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die bank 06 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó FINANZMARKT fl Die Finanztransaktionssteuer wird die ihr zugeschriebene Steuerfunktion nicht erfüllen. Es ist zu befürchten, dass ihre Einführung zu großer Ernüchterung führen wird. Last falle vor allem auf direkte oder indirekte Eigentümer der gehandelten Finanzinstrumente. 3 Lebensversicherungen, Pensionsfonds, Investmentfonds, Staatsfonds und ähnliche Investitionen werden die Belastung durch die Verteuerung jeder einzelnen Portfolioumschichtung spüren und die Mehrkosten durch eine geringere Rendite kompensieren. Das würde vor allem die privaten Kleinanleger treffen. Schätzungen zufolge werden allein bei Lebensversicherungsverträgen die Einbußen höher sein, als die vom Staat verteilten Zulagen im Rahmen der Riester-Rente. 4 Steuerzahler werden zur Kasse gebeten Aber nicht nur die privaten Vorsorgesysteme werden einer erheblichen Belastung ausgesetzt. Das operative Geschäft privater Unternehmen wird signifikant eingeschränkt werden, da sich der Derivateeinsatz zur Absicherung von Wechselkurs-, Rohstoff- und Zinsrisiken verteuern wird. Zu berücksichtigen sind hierbei Kaskadeneffekte, da viele Transaktionen mehrstufig verlaufen und damit die Steuerbelastung weit über dem nominalen Steuersatz von 0,1 Prozent für Wertpapiere bzw. 0,01 Prozent für Derivate liegen dürfte. Fondsmanager, die zwecks Diversifikation transaktionsintensive Anlagestrategien verfolgen müssen, werden voraussichtlich von der Wucht der neuen Steuer empfindlich getroffen. Das gilt auch für alle Anleiheund Geldmarktfonds, die ihre Portfolien in kurzen Abständen umschichten. Letztendlich wird auch der Steuerzahler zur Kasse gebeten, da die Refinanzierungskosten von Bund, Ländern und Kommunen steigen. Hauptursachen der Wirtschafts- und Finanzkrise waren die ungezügelte Kreditvergabe durch Verbriefungen sowie die Überschuldung vieler Banken. Fakt ist: Die Steuer ist nicht geeignet, einer neuen Wirtschafts- und Finanzkrise vorzubeugen, da sie keinen Beitrag leistet, derartigen Entwicklungen vorzubeugen. Sie trifft in erster Linie Märkte für Aktien, Anleihen, Optionen und Futures, die zwar unter der Finanzkrise stark gelitten haben, aber für deren Ausbruch nicht verantwortlich waren. FTT erfüllt Steuerungsfunktion nicht Auch ist die FTT nicht in der Lage, wünschenswerte von nicht wünschenswerten Transaktionen zu unterscheiden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht das ähnlich. Die Steuer wird die ihr zugeschriebene Steuerungsfunktion nicht erfüllen. Die FTT ist vielmehr in erster Linie eine weitere Steuerquelle für die teilnehmenden Staaten – wobei nicht einmal sicher ist, ob die Steuer ihrer Finanzierungsfunktion nachhaltig gerecht werden kann. Wie das Beispiel Frankreich zeigt, werden Handelsvolumina in den teilnehmenden Mitgliedstaaten in den Werten, die von der Steuer betroffen sind, deutlich sinken. Hinzu kommt, dass ausbleibende Gewinne aus Finanzgeschäften zusätzlich zu steuerlichen Mindereinnahmen führen. Die Abwanderung hochqualifizierter Mitarbeiter bedeutet entsprechende Ausfälle in den sozialen Sicherungssystemen und bei der Einkommensteuer. Grundsätzlich ist zu befürchten, dass die Einführung der Finanztransaktionssteuer zu einer großen Ernüchterung führt. ó Autor: Dr. Vinzenz Bödeker, Rechtsanwalt bei Heuking Kühn Lüer Wojtek, ist auf das Bank- und Finanzrecht spezialisiert. 1 Eine Europäische Finanztransaktionssteuer, Einnahmen und Auswirkungen auf das deutsche BIP. 2 Eckpunkte Papier der Bundesregierung und Opposition zur Einführung der Finanztransaktionssteuer, Juni 2012. 3 „A large part of the burden would fall on direct or indirect owners of traded financial instruments.“ Executive Summary of Impact Analysis, Staff Working Paper, EU Commission, June 2011. 4 Finanztransaktionssteuer und Altersvorsorge – Wirkungen und Nebenwirkungen, Christoph Kaserer, 2013. 14 diebank 6.2015

FINANZMARKT ó Mutige preschen vor ROHSTOFF-FINANZIERUNG Banken sind im Rohstoffgeschäft zurückhaltender geworden. Seitdem Zweifel an der These vom anhaltenden Commodity-Superzyklus aufgetaucht sind, besinnen sich die Institute auf die in diesem Geschäft existierenden Risiken. Dabei sind es nicht zuletzt auch die auf Risikokontrolle hinauslaufenden Vorschriften von Basel II und Basel III sowie die ausgeprägte Talfahrt der Preise für Energie, Edel- und Buntmetalle und Agrarrohstoffe, die zu einer völlig veränderten Situation bei der Finanzierung des globalen Rohstoffgeschäfts geführt haben. Udo Rettberg Keywords: Geschäftsmodelle, Finanzierung, globaler Handel Zahlreiche Banken haben ihre Engagements bei der Rohstoff-Finanzierung zuletzt deutlich zurückgefahren. Das trifft vor allem die kleineren Akteure der Rohstoff-Szene sehr hart; denn sie verfügen kaum über die Möglichkeiten der Branchenriesen wie Trafigura, Cargill, Glencore oder der Minen-Giganten wie BHP- Billiton und Rio Tinto. Die Big Boys der Szene können bei ihrer Kreditsuche auf große Bankenkonsortien setzen und vertrauen. Kleinere Akteure haben diese Chance nur selten. Trotz generell rückläufiger Zinsen hat sich die Rohstoff-Finanzierung insgesamt leicht verteuert. Dies auch, weil die Bonität der Rohstoffbranche insgesamt stark gelitten hat. ” 1 Wie läuft die Rohstoff-Finanzierung durch Banken eigentlich ab? Die Finanzinstitute bieten Rohstoff-Unternehmen in der Regel ab einer gewissen Größenordnung maßgeschneiderte Finanzierungen an, die nicht unbedingt allein auf die Bonität der zu finanzierenden Gesellschaft abstellen. Banken finanzieren transaktionsbezogen die Erzeugung, Verarbeitung und den Handel von Commodities und richten sich dabei oft individuell an den zugrunde liegenden Warenströmen – also an den existierenden Lieferverträgen – aus. Sie setzen darauf, dass die Liquidität zur Rückführung der Kredite durch die Verkaufserlöse der Commodities generiert werden kann. Allerdings wissen sie, dass Preisschwankungen eine verlässliche Kalkulation der Verkaufserlöse erschweren können. Die Besicherung der Kredite erfolgt primär durch die Abtretung der Rechte aus dem Liefervertrag. Gerade für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland stellt die Versorgung der Wirtschaft mit Rohstoffen eine große Herausforderung dar. Mineralische Rohstoffe sind in Deutschland auf der einen Seite knapp, andererseits jedoch von grundlegender Bedeutung für die Produktionsprozesse und in diesem Kontext für die Leistungsfähigkeit der Unternehmen im globalen Wettbewerb. Der größte Teil der von der deutschen Wirtschaft eingesetzten Rohstoffe stammt aus dem Import. So verwundert es nicht, wenn Finanzierungen zur Rohstoff-Versorgungssicherheit ein fester Bestandteil des Kreditportfolios von staatlichen Banken wie der KfW sind. Banken auf dem Rückzug Auffallend ist, dass sich bisher in der Rohstoff-Finanzierung recht aktive deutsche und internationale Geschäftsbanken nun der bestehenden Risiken erinnern und sich in den vergangenen zwei Jahren wegen der Baisse der Rohstoffpreise aus diesem Geschäft zurückgezogen haben. Mutige und gut finanzierte Banken setzen dagegen aber bereits heute wieder auf eine Trendwende der Commodity-Preise und bauen diesen Geschäftsbereich entweder auf oder aus. Dort wo Banken als Rohstoff- Finanzierer ausfallen, springen alternative Finanzierer wie Versicherungen, Pensionskassen, Hedgefonds und andere institutionelle Investoren in die Bresche und versuchen, die Liquiditätslücke in der Rohstoff-Finanzierung zu schließen. Beobachter stellen sich jedoch besorgt die Frage, ob diese Akteure in der Commodity-Finanzierung möglicherweise die Risiken unterschätzen, weil ihnen detailliertes Wissen fehlt. Das zeigt sich gerade auch dort, wo private Anleger kleinere Explorationsunternehmen aus Kanada, den USA, Australien, Lateinamerika oder aus afrikanischen Ländern über Aktien-Emissionen Eigenkapital zur Verfügung stellen sollten. Während es bei der Eigenkapital- Finanzierung vor rund zehn Jahren kaum Probleme gab, sind private Anleger inzwischen sehr risikoscheu geworden. Grund: Die Aktienkurse zahlreicher kleiner Rohstoff-Unternehmen sind in den vergangenen Jahren um bis zu 90 Prozent gefallen. Die Rohstoffmärkte sind sowohl unter dem Aspekt der Finanzierung als auch mit Blick auf die Kapitalanlage ein sehr komplexes Gebilde. Gerade Banken haben in den vergangenen Dekaden diese leidvolle Erfahrung immer wieder machen müssen. Denn als die Riesen der Finanzindustrie vor mehr als 15 Jahren zunächst zögernd, dann jedoch mit Macht ins Rohstoffgeschäft einstiegen, hofften sie auf eine dauerhaft ertragreiche neue Geschäftsquelle. Damals war die Rede von einem neuen Rohstoff-Superzyklus. Und 6.2015 diebank 15

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