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die bank 05 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG

REGULIERUNG AUSLAGERUNGEN IM FINANZSEKTOR Was bei der Vertragsgestaltung zu beachten ist Auch für Unternehmen im Finanzsektor werden Auslagerungen (bzw. Outsourcings) von IT-Funktionen immer wichtiger. Schließlich versprechen sie im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung von Geschäftsprozessen große Effizienzsteigerungen. Gleichzeitig erfordern Auslagerungen jedoch eine gute Planung und eine kluge Umsetzung einschließlich zielgenau formulierter Auslagerungsverträge. Zu diesen besonders praxisrelevanten Themen gibt der folgende Beitrag einen Überblick. Durch die fortschreitende technische Entwicklung, die Ausdifferenzierung von Geschäftsmodellen und eine wachsende Anzahl der Angebote von spezialisierten Dienstleistern werden Outsourcings immer attraktiver. So hat mittlerweile etwa die Hälfte der Finanzinstitute ihre IT nahezu vollständig ausgelagert, während die andere Hälfte dies zumindest teilweise getan hat. Dazu hat nicht zuletzt der Siegeszug des Cloud Computings beigetragen. Vom traditionellen Outsourcing, das stark individualisiert auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten ist, unterscheidet sich die Auslagerung in die Cloud dadurch, dass hierbei standardisierte Lösungen angeboten werden, die dem Kunden „als Service“ zur Verfügung gestellt werden. Vorteile und Anwendungsfälle Auslagerungen einschließlich des Cloud Computings können für Finanzinstitute Mehrwert auf mehreren Ebenen schaffen. Die Einbeziehung spezialisierter Dienstleister ermöglicht in vielen Fällen sowohl Kostenersparnisse als auch Qualitätssteigerungen. Auslagernde Unternehmen verschaffen sich nämlich Zugang zu externem Spezialwissen und müssen daher nicht in gleichem Maß wie zuvor interne Expertise bereithalten. Dadurch können sie Prozesse beschleunigen und automatisieren, was sich gerade im IT-Bereich als großer Vorteil erweisen kann. Zudem bietet insbesondere das Cloud Computing grundsätzlich ein hohes Maß an Flexibilität und Skalierbarkeit. Im Übrigen sind Auslagerungen für Unternehmen des Finanzsektors besonders attraktiv. Nicht nur steht die Branche unter starkem Kostendruck. Auch hat sich in den letzten Jahren ein Ökosystem von FinTechs entwickelt, die etablierten Marktteilnehmern innovative Lösungen anbieten. Bei der Auslagerung in die Cloud kann grob differenziert werden zwischen der Bereitstellung von Software (Software as a Service, SaaS), der Bereitstellung von Entwicklerplattformen (Platform as a Service, PaaS) sowie der Bereitstellung von Rechenleistung und Speicherplatz (Infrastructure as a Service, IaaS). Typische konkrete Anwendungsfälle der Auslagerung sind für Finanzinstitute neben der Entwicklung, Bereitstellung und Wartung von Software auch die Bereitstellung und der Betrieb von Hardware sowie einzelne Funktionen wie interne Revision, Compliance, Rechtsabteilung, Sales und Kundenbetreuung. Herausforderungen der Auslagerung Obwohl sich mit Auslagerungen mitunter auch Verbesserungen der IT-Sicherheit erzielen lassen, unterliegen Dienstleister ebenfalls einer zunehmenden Bedrohung durch Cyber-Angriffe. Auch dies ist ein Grund dafür, dass Kunden ihre Dienstleister sorgfältig auswählen sollten. Weitere Herausforderungen können sich ergeben, wenn Kunden erhöhte Erfordernisse etwa an Vertraulichkeit und operative Robustheit stellen. So sollten Kunden sicherstellen, dass sensitive Daten ausreichend geschützt sind und die Fähigkeit zur Geschäftsfortführung in jedem Fall gewährleistet wird. Gleichermaßen sollten Kunden bedenken, dass Auslagerungen zu Abhängigkeiten führen können sowie die wirksame Aufsicht durch den Kunden selbst und durch Aufsichtsbehörden erschweren können. Darüber hinaus kann es zu besonderen Schwierigkei- 32 05 // 2021

REGULIERUNG ten kommen, wenn der Dienstleister seinerseits auf Sub-Dienstleister zurückgreift, und wenn Dienstleister oder Sub-Dienstleister nicht in der EU ansässig sind. 1 Auslagerungsprozess Hat sich ein Unternehmen zur Auslagerung entschlossen, sollte der Prozess sorgfältig geplant und umgesetzt werden, um sowohl die großen Chancen der Auslagerung zu nutzen als auch die Risiken möglichst zu minimieren. Der Auslagerungsprozess lässt sich vereinfacht in vier verschiedene Phasen unterteilen. In der ersten Phase wird das Projekt geplant. Auf Projektdefinition und Risiko-Analyse folgt eine Vorauswahl geeigneter Dienstleister und deren Due Diligence. In der zweiten Phase wird der Auslagerungsvertrag im Idealfall parallel mit den vielversprechendsten Dienstleistern verhandelt. Wichtig dabei sind ein strategisches Vorgehen und die Aufnahme der erforderlichen Vertragsinhalte einschließlich der Definition der erforderlichen Service Levels. Mit dem Vertragsabschluss beginnt die dritte Phase. Die Leistungen werden auf den Dienstleister überführt (Transition) und ggf. weiterentwickelt (Transformation). Zu der sich anschließenden eigentlichen Leistungserbringung gehört für den Kunden die Kontrolle der Service Levels und das Monitoring der sonstigen Vertragspflichten. In der vierten Phase wird der Vertrag beendet. Dies beinhaltet die Wiedereingliederung oder die Übertragung der ausgelagerten Funktion auf Dritte. Zu achten ist dabei insbesondere auf die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs. Durchsetzbare Leistungserbringung Im Folgenden wird dieser Artikel einen Überblick über die wichtigsten operativen und wirtschaftlichen Anforderungen geben, die im Rahmen der Gestaltung und Verhandlung von Auslagerungsverträgen von Bedeutung sind. Inwiefern ein Finanzinstitut die geschilderten Anforderungen allerdings in der Praxis in einem Auslagerungsvertrag durchsetzen kann, hängt einerseits wesentlich von der Verhandlungsmacht des Instituts, andererseits vom Modell des Outsourcings ab: Während die Vertragsdokumente beim „klassischen“ Outsourcing häufig vom Kunden vorgegeben werden können, geht das standardisierte Cloud-Geschäft zumeist auch mit Musterverträgen des Anbieters einher, die üblicherweise nur in geringem Umfang verhandelbar sind. Inhaltlich bedarf ein kundenfreundlicher Auslagerungsvertrag zunächst einer sehr genauen Leistungsbeschreibung. Die genaue und möglichst umfassende Beschreibung der quantitativen und qualitativen Leistungsziele ist Grundlage des Leistungsverlangens und entscheidende Weichenstellung für mögliche Gewährleistungs- und Haftungsansprüche. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang neben der umfassenden vertraglichen Ausgestaltung von Transition und Transformationen die Service Levels, weil sie die Parameter für die Leistungsmessung (etwa Verfügbarkeit und Reaktionszeiten) sowie einen Hebel zur Objektivierung tätigkeitsbezogener Leistungen darstellen. Gut formulierte Regelungen zu den Service Levels enthalten Reporting-Pflichten, Pönalen bei Nichterreichung sowie Kündigungsrechte und incentivieren dadurch den Dienstleister. Ferner ist bei der Regelung von Gewährleistungsrechten zu beachten, dass die Vertragstypologie von Outsourcing-Verträgen häufig nicht eindeutig ist. Umso wichtiger ist die eindeutige Regelung zur Sach- und Rechtsmängelgewährleistung. Im Übrigen finden sich im Auslagerungsvertrag Regelungen zur Freistellung und zur Haftung. Hinsichtlich beider Punkte besteht viel Verhandlungsspielraum. Im Rahmen der Freistellung ist etwa auf eine verschuldensunabhängige Regelung hinzuwirken und hinsichtlich der Haftung sollten Begrenzungen von Schadensersatzansprüchen vermieden werden. In der Praxis stellen sich insbesondere die Höhe summenmäßiger Begrenzungen (Caps) und mögliche Ausnahmen der Caps als wesentliche Streitpunkte heraus. 05 // 2021 33

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