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die bank 05 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG

DIGITALISIERUNG MARKTANALYSE Client Onboarding in der Praxis Veränderte Kundenerwartungen sowie neue technologische und rechtliche Möglichkeiten führen im Client Onboarding zu einer Digitalisierungswelle. Nahezu jede Bank wirbt heutzutage mit der Möglichkeit, ein Konto direkt online und annähernd ohne Wartezeit zu eröffnen. Welche Hürden gibt es in den Prozessen, und wie weit fortgeschritten ist die Digitalisierung des Onboardings und der Kundenidentifizierung? Eine Marktanalyse mit Fokus auf Kontoeröffnung und das VideoIdent-Verfahren liefert Antworten. 60 05 // 2018

DIGITALISIERUNG Der Produktlebenszyklus eines Bankkontos kann in fünf Phasen eingeteilt werden: 1. Anbahnung/Marketing, 2. Konto-Initiierung/Eröffnung, 3. initiale Nutzung, 4. fortwährende/laufende Nutzung und 5. Auflösung. In diesem Artikel beschäftigen wir uns allein mit den Phasen 2 und 3. Zur Beantwortung der eingangs gestellten Fragen wurde eine Marktanalyse für den Kontoeröffnungsprozess bei 33 ausgewählten Banken aus den Segmenten Großbanken, öffentlich-rechtliche Banken, Genossenschaftsbanken, Privatbanken, Direktbanken, Fin- Techs sowie Autobanken durchgeführt. 1 Kundenidentifikation per VideoIdent Alle untersuchten Großbanken und Direktbanken sowie die untersuchten Autobanken und FinTechs mit Banklizenz bieten durchgehend das VideoIdent-Verfahren zur Online-Identifizierung an und erreichen damit grundsätzlich einen medienbruchfreien Prozess. Untersucht wurden auch größere öffentlich-rechtliche Institute und Genossenschaftsbanken. Hier ergibt sich ein gemischtes Bild; selbst bei den großen Instituten in diesem Sektor wird nur von einem Teil VideoIdent angeboten. Eine klare Positionierung findet man hingegen bei den untersuchten Privatbanken. Hier wird das persönliche Gespräch und der persönliche Kontakt als essenziell erachtet, sodass eine Kontoeröffnung in der Regel ausschließlich persönlich möglich ist. Bei der konkreten Umsetzung der Video- Identifizierung fällt auf, dass sie technisch in den meisten Fällen am Computer über einen Browser und eine Webcam bzw. über eine App (Smartphone oder Tablet, Android oder iOS) und die zugehörige Kamera durchgeführt werden kann. Von einigen wenigen Banken wird der Weg über den Browser auch explizit ausgeschlossen und das Verfahren nur über eine Smartphone-App angeboten. Eine untersuchte Bank aus dem Sektor FinTech bot VideoIdent als einziges Identifizierungsverfahren an. Da es im Herbst 2017 zu Engpässen beim entsprechenden Video- Ident-Dienstleister kam, mussten Kunden teilweise mehrere Tage bis Wochen auf die Identifizierung warten; ein Ausweichen auf andere Verfahren wie etwa PostIdent war nicht vorgesehen. Darüber hinaus lässt sich noch feststellen, dass bei vielen Banken eine Übersicht über die angebotenen Identifizierungsmöglichkeiten nicht prominent auf deren Websites dargestellt wird, sondern die Information eher versteckt ist. Bei einigen wird die Auswahl zudem erst angeboten, wenn der Kontoeröffnungsprozess schon gestartet wurde. Dies erscheint etwas unverständlich, da es – je nach Zielgruppe – durchaus einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann, bereits in der Werbung darauf hinzuweisen, dass ein Konto medienbruchfrei „auf der Couch“ per Video- Ident eröffnet werden kann. Interessant im Zusammenhang mit dem VideoIdent-Verfahren ist auch das diesbezügliche Sourcing. Von den 19 Banken aus unserer Analyse, die VideoIdent anbieten, führen nur zwei diesen Service mit eigenen Mitarbeitern durch. Alle anderen arbeiten mit einem der drei führenden Dienstleister – WebID Solutions GmbH, IDnow GmbH oder der Deutschen Post AG – zusammen. Weitere VideoI- dent-Anbieter haben teilweise kleinere Institute und Spezialbanken als Kunden, die nicht in unserer Marktanalyse enthalten sind, oder sie spezialisieren sich auf andere Branchen. Insgesamt zeigt sich, dass seit dem BaFin- Rundschreiben 3/2017 (GW) – Videoidentifizierungsverfahren, das am 15. Juni 2017 in Kraft trat, die Verbreitung dieses Verfahrens nochmal deutlich zugenommen hat. In diesem Rundschreiben hatte die Finanzdienstleistungsaufsicht deutlich zur Klärung der rechtlichen Situation des VideoIdent-Verfahrens in Deutschland beigetragen, unter anderem in Bezug auf die Anforderungen des Geldwäschegesetzes (GwG) und des Datenschutzes. Vorher war das Verfahren zwar auch schon bei einigen Banken im Einsatz, jedoch herrschte rechtliche Unsicherheit, die die Verbreitung hemmte. 2 Qualifizierte elektronische Signatur (QES) VideoIdent im engeren Sinne ersetzt, vereinfacht gesagt, die persönliche Vorlage des Personalausweises in der Filiale. Zur Eröffnung eines Kontos muss aber auch ein Vertrag unterschrieben werden. Auch dies kann medienbruchfrei im Rahmen der heutigen Ausprägung der Videoidentifizierung mit Hilfe der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) durchgeführt werden. Bis die eIDAS-Verordnung der EU am 1. Juli 2016 in Kraft trat, musste der private Schlüssel der QES auf einer Signaturkarte gespeichert werden. Dazu wurden ein Kartenlesegerät, eine PIN sowie entsprechende Software benötigt. Prominentestes Beispiel einer solchen Signaturkarte ist die eID-Funktion 05 // 2018 61

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