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die bank 05 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT folgend für

MANAGEMENT folgend für jedes Umweltziel der Verordnung und jede dort abgebildete Branche entsprechende Ketten vom Treiber bis hin zur Metrik gebildet werden. Sofern für einzelne Metriken Referenzwerte definiert werden, lassen sich damit bereits Aussagen zur Nachhaltigkeit und der Nachhaltigkeitsentwicklung einzelner Branchen oder Unternehmen ableiten. Ein Vergleich zwischen verschiedenen Branchen ist an dieser Stelle jedoch nicht möglich, da der Nenner in den zu erfassenden Metriken variiert: Gramm CO2 pro Tonne Aluminium oder Energieaufwand pro beheiztem Quadratmeter sind nicht direkt vergleichbar. Schritt 3: Schaffung einer Einheitsbasis Um eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Metriken herzustellen, gilt es auf Ebene des Zählers wie auch des Nenners zu vereinheitlichen. Beim Zähler (der Tonne CO2, dem verbrauchten Strom oder dem Liter Wasserverbrauch) lässt sich über eine Umrechnung in CO2-Äquivalente eine Einheitlichkeit schaffen. Anstelle der verschiedenen Nenner (Tonnen Aluminium, beheizte Wohnfläche oder erzeugte Strommenge) tritt die mit der Leistung verbundene Wertschöpfung. Diese entspricht jenem Wert (in entsprechender Währung), den Unternehmer, Staat, Fremdkapitalgeber sowie Mitarbeiter erhalten. Es wird das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) ergänzt um die Lohnzahlungen (inkl. Lohnnebenkosten) vorgeschlagen. 1 Diese Basis lässt sich, bei Betrachtung einer kompletten Volkswirtschaft, weitestgehend hin zum Bruttoinlandsprodukt aggregieren. Es entsteht also eine lückenfreie Betrachtung. Zu beachten ist eine gleichbleibende Bilanzierungslogik, bspw. gemäß HGB oder IFRS – im Fall von Abweichungen sind Überleitungen zu schaffen oder gewisse Unschärfen in Kauf zu nehmen. Im Ergebnis werden alle erhobenen Metriken in CO2-Äquivalente pro Wertschöpfung umgerechnet. Nun lässt sich über Klimaziele, Branchen und Portfolien hinweg vergleichen. Dies zur Grundlage nehmend lassen sich Risiken und Nachhaltigkeit vergleichend bewerten. Weiterhin ist nun auch übergreifend eine Additivität gegeben. Die Abbildung ÿ 1 zeigt dies im Überblick. Schritt 4: Nachhaltigkeitsbewertung Zur Bewertung der Nachhaltigkeit wird geprüft, ob Klimaziele dann eingehalten werden, wenn „alle“ analog der betrachteten Einheit zu den Klimazielen beitragen würden. Das Ergebnis dieser Prüfung hilft ungemein, wenn man die Nachhaltigkeit von Unternehmen oder Geschäftsaktivitäten bewerten möchte: Kennt man die vorhin besagte Wertschöpfung sowie die CO2-Äquivalente, so kann man diese von einem Unternehmen auf die gesamte Weltwirtschaft hochrechnen: „Was wäre, wenn pro Euro Wertschöpfung so viel CO2-Äquivalente entstünden, und das bei jedem Unternehmen wie in diesem Fall?“. Vergleicht man dies mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens, wird klar, ob diese sich so erfüllen lassen und in welchem Maß diese überoder unterschritten würden. Die resultierende Abweichung kann als Gradmesser für die Bewertung der Nachhaltigkeit herangezogen werden. 1 Zu beachten ist eine einheitliche Betrachtung: Das Pariser Klimaabkommen zielt auf Treibhausgasemissionen alleine ab. Sofern man also nicht nur die Treibhausgasemission in die Betrachtung des Engagements einbezogen hat, sollte mit einem modifizierten Ziel verglichen werden, d. h. mit einem Zielwert, der auch CO2-Äquivalente für die übrigen Klima- und Umweltziele beinhaltet. Schritt 5: Risikobewertung – der Preis des CO 2 als Schlüssel Ein gängiger Ansatz in der Volkswirtschaftslehre zur Bewertung von Externalitäten, die hier aus dem Verstoß gegen Klimaziele resultieren, ist die sogenannte Pigou-Steuer. Der gleichnamige Ökonom postulierte die Idee, die externen Effekte, die zwar nicht eine Unternehmung, aber Gesellschaft oder Umwelt betreffen, über eine Besteuerung zu bepreisen, sodass die Kosten für Gesellschaft und Umwelt vom Verursacher getragen werden bzw. in der Anreizwirkung für diesen zu berücksichtigen sind. 26 05 // 2021

MANAGEMENT Bezüglich der Treibhausgasemission ist die CO2-Steuer, die in Deutschland in 2021 mit 25 Euro pro Tonne eingeführt worden ist, ein erster Gradmesser. Leitet man eine Preisabsatzfunktion zwischen dieser Steuer und der Treibhausgasemission her, so lässt sich der Zielpfad des Pariser Klimaabkommens auch in einen Preispfad für Kohlendioxid übersetzen. Unter Einbezug sonstiger Umwelt- und Klimaziele lässt sich insgesamt ein Preispfad für CO2- Äquivalente ableiten. Verbindet man nun die resultierenden Preise für CO2-Äquivalente mit dem derzeitigen Aufkommen einer zu bewertenden Geschäftsaktivität (bzw. Engagements oder Portfolios), so lassen sich zukünftige Belastungen durch ansteigende Preise ermitteln. Diese münden direkt in der zukünftigen Ergebnisrechnung bzw. Gewinn- und Verlustrechnung. Damit ist eine Betrachtung mit und ohne Effekt der CO2-Äquivalente ermöglicht. Transitorische Risiken sind über deren Preis für Gesellschaft und Umwelt nun greifbar in einem zukünftigen möglichen Effekt auf das Geschäftsergebnis. Ob dieser sich materialisiert, hängt vom Konsumentenverhalten, technologisch induziertem Substitutionsdruck oder Änderungen im politisch bzw. rechtlichen Rahmen ab. Schritt 6: Anwendung – Szenario-Analyse, Stresstest, Pricing & Steuerung Für Geschäftsaktivitäten, Engagements und Portfolios ist nun ein Wirkmechanismus formuliert, der von den Indikatoren bis hin zu einer direkt zu erwartenden Ergebnisbelastung führt. Anhand dieser lässt sich der Beitrag zur Ausfallwahrscheinlichkeit (im Vergleich mit und ohne Belastung des Ergebnisses) ermitteln. Weiterhin kann der Wirkmechanismus zum Stresstesting oder für Szenario-Analysen genutzt werden. Beispielsweise über die Anpassung von Zielwerten oder die Einführung von Gewichtungsfaktoren an verschiedenen Stellschrauben. Zu Zwecken der Steuerung lässt der Modellvorschlag auch eine Differenzierung des Beitrags verschiedener Indikatoren zu. So lässt sich die Nachhaltigkeit differenziert bspw. nach Treibhausgasemission und Abfallproduktion bewerten. Vergleiche innerhalb von Branchen sind nun genauso wie auch über diese hinweg möglich. Autoren FAZIT Der vorgestellte Modell- und Rahmenwerkvorschlag lässt sich mit diversen aktuellen Trends in der Forschung und Aufsicht von Nachhaltigkeit sowie klima- und umweltbedingter Risiken verbinden. So zahlt die zunehmende Ermittlung von CO 2 -Umrechungen verschiedener Indikatoren direkt auf die Anwendbarkeit des Modells ein. Auch die verschiedenen Szenarien im Rahmen der Aufsicht lassen sich in das Rahmenwerk einbeziehen und dort anwenden. Durch die Anwendung der EU-Taxonomie-Verordnung ist eine Datenverfügbarkeit der Metriken der Indikatoren bald gegeben. Mithilfe des Modell- und Rahmenwerkvorschlags lässt sich zukünftig eine Transparenz mit Blick auf die Nachhaltigkeit schaffen und ein steuernder Beitrag der Finanzindustrie hin zu einer grüneren Welt wird ermöglicht. Dr. Andreas Hammerschmidt (links) und Florian Seemann (rechts) sind Mitarbeiter im Bereich Risikocontrolling der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale. Sie sind tätig in der Überwachung sowie dem Reporting nicht-finanzieller Risiken. Ihre Aufgaben beinhalten zudem das Themengebiet ESG im Risikomanagement. Die hier dargestellten Inhalte spiegeln die Sichtweise der Verfasser wider und sind nicht notwendigerweise deckungsgleich mit der Position der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale. 05 // 2021 27

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