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die bank 05 // 2019

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT

MANAGEMENT BANKEN-STRATEGIE Erfolgreich sein in der Nische In weniger als zwölf Jahren werden 80 Prozent der Banken verschwunden sein, lautet eine düstere Prognose 1 des Marktforschungsinstituts Gartner. Das liegt u. a. daran, dass viele Institute die Chance verpassen, ihre Geschäftsmodelle zu transformieren. Wirtschaftlich stehen Banken mit Spezial- Know-how heute schon am besten da. Die deutsche Automobilindustrie setzt rund 430 Mrd. € pro Jahr um, davon gut ein Drittel mit Angeboten im Inland. Fast alle großen Hersteller haben eigene Banken gegründet, damit Kunden und Firmen leichter neue Autos leasen oder finanzieren können. Dieses Geschäft ist zumindest derzeit noch sehr lukrativ und erreicht mit insgesamt 130 Mrd. € eine ähnlich hohe Bilanzsumme wie die Postbank oder die kriselnde Norddeutsche Landesbank. 5,6 Mrd. € verbuchten die Autobanken zuletzt als Ertrag. Noch bessere Zahlen weisen Privatbanken aus, die sich bewusst auf ein bestimmtes Geschäft beschränken oder auf eine Zielgruppe, die das Institut besonders gut versteht. Dazu gehört beispielsweise die ABK Allgemeine Beamtenbank. Von jedem Euro Ertrag, den die etwas mehr als 80 Mitarbeiter erwirtschaften, bleiben 41 Cent als Gewinn vor Verwendung übrig. Zum Vergleich: Bei der Commerzbank springen inzwischen weniger als 15 Cent raus. Die Deutsche Bank kommt gerade noch auf 6 Cent, im vierten Quartal 2018 hat das Geldhaus seine Kosten schon nicht mehr verdient. Bei der ABK dagegen sprudeln die Gewinne. Mit einfachen Produkten wendet sich das Institut vor allem an Beamte sowie Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst. Die Kunden können Kredite aufnehmen, Immobilien finanzieren lassen und klassische Passiv- Anlagen nutzen. Alle Angebote stehen online bereit und können auch digital abgeschlossen werden. So kommt das Institut (2016) auf eine Bilanzsumme von rund 630 Mio. € und eine Rentabilität von mehr als drei Prozent. Um einen Euro zu verdienen, müssen ABK-Kunden also nur rund 33 € einbringen. Der Süd-West-Kreditbank (SWK) reichen sogar schon 24 €, damit die Kasse stimmt. Weil die Bank zudem sehr kostenbewusst arbeitet, stehen für jeden Euro Ertrag 63 Cent Gewinn in den Büchern. Das 1959 gegründete Institut bietet Festgelder und Kredite an, die online abgeschlossen werden. Innerhalb von 30 Sekunden soll bereits über einen Kreditantrag entschieden werden. Was die wirtschaftliche Kraft dieses Geschäftsmodells angeht, landet die SWK damit deutschlandweit in den Top 20. Wie Banken ihr Geschäft drehen Privatbanken mischen auch ganz vorne mit, wenn es darum geht, sich neu zu erfinden. Die Hanseatic Bank aus Hamburg etwa war lange Zeit bei Zinsjägern beliebt. Wer sein Geld bei der 1969 vom Otto-Konzern gegründeten Bank eingezahlt hat, konnte sich über üppige Erträge freuen. Doch die von EZB-Chef Mario Draghi seit der Finanzkrise immer weiter abgesenkten Leitzinsen ließen das Geschäft erodieren. Heute kümmern sich die Hanseaten zusätzlich um Kredite und Versicherungen für Verbraucher sowie Factoring. Ein Blick in die Bilanz offenbart, wie profitabel die Hanseatic Bank inzwischen arbeitet. Rund 250 Mitarbeiter verdienen 60 Cent für jeden Euro, den sie am Markt einsammeln, und bewegen insgesamt 2,6 Mrd. €. Von dieser Bilanzsumme bleiben mehr als sechs Prozent als Ertrag übrig. Und während die Sparkassen gerade erst verkündet haben, dass sie noch in diesem Jahr mit Apple Pay starten wollen, können Kunden der Hanseatic Bank diesen Dienst heute schon kostenfrei nutzen. Gut aufgestellt sind auch Deutschlands älteste Privatbank, Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG in Hamburg, oder das Bankhaus Martin in Göppingen. Berenberg entspringt einem bereits 1590 gegründeten Handelshaus. Die Bank spricht vermögende Privat- und Firmenkunden an. Provisionen spielen inzwischen eine große Rolle bei den Einnahmen. Mehr als 340 Mio. € hat das Institut zuletzt 2017 auf diese Weise erlöst und damit ein Plus von 35 Prozent erzielt. Mit den 4,7 Mrd. € an verwalteten Geldern erwirtschaftet die Bank gut 11 Prozent Rendite. Das kleinere Bankhaus Gebr. Martin AG rentiert mit 3,2 Prozent bei einer Bilanzsumme von rund 220 Mio. €. Weil das 1900 als klassisches Bankhaus gegründete Institut nur 41 Cent braucht, um einen Euro zu verdienen, steht unter dem Strich ein dickes Plus. Seit dem Zweiten Weltkrieg engagiert sich die Bank im Auslandsgeschäft und seit den 1980- er Jahren auch im Geschäft mit Wertpapieren. Mittelständler nutzen dieses Wissen jetzt, wenn sie an die Börse wollen. Kunden das Leben erleichtern Jede dieser Banken steht für Leistungen, die Kunden auf den ersten Blick verstehen. Eingängige Angebote stehen für Verbraucher ganz oben auf dem Wunschzettel, wenn sie sich entscheiden, zu einer Bank zu gehen. Je besser die Institute darüber informieren, was sie leisten, desto zufriedener sind die Kunden. Das beherzigen auch viele FinTechs, die zum Angriff auf die Finanzbranche blasen. Geld zu überweisen, erschien vielen der neuen Anbieter beispielsweise als zu kompliziert. Darum sind im Zahlungsverkehr besonders schnell und zahlreich digitale Konkurrenten entstanden. 32 05 // 2019

MANAGEMENT N26 oder der DAX-Aufsteiger Wirecard gehören zu den bekanntesten Beispielen aus Deutschland, die im Zahlungsverkehr groß geworden sind. Bis 2016 die eigene Banklizenz kam, hat N26 die technische Infrastruktur von Wirecard genutzt, um Kunden auf dem Smartphone ein möglichst einfaches Banking zu ermöglichen. Zwar wird N26 deshalb häufig auch als Smartphone-Bank bezeichnet, doch selbst positioniert sich das Unternehmen schlicht als mobile Bank. Jeder Dritte kann sich inzwischen vorstellen, ein Girokonto mithilfe des Smartphones zu eröffnen. Die Idee dürfte also schon bald Nachahmer finden. N26 ist jedoch schon weiter. Um das Gefühl, mobil und damit unabhängig zu sein, weiter zu stärken, geht die Bank immer mehr Kooperationen ein. Die Kunden können Geld auch in anderen Währungen als Euro überweisen. N26 arbeitet dafür mit Transferwise zusammen. Kredite lassen sich über Auxmoney abschließen und Versicherungen mit Clark vergleichen. Die Berliner ziehen mit diesem Angebot Kunden an, die digital affin und räumlich ungebunden sind. Wenn sich die Lebensumstände ändern, steht die Bank mit ihren Zusatzdiensten bereit. Mit dem Start-up Coya ist bereits der nächste potenzielle Partner für N26 zur Stelle: Kunden können hier online ihren Hausrat versichern und dürfen täglich wieder kündigen. Das entspricht auch dem mobilen Lebensgefühl der N26-Zielgruppe. Welche Banken werden überleben? Wer seine Kunden kennt, braucht auch vor Apple, Google oder Amazon keine Angst zu haben. Die Konzerne wollen vor allem, dass ihre Nutzer möglichst selten das vertraute Ökosystem verlassen. Sie kennen ihre Anwender aber nicht so gut wie Banken ihre Kunden kennen – zumindest, wenn es um deren finanzielle Bedürfnisse geht. Banken, die wissen, was genau ihre Kunden wollen, finden zurück in die Erfolgsspur. Dazu gehört aber auch, zu entscheiden, um welche Kundengruppe sich eine Bank besonders kümmern möchte. Diese unternehmerische Positionierung entscheidet künftig darüber, ob eine Bank überlebt oder ob sie zu den 80 Prozent gehört, die bis 2030 verschwinden sollen, wenn man den Gartner-Analysten Glauben schenkt. Das betrifft alle Institute, die in den Augen ihrer Kunden austauschbar werden. Wenn es keine Rolle mehr spielt, ob jemand bei einer Privatbank, Volksbank oder Sparkasse Kunde ist, bleibt als letztes Vergleichskriterium immer der Preis übrig. Und diesen Vergleich werden diese Institute gegen Direktbanken und digitale Aufsteiger wie N26 oder Revolut wahrscheinlich verlieren. Hinzu kommt, dass sich die neue Bankengattung anders als viele FinTechs nicht mehr als Partner für Banken, sondern konkret als Angreifer positionieren. Aufhorchen lässt deshalb auch das Bündnis, das Paypal, Mastercard und Google eingegangen sind. Von einer klassischen Bank stammt hier nur noch das Girokonto, von dem die mit Google Pay bezahlten Einkäufe abgebucht werden. Dafür stellt Mastercard eine digitale Debitkarte bereit, die mit Paypal und dem dort hinterlegten Konto verbunden ist. Die Bank ist weg vom Fenster. FAZIT Erfolgreiche Banken verfügen über ein Alleinstellungsmerkmal, das bei den Kunden verankert ist. Derzeit drohen die Banken den Kampf um das beste Produkt zu verlieren, weil die digitalen Angreifer das Momentum auf ihrer Seite haben. Doch mit einer Fokussierung auf bestimmte Kundengruppen, Dienstleistungen oder spezielles Know-how lassen sich Kunden binden. Zudem kann ein auf diese Weise positioniertes Institut auch Hindernisse überwinden wie das Regionalitätsprinzip, das in einigen Bankengruppen gilt. Jedes Institut kann das richtige Angebot machen – vorausgesetzt, Bankvorstände entwickeln ein unternehmerisches Gespür dafür, welche Rolle eine Bank im Leben ihrer Kunden einnimmt. Autor Manuel Junker ist Gründer und Beirat der Prozess- und Transformationsberatung Procedera Consult. 1 Aussage von David Furlonger, Vice President Gartner, beim Symposium ITxpo 2018 in Australien. 80 Prozent würden verschwinden und die übrigen 20 Prozent würden sich aufteilen in Plattformanbieter, FinTech-Partner oder Nischenanbieter. 05 // 2019 33

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