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die bank 07 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT ckend umgesetzt werden könne, seien deshalb eine veränderte Aufstellung der Einkaufsorganisation sowie neue Qualifizierungswege für die Einkaufsmitarbeiter nötig. Nur dann könnten die Procurement-Spezialisten wie in der Privatwirtschaft die Funktion eines Schnittstellenmanagers übernehmen. Wie das aussehen kann, macht die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vor, mit einer Bilanzsumme von knapp 465 Mrd. € und rund 5.440 Mitarbeitern drittgrößte Bank in Deutschland. Ihre Beschaffungsprozesse hat die staatliche Förderbank so professionalisiert, dass sie Anfang des Jahres den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie vom BME initiierten Wettbewerb „Innovation schafft Vorsprung“ gewann. Über 10.000 € Preisgeld freut sich Martin Müller-Raidt, Direktor Zentrale Beschaffung bei der KfW, mit seinem Team von 50 Mitarbeitern. Und eine Idee, wie sie das Geld ausgeben wollen, haben die Spar-Spezialisten auch schon. „Wir wollen den Betrag in die Weiterbildung unserer Mitarbeiter investieren, um unsere Prozesse weiter verbessern zu können“, sagt der Beschaffungsexperte. Anerkannter Ansprechpartner bei Vorstand und Mitarbeitern Der Erfolg spornt offenbar an. Binnen fünf Jahren sei es gelungen, dass sich die neu geschaffene Abteilung „Zentrale Beschaffung“ vom Warengruppen- zum Sachkostenmanager gewandelt habe. Müller-Raidts Team verantwortet immerhin ein Einkaufsvolumen von rund 500 Mio. € pro Jahr. Um drei bis vier Prozent habe man die Kosten drücken können, so der 51-Jährige. Heute sind alle anfangs dezentralen Einkaufsaktivitäten von standardisierten Prozessen abgelöst worden. Elektronisches Herzstück des innovativen Beschaffungsprozesses bildet ein P2P- (procure-to-pay-) System von SAP, das die elektronischen Anforderungen, die Genehmigungsprozesse, die Bestellung und auch die Rechnungsprüfung steuert. Die Kopfarbeit übernimmt ein „Einkaufs-Cockpit“, mit dem die KfW-Einkäufer diverse Kennzahlen erheben. In monatlichen Reports erfassen sie neben dem Beschaffungsvolumen nach Warengruppen, die Einbindungsquoten in die Einkaufsaktivitäten, erzielte Einsparungen, Kosten der Beschaffungstätigkeit, Bearbeitungszeit der Vergabeverfahren, Rechnungsbearbeitung, Mahnquote und zahlreiche weitere. Diese Daten liefern die Basis für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. So hatte das Kreditinstitut früher Verträge mit 40 verschiedenen Zeitarbeitsagenturen abgeschlossen. Heute managt ein sogenannter Mastervendor den nahezu kompletten Bedarf an Zeitarbeitern, indem er den Agenturen vorgeschaltet ist und damit viele Einzelausschreibungen vermieden werden können. Auch die Abläufe für Ausschreibungen nach dem EU-Vergaberecht wurden verbessert. Die KfW richtete eine elektronische Plattform ein, um Verzögerungen aus manuellen Schritten zu reduzieren. Für wiederkehrenden Bedarf, etwa bei IT-Beratung und -Programmierung, wurden Rahmenverträge erarbeitet, um einerseits das Rad nicht immer neu erfinden zu müssen, aber auch um sicher zu gehen, dass angesichts des komplexen Vergaberechts nicht Formfehler unterlaufen. „Die zentrale Beschaffung verwaltet heute mit vergleichsweise geringem Aufwand Marc Mützelburg, Abteilungsleiter Einkauf bei der Targobank: „Gute Einkäufer sind Wertschöpfungsmanager und Sparring-Partner der Fachbereiche, mit denen sie auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“ Nadine Lauser, Leiterin Einkauf bei der Wüstenrot & Württembergische AG: „Für die strategischen Partner gilt die Devise: so viele wie nötig, so wenige wie möglich. So können attraktive Rahmenverträge verhandelt werden.“ 46 diebank 7.2015

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó mehr als 18.000 Bestellungen und mehr als 30.000 Rechnungen pro Jahr. Wir sind in 98 Prozent aller Einkaufsaktivitäten eingebunden“, unterstreicht Müller-Raidt und fügt hinzu: „Und wir sind mittlerweile ein anerkannter Ansprechpartner bei Vorstand und Mitarbeitern.“ Fehlende Marktkenntnisse, mangelnde Erfahrung, unzureichende Personalkapazitäten Als Frank Albrecht, Principal bei der Kölner Einkaufsberatung Inverto AG, sein zehn Monate dauerndes Projekt bei der Sparkasse Bremen begann, war ein abteilungsübergreifendes einheitliches System zur Erfassung von Einzelbestellungen gar nicht vorhanden. Bedarfe einzelner Fachbereiche, etwa Büromaterial, wurden nicht gebündelt und damit wichtige Synergien verschenkt. Gemeinsam mit Projektverantwortlichen der Sparkasse packten die Inverto-Berater zusammen, was zusammen gehört, erarbeiteten Warengruppen, um gezielter bestellen zu können, und suchten nach Optimierungspotenzial bei den Prozessabläufen. So konnten die Einkaufspreise für Druckerzeugnisse, Reinigungs- und Sicherheitsdienstleistungen sowie Büromaterial immerhin um 17 Prozent gesenkt werden. Ein zentrales Beschaffungsmanagement ist heute zum Beispiel für den Einkauf von Printleistungen zuständig, wobei die Budgetverantwortung und die Spezifikation der Artikel bei der Fachabteilung verblieben. Auf Basis dieser Anforderungen hatten die Experten mit einer systematischen Ausschreibung einen abteilungsübergreifenden Lieferantenpool aufgebaut. Wie die Targobank gingen sie bei dessen Zusammensetzung auf Nummer sicher. Es sei wichtig, unterstreicht Albrecht, dass mindestens ein Lieferant immer die Leistungen eines anderen ersetzen könne. Infolge der Ausschreibung wurde die Liste der Lieferanten deutlich kürzer, die größeren Bestellvolumina bei weniger Firmen führten automatisch zu besseren Konditionen. Nichts geändert hat sich hingegen an der Herkunft der Lieferanten. Das norddeutsche Institut, das sich mit einer Bilanzsumme von 10,8 Mrd. €, gut 1.500 Mitarbeitern und 58 Geschäftsstellen im Mittelfeld der deutschen Banken bewegt, setzt auf regionales statt globales Sourcing, weil man sich „als Partner des regionalen Mittelstandes“ sieht. Auch die Gretchenfrage kam schnell auf den Tisch: Müssen wir eigentlich alles selber machen? Make-or-buy-Szenarien entwickelten die Teams denn auch für das Call Center, das bereits vor Projektbeginn von einer Tochtergesellschaft übernommen worden war. Nach Benchmarking und Prozessanalysen blieb es beim bestehenden Anbieter, der dann aber durch Outsourcing von Leistungen Einsparungen erzielen konnte. Für Frank Albrecht von Inverto steht fest, dass „ein wertsteigernder Einkauf die Kosten senkt, Risiken reduziert, Innovationen fördert und zur Verbesserung von Produkten oder Dienstleistungen beiträgt“. Bis 2016 hat Jürgen Kern von der BNP Paribas noch Zeit, um sein Programm „Simple & Efficient Germany“ umzusetzen. Bis dahin will er nicht nur Kosten gesenkt, sondern auch das Image der Einkäufer grundlegend verbessert haben. „Wir wollen vom Bestellabwickler zum Wertschöpfungsmanager und anerkannten Sparring-Partner der Fachbereiche aufsteigen.“ ó Frank Albrecht, Principal bei der Einkaufsberatung Inverto AG: Martin Müller-Raidt, Direktor Zentrale Beschaffung bei der KfW: „Bei regionalen Instituten ist es unerlässlich, das Spannungsfeld von regionaler Verantwortung und modernem Kostenmanagement im Blick zu haben.“ „Nach Einführung einer Zentralen Beschaffung hat ein hohes Maß an Transparenz bei uns zu zahlreichen Innovationen im Beschaffungsprozess geführt.“ 7.2015 diebank 47

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