüstungsindustrie), andere Marktindikatoren, sofern verfügbar. Neben der Analyse der Wesentlichkeit der Reputationsrisiken für das Institut, sollten auch die Abhängigkeiten der Reputationsrisiken von und zu anderen Risikoarten untersucht werden (Tz. 271). Die Aufsicht soll im Rahmen der Prüfung des Reputationsrisikos insbesondere bewerten, ob das Institut (Tz. 286): über angemessene, formalisierte Richtlinien und Prozesse verfügt, um Reputationsrisiken zu identifizieren, zu überwachen und zu managen, dem Risiko in angemessener Weise begegnet (z. B. werden Reputationsrisiken in den Notfallkonzepten berücksichtigt), Stresstests und Szenario Analysen durchführt, um die Auswirkung von Reputationsrisiken auf andere Risikoarten zu bewerten, über effektive Kommunikationsstrategien verfügt. * Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Peter & Company AG. 7.2015 diebank 51

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