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die bank 07 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING

ó BANKING zierungskulturen innerhalb der europäischen Länder im Brennpunkt der Diskussion. Speziell die Langfristkultur in Deutschland – derzeit beträgt die durchschnittliche Zinsfestschreibung bei Neuabschlüssen bei Hypothekardarlehen in Deutschland 13,4 Jahre bei einer durchschnittlichen Tilgungsrate von 2,73 Prozent 10 – steht stark im Gegensatz zur Bevorzugung variabler Zinsbindungen 11 beispielsweise in den EU-Ländern England, Spanien und Portugal oder zur Bevorzugung von Endfälligkeitsdarlehen in Frankreich und den Niederlanden. Absurdität 1: Uneinheitliche Regelung der Vorfälligkeitsentschädigung Die Diskrepanz der Kulturen zwischen Langfristfinanzierung und Bevorzugung variabler Zinsfestschreibungen innerhalb der EU- Mitgliedstaaten verbunden mit unterschiedlich ausgestalteten Regelungen zur Erhebung oder Deckelung einer Vorfälligkeitsentschädigung stellt eine Wettbewerbsverzerrung dar. Sie verletzen den Grundsatz einer verantwortungsvollen Kreditvergabe, die „im besten Interesse des Kreditnehmers zu erfolgen“ hat. Nachweislich unterliegen Kreditnehmer bei der Wahl von variablen Darlehen einem erhöhten Zahlungsausfallrisiko durch sich ändernde Zinssätze 12 . Die in Ländern bereits geltenden Vorfälligkeitsdeckelungen stehen im Gegensatz zur vollen Beibehaltung der Vorfälligkeitsentschädigung im Referentenentwurf. Dies bedeutet zunächst eine Spaltung der Märkte, und es bleibt abzuwarten, ob ein Wettbewerbsausgleich im Angebot der Immobilienkredite tatsächlich stattfindet. Nach ersten Erfahrungen verteuert ein kostenfreier jederzeit möglicher Gesamtausstieg aus einem Immobilienkredit die Produkte um 40 bis 60 Basispunkte je nach ursprünglich abgeschlossener Laufzeit 13 . Derzeit finden sich bereits einige wenige Nischenprodukte auf dem deutschen Markt, die aber volumenmäßig noch keine Bedeutung erreichen konnten. Insofern greift die Begründung im Referentenentwurf, dass die Wahlmöglichkeit der Anbieter auf Regelung einer Vorfälligkeitszahlung beziehungsweise eines Verzichts bei Festdarlehen einen Wettbewerbsfaktor darstelle, zu kurz 14 . Auch die erheblichen Spread-Unterschiede bei zehnjährigen Festdarlehen von bis zu 150 Basispunkten innerhalb der EU-Mitgliedstaaten belegen keine ausgewogene Wettbewerbssituation. Die dort betroffenen Verbraucher haben entsprechend erheblich mehr aufzuwenden, um sich vor Zinsschwankungen schützen zu können. Eine Spaltung der Produkte über die Konditionen steht zudem einer angestrebten europaweiten Harmonisierung im Wege. Zwischenergebnis Der am heißesten umkämpfte Punkt im Umsetzungsprozess der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist die Regelung der Vorfälligkeitsentschädigung. Die Beibehaltung der alten Regel, so wie sie derzeit der Referentenentwurf vorsieht, wird vor allem in den Stellungnahmen banknaher Institutionen befürwortet und begrüßt ” 2. Im Gegensatz hierzu fordern nach wie vor verbrauchernahe Verbände eine Deckelung. Marktbeobachter gehen deshalb davon aus, dass das federführende BMJV auf Basis der eingegangenen Stellungnahmen und eingeholter Gutachten die Ressortabstimmung zu diesem Punkt noch nicht abgeschlossen hat. Die Grundeinstellung des BMJV ist, an der Festzinskultur festzuhalten, die ja maßgeblich die Problematik der Suprimekrise seinerzeit abzufedern verhalf. Andererseits wäre aber eine schwache Deckelung, die das Zinsniveau und die Baukonjunktur nicht gefährdet, durchaus politisch vertretbar. In der derzeitigen Niedrigzinsphase besteht allerdings kein akuter Handlungsbedarf. Um den Gefahren einer künftigen Hochzinsphase zu begegnen, in der die derzeit gültige Vorfälligkeitsregelung zu einer unverhältnismäßig hohen Verteuerung der Entgelte führen würde, wäre eine Regelung zu vertreten. Insbesondere dann, wenn dies auch vom Bundesrat gewünscht werden sollte. Absurdität 2: Verschleierter Gesetzestitel beinhaltet eine Überfrachtung Der deutsche Gesetzgeber nutzt die gebotenen Spielräume, indem er im Rahmen der Regulierung der Finanzbranche auch Inhalte des Koalitionsvertrags umsetzt. Dies führt u. a. dazu, dass der vorgelegte Referentenentwurf fremde Elemente enthält. Dies gilt speziell für die Aufnahme und Ausgestaltung von Beratungspflichten zum Dispositionskredit aus Praktikabilitätsgründen. So weist beispielsweise der Deutsche Richterbund darauf hin, dass die Erweiterung und Ausgestaltung der Beratungspflicht bei dauerhafter und erheblicher Überziehung des Kontos (§§ 504a,505 BGB-E) nicht in kausalem Bezug zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie steht und zu einer Irritation der Verbraucher führt. Die Überfrachtung von Handlungsanforderungen und eine Vielzahl verwendeter unbestimmter Rechtsbegriffe führt zu einem hohen Grad an Unpraktikabilität in der Umsetzung, die die gesetzgeberische Zielsetzung in Frage stellt 15 . Kritisch zu hinterfragen ist auch, dass die gleichen umfassenden Anforderungsprofile für die Produktberatung bei Kontokorrentkrediten (in der Regel drei Nettomonatseinkommen) und Baudarlehen (durchschnittliche Valutierung derzeit 172.000 €) zur Anwendung kommen. Die finale Ausgestaltung der Details und Inhalte befinden sich deshalb gleichfalls im Abstimmungsmodus der Bundesregierung mit der Folge, dass einige überzogene Beratungsregeln entschlackt werden dürften. Absurdität 3: Beratungsregeln bringen Kundenextrapolation mit Blick in die Glaskugel Der Referentenentwurf (RefE) setzt neue weitreichende Standards an das Anforderungsprofil einer umfassenden Beratung, die „im 26 diebank 7.2015

BANKING ó 2 Offizielle Stellungnahmen zum Referentenentwurf (Auswahl) Organisation/Verband Abk. Datum Umfang Titel Schwerpunkt Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände AG SBV 19.02.2015 18 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 18.12.2014 Verbraucherschutzregelungen gegen Folgen einer Überschuldung durch Dispokredite Regelungen zu geduldeter Überziehungskredit Bankenfachverband bfach 13.02.2015 9 Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie Gegen Ausdehnung der strengen Vorgaben Wohnimmobilienkredite Vertragsabschlussverbot bei erheblichen Zweifeln auf Anwendungsbereiche Verbraucherkreditrichtlinie Bundesverband Deutscher Banken e.V. BdB 07.04.2015 9 BdB-Info Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht Kernregelungen des Gesetzespakets und voraussichtlich entstehende Anpassungsnotwendigkeiten Bundesfachverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. bvk 12.02.2015 6 Stellungnahme des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie Vorschläge zur Änderung der Gewerbeordnung durch Einführung § 34i GewO Problematik der Zuständigkeit Registrierung Forderung einheitliches Vermittlerregister Problematik Offenlegung Provisionen Deutscher Richterbund Februar 2015 10 Stellungnahme des Deutschen Richterbunds zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie Sprachliche und gesetzgebungstechnische Überarbeitung Überfrachtung der Handlungsanforderungen für bestimmte Beteiligte Klärung Begriffsdefinitionen Die Deutsche Kreditwirtschaft DK 13.02.2015 37 Stellungnahme Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie Ausschlussfrist für den Widerruf von Alt-Darlehen Sachgerechte Ausgestaltung der Widerrufsfrist für neu abgeschlossene Immobilien-Verbraucherdarlehen Keine Deckelung der Vorfälligkeitsentschädigung Begrenzung der zu weitgehenden Beratungs- und Dokumentationspflichten bei Überziehungskrediten Die Deutsche Kreditwirtschaft DK 7 Stellungnahme zu den Vorschlägen des vzbv zur Reform der Vorfälligkeitsentschädigung Änderung und Standardisierung der Berechnungsnachweise einer VFE Deckelung des Ausgleichs zum Schutz vor existenzgefährdenden VFE Umgestaltung der VFE zu einem beiderseitigen Vorfälligkeitsaustausch Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft 26 Stellungnahme des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft zum Referentenentwurf über ein Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie Keine Deckelung der Vorfälligkeitsentschädigung Aufsichtsrechtlicher Prüfungsmaßstab auch für Versicherer, § 505e Ausgestaltung der Widerrufsfrist für neue Immobiliendarlehen und Ausschlussfrist für den Widerruf von Altdarlehen 7.2015 diebank 27

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