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die bank 06 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT BANKVERTRIEB

MANAGEMENT BANKVERTRIEB DER ZUKUNFT Am Steuer sitzt der Bankkunde Die meisten Banken haben die Digitalisierung in allen Wertschöpfungsbereichen als Herausforderung erkannt und addressieren gezielt erforderliche Veränderungen. Laufende Projekte zeigen jedoch, dass meist die Kundenschnittstelle im Fokus steht. Besonders im Bankvertrieb bleibt die Entwicklung neuer Steuerungslogiken und -impulse häufig noch unberücksichtigt. Dies gefährdet den langfristigen Erfolg vieler Digitalisierungsinitiativen. Die im Folgenden dargestellten drei Erfolgsfaktoren für die digitale Steuerung des Bankvertriebs der Zukunft zeigen auf, wie verändertes Kundenverhalten in Form von Bedarfs- und Lebenszyklen in der digitalen Vertriebssteuerung abgebildet werden kann und wie dazu neue Datenhaushalte und Auswertungsmechanismen integriert werden können. Ziel ist es, Entscheidern aus kleinen, mittleren und großen Kreditinstituten wesentliche Bausteine aufzuzeigen, um den digitalen Bankvertrieb der Zukunft effektiv mit- und weiterentwickeln zu können. 1. Zielgerichtete Digitalisierung der (Vertriebs-) Steuerung Die aktive und potenzialorientierte Steuerung des Vertriebs wird auch im digitalen Zeitalter ein wesentlicher Ergebnistreiber für Banken bleiben. Die Grundprinzipien werden sich jedoch grundlegend verändern. Während bisher eine Messung des Vertriebserfolgs periodenbasiert auf Basis von Geschäftsjahren erfolgt, ermöglicht die Digitalisierung durch die Anbindung vielfältiger neuer Datenquellen dynamische Datenmodelle. Die Funktion der Vertriebssteuerung wird um neue Kompetenzen und durch die Verantwortung zur Governance erweitert. Die neuen Kompetenzfelder werden mit Spezialisten für Datenanalysen eigenständig besetzt. Neben der Änderung von Prozessen liegt der Fokus für die zielgerichtete Digitalisierung der Vertriebssteuerung also insbesondere in der Weiterentwicklung von Kompetenzen und einer Veränderung im Rollenverständnis. Prozesseffizienz Um Effizienzsteigerungen zu realisieren, erfolgt die Analyse der Steuerungsprozesse anhand eines Bewertungsrasters. Veraltete, komplexe Steuerungsprozesse weichen transparenten Vorgehensweisen, die digital abgebildet werden. Hierbei wird verstärkt auf ein schlankes Design mit möglichst wenigen Arbeitsschritten und hohem Automatisierungsgrad geachtet. Immer wichtiger wird eine klare Entscheidungslogik als Basis für transparente Steuerungsimpulse, auch für eine zukünftige Automatisierung, zum Beispiel mithilfe von RPA (Robotic Process Automation). Konsistente Entscheidungsregeln innerhalb der Bank sorgen für einheitliches Verständnis der resultierenden Informationen über Abteilungen und Bereiche hinweg. Ein standardisiertes Prozessdesign wird zukünftig die Grundlage für alle Steuerungsprozesse bilden, um eine skalierbare Lösung für die gesamte Bank bereitzustellen. Datenverfügbarkeit und -verknüpfung Die Identifikation und Bereitstellung von Datenquellen stellt für viele Finanzinstitute eine Herausforderung dar. Vorhandene Daten müssen zukünftig besser mit den verwertenden Funktionen verknüpft werden, um steuerungsrelevante Entscheidungen automatisieren zu können. Digitale (Vertriebs-) Steuerung bedarf einer soliden Datengrundlage, um sowohl schnell als auch umfassend zu funktionieren. Zu diesem Zweck müssen vorhandene IT- Applikationen mithilfe von APIs miteinander verbunden werden und zentrale Datenspeicher und -verarbeitungsplattformen geschaffen werden. Um das volle Datenpotenzial auch im Vertrieb nutzen zu können, werden Banken ihre Kundenansprachen auf neue rechtliche Grundlagen umstellen. Eine Anpassung der AGB und die Berücksichtigung regulatorischer Anforderungen zum Datenschutz werden dabei zentrale Herausforderungen sein. Verändertes Selbstverständnis Der ehemals reaktiv-analytische verschiebt sich zugunsten eines proaktiv-prognostizierenden Fokus. Fortschritte im maschinellen Lernen und die stetig steigende Verfügbarkeit von Daten ermöglichen die Erstellung von Prognosen. Auslastungen und Bedarfe können vorhergesagt werden und in den Planungsprozess einfließen. Entscheider im Bankvertrieb werden sensibilisiert für den Wert von Daten und den damit verbundenen Möglichkeiten zur proaktiven Kundenansprache. Darüber hinaus wird das Multikanal-, Multi-Device- und ortsunabhängige Kaufverhalten der Kunden in den Steuerungssystemen abgebildet. Der Gesamtbedarf der Kunden wird in Customer Journeys abgebildet und ein digitales Pendant in den Systemen hinterlegt. Darauf resultierend wird der Customer Lifetime Value anhand interner Benchmarks gesteuert, und neue Vertriebshinweise, die sich an Kaufverhalten und Lebenszyklus orientieren, werden gesetzt. Neue digitale Kompetenzen und die Anwendung agiler Arbeitsweisen werden auch für die Vertriebssteuerung immer wichtiger. Datenanalytik wird als eigenständiger Kompetenzbereich ausgeprägt und verankert. Change-Management-Maßnahmen und eine klare Kommunikation des digitalen Zielbilds sind dabei notwendige Instrumente zur Etablierung. 26 06 // 2018

MANAGEMENT 2. Strategische (Vertriebs-) Steuerung der Digitalisierung In gegenwärtigen Steuerungssystemen realisieren Banken eine Produkt- bzw. Einzelserviceorientierung, statt den Gesamtbedarf des Kunden in den Fokus zu nehmen. Das ist kon trär zu neu entwickelten Vertriebsstrategien, die das digitale Verhalten des Endkunden antizipieren wollen. Zukünftig werden die zur Planung definierten Kundenbedarfe („Customer Journey“) und Analysen zum Kundenlebenszyklus stärker als Steuerungspunkte eingesetzt. Neue Messgrößen, wie Abwanderungswahrscheinlichkeit oder Preisbereitschaften, sind ableitbar und werden zur Steigerung des Vertriebserfolgs eingesetzt. In den künftigen strategischen Steuerungssystemen, welche acht, ineinandergreifende Einzelbausteine umfassen, wird das digitale Verhalten des Kunden zentral abgebildet. Die strategische Zielsetzung und Positionierung beinhaltet strategische Ziele und KPIs für die jeweilige Bank, welche für einen Zeitrahmen von drei bis fünf Jahren herausgearbeitet werden. Beeinflusst werden diese durch die Steuerungsphilosophie, -dimensionen und -größen sowie Kennzahlen und Treibermodelle. Das Steuerungsmodell muss klassische Dimensionen wie Bereiche und Kunden abdecken, aber auch die Customer Journey und integrierte Treibermodelle berücksichtigen (z. B. im Forecast-Prozess). Sowohl in der Topdown- als auch der Bottom-up-Planung werden Steuerungsfelder auf Abteilungs- und operativer Ebene auf Basis der definierten Treiberlogik festgelegt. Die zugehörige Erfolgsmessung erfolgt über ein KPI-Set auf strategischer Ebene im Plan-Ist-Vergleich (PIV) und auf operativer Ebene über den PIV sowie Quervergleich der Einzelaktivitäten. Die unterjährige Steuerung findet somit auf strategischer Ebene quartalsweise und auf operativer Ebene anlassbezogen statt. Im Reporting wird über ein durchgängiges Berichtswesen im Management-Cockpit die strategische Zielerreichung dargestellt und mit Drilldowns die Einzelsteuerung getriggert. Die 06 // 2018 27

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