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die bank 06 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT Gestatten,

MANAGEMENT Gestatten, Pepper! Die roboterverliebten Japaner sind schon einen Schritt weiter als die Deutschen. So setzt die Mizuho Bank in ihrer Hauptfiliale in Tokio bereits seit 2015 den menschenähnlichen Roboter Pepper ein, der hierzulande vor allem Besuchern von Messen wie der CeBit bekannt ist. Der humanoide Helfer ist 1,20 Meter groß, wiegt 28 Kilogramm und fährt auf drei Rädern. In seinem Kopf hat er zwei herkömmliche Kameras, eine 3D-Kamera und vier Mikrofone. Damit analysiert er Wortwahl, Tonfall, Gestik und Mimik seines Gegenübers und kann so dessen Stimmung erkennen und darauf reagieren. Pepper versorgt die Besucher mit Basisinformationen zu Bankprodukten und unterhält sie mit Spielen und Multimedia. So sollen sich die Angestellten besser auf die Beratung konzentrieren können. Neue Technologien wie Cognitive Computing, also selbstlernende IT- Systeme, würden der Bank helfen, den Kundenservice zu verbessern und Innovationen zu treiben, sagte Mizuho-CEO Nobuhide Hayashi beim Start des Projekts. Vor der Mizuho Bank hatte auch schon die Mitsubishi UFJ Financial Group einen gleichfalls von der japanischen Firma Softbank entwickelten Roboter in ihren Filialen eingesetzt. finanzierung komplett digitalisiert, Anfang 2018 folge das Wertpapiergeschäft, kündigt der Banker an. Die Direktbank-Tochter comdirect will noch im zweiten Quartal mit einem digitalen Assetmanagement an den Start gehen. Perspektivisch solle dieser Service auch in der Commerzbank angeboten werden, sagt Ole Franke, Leiter Direct Banking Privat- und Unternehmerkunden (siehe Interview). Bei der Deutschen Bank soll ein neuer Robo-Advisor, Nachfolger des „Anlagefinders“, noch im Sommer 2017 auf der Online-Investment- Plattform Maxblue live gehen und sich damit eher an erfahrene Anleger richten. Der Roboter stellt das Portfolio zusammen, überwacht es und passt es regelmäßig an die veränderte Risikolage am Markt an. Wie anfangs die Direktbanken wurde auch die digitale Vermögensverwaltung von der Branche lange skeptisch bewertet. Doch offenbar sind die Kunden erstaunlich offen für die computergestützte Beratung: 61 Prozent der von Accenture Anfang 2017 befragten Deutschen gaben an, dass sie bei der Kapitalanlage einen Robo Advisor nutzen würden. Knapp 40 Prozent versprechen sich davon einen schnelleren und günstigeren Service. Gut ein Viertel hält Computer bzw. Künstliche Intelligenz für objektiver und analytischer als den Menschen. Betina Wunderlich, bei der Unternehmensberatung für Vertrieb und Bank-Marketing zuständig, beobachtet allerdings auch, dass Verbraucher weiterhin menschliche Interaktion erwarten. Fast zwei Drittel der Befragten wünschten sich bei Finanzdienstleistungen, etwa bei Beschwerden oder bei komplexen Produkten wie Hypotheken, persönlichen Kontakt. Für die Expertin steht deshalb fest, dass Finanzdienstleister eine „phygitale“ Strategie benötigen. Diese sollte physische und digitale Ressourcen je nach Kundenwunsch flexibel kombinieren und Technologie, Filialnetz und Mitarbeiter nahtlos miteinander verzahnen. Da im Zug der MiFID-II-Verordnung persönliche Beratung nur noch bei sehr hohen Anlagesummen kostendeckend sei, könnten die Banken mit der automatisierten Beratung Roboter und menschliche Dienstleistungen verbinden. Commerzbanker Mandels Credo lautet ebenfalls: „Die Zukunft wird persönlich und digital.“ Aber auch das ist keine leichte Aufgabe, wie der Besuch im Quartier der Zukunft der Deutschen Bank beweist. Wo denn der Geldautomat sei, will ein Besucher am Empfang wissen. Die Maschine ist nämlich etwas unscheinbar in einem kleinen separaten Raum am Seiteneingang untergebracht worden. Nach dem Geldabheben wirkt der Mann erneut verloren. Jetzt sucht er den Überweisungsautomaten – den es hier aber gar nicht mehr gibt. Er solle doch bitte, so empfiehlt Leiterin Chucher, in die Filiale gehen. Dort werde ihm geholfen. Leicht genervt gibt der Kunde auf. Autorin: Eli Hamacher. 32 06 // 2017

MANAGEMENT Was Kunden sagen Nicolas Nonnenmacher (links) nutzte Mitte März eine Geschäftsreise in die Hauptstadt, um das Quartier Zukunft der Deutschen Bank kennenzulernen. Der freundliche Empfang und die innovative Gestaltung haben ihn positiv überrascht. Zuhause in Frankfurt muss er sich in seiner Filiale mit deutlich weniger Flair zufriedengeben. Das spielt für den Executive Director der Deutsche Börse AG allerdings keine entscheidende Rolle. „Am wichtigsten ist für mich eine sehr gute Beratung“, sagt der 38-Jährige, der jeden Samstag in die Bank geht, um Geld abzuheben und dann oftmals auch die Gelegenheit nutzt, um komplexere Themen wie Immobilienkredite oder Vermögensanlage vor Ort mit einem Mitarbeiter zu besprechen, den er schon länger kennt und dem er vertraut. Der Finanzexperte legt Wert auf den persönlichen Kontakt. Wenn ein Fachmann per Video zugeschaltet würde, hätte er damit jedoch kein Problem. Die Begrüßung und erste Informationen durch einen Roboter hält er hingegen für keine nachahmenswerte Idee. Angebote wie das Café im Quartier der Zukunft empfindet der Geisteswissenschaftler zwar als „nice to have“, aber nicht entscheidend. „Ich gehe ja nicht zur Bank, um Kaffee zu trinken.“ Anders sieht das schon bei der Kinderbetreuung aus. Nonnenmacher hat eine dreijährige Tochter. Hätte er ein längeres Beratungsgespräch, würde er diesen kostenlosen Service gern in Anspruch nehmen. Jens Lauterbach (Mitte links) und Jan Berewinkel (Mitte rechts), beide Berater bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes Berlin sind als Gast in das Quartier der Zukunft gekommen. Im Gewächshaus, dem Co-Working Space der Bank, haben sie mit 13 Kollegen ihren mehrstündigen Jour Fixe abgehalten. Ihr Urteil fällt äußerst positiv aus. Modernste Technik mit White Boards, originelles Interieur mit grün bepflanzten Wänden und die Vollverglasung, die den Blick freigibt auf den gesamten Innenraum der Filiale, zählen sie zu den Highlights. An dem neuen Konzept schätzen sie die unerwartet große Experimentierfreude der Deutschen Bank. Verbinde man mit einer herkömmlichen Filiale Schalter, Schlange stehen und Automaten, finde man sich hier eher an einem spannenden Ort der Begegnung, sagt Lauterbach. Das Entrée erinnere ihn an Starbucks, das Interieur vermittle Start-up-Atmosphäre. Positiv bewertet der Projektmanager auch die unterschiedlichen Möglichkeiten, um mit den Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen, sei es für erste Informationen im Loungebereich oder für eine intensivere Unterhaltung in einem der abgeschlossenen Räume, deren große Scheiben je nach Bedarf „vernebelt“ werden können. Berewinkel würde sogar einen längeren Weg in Kauf nehmen, um sich in dieser „Wohlfühlatmosphäre“ beraten zu lassen. Jörg Kägebein (rechts) will neben seinem täglichen Online Banking auf den Besuch einer Filiale nicht verzichten. In der Commerzbank-Geschäftsstelle vis-à-vis der Gedächtniskirche bespricht der Geschäftsführer einer Immobilienmanagementfirma mit ihm langjährig vertrauten Beratern komplexere Themen. Angebote wie Kaffeebar, iPads und Medien tragen für ihn „zur gefühlten Verkürzung der Wartezeiten“ bei. Weniger attraktiv findet der Manager, dass die Bank am Empfang Nummern vergibt. „Das erinnert mich an Behörden-Wartezonen, in denen der Kunde letztlich das Gefühl hat, nur eine Nummer zu sein.“ Architektonisch ansprechende Filialen sind nach Meinung von Kägebein zwar einladend, aber für ihn seien nicht die Räumlichkeiten entscheidend, sondern die Personen in der Commerzbank. „Ein noch so nettes Gebäude nebst ansprechender Innenarchitektur kann nicht die Qualität der Berater ersetzen.“ Beratung per Video oder durch Roboter wäre ihm dann doch zu unpersönlich. Er bevorzuge das Gespräch mit einem „Lebendigen.“ Nicht jede Innovation und letztlich Personal einsparende Maßnahme sei auch für Kunden angenehm und förderlich. 06 // 2017 33

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