BERUF & KARRIERE ADENA TESTA FRIEDMAN: Die Überfliegerin An diesem Morgen liegt eine Kältewelle über Manhattan, aber Adena Testa Friedman wirkt trotzdem gelassen und locker. Die erste Frau, die die Geschicke einer Wertpapierbörse mit Weltruf leitet, hat an diesem Morgen hier am Times Square für die Menschen in ihrer Umgebung ein fröhliches „Hello“ parat. Die Nasdaq-Chefin verbreitet durch ihr offenes Auftreten und ihre sympathische Art Optimismus und Zuversicht. Wenn jemand seinen Beruf oder sein Geschäft „von der Pike auf “ gelernt hat, so ist eine solche Aussage in der Regel mit einer positiven Wertung verbunden. Das gilt auch im Fall von Adena Friedman. Sie hat bei der Nasdaq den Weg von unten nach oben über alle Instanzen hinweg durchlaufen. Sie weiß also, was auf den verschiedenen Ebenen in der Wertschöpfungskette einer Börse abgeht. Vor allem ist ihr bekannt, was bei einer Börse schieflaufen kann. Heute ist sie als Präsidentin und CEO sowie als Mitglied des Board of Directors ganz oben angekommen. Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, mit denen sie während der langen Zeit gute Kontakte aufgebaut hat, sind darüber erfreut. Keine Frage, sie hat eine schwierige Aufgabe übernommen, denn ihr Vorgänger Bob Greifeld hatte als CEO über 13 Jahre hinweg hervorragende Arbeit geleistet. Die Nasdaq-Aktie ist an der Börse in den vergangenen zehn Jahren von unter 10 auf 70 US-$ gestiegen. Die im Jahr 1971 gegründete Börse mit der markanten Leuchtreklame am Broadway hat Pionier-Status. Sie gilt als frühes Kind der Technologisierung und der Digitalisierung, weil sie die erste vollektronische Börse in der Welt war. Nasdaq steht als Akronym für National Association of Securities Dealers Automated Quotations. Die Börse, die unter Nasdaq OMX Group firmiert, verfügt über verschiedene Teilmärkte. Nicht zuletzt aufgrund des Zusammenschlusses mit Schwedens Börse OMX Group und der Übernahme der American Stock Exchange (Amex), der INET, der Philadelphia Stock Exchange und der Boston Stock Exchange hat sie in den vergangenen Jahrzehnten enorm an Bedeutung gewonnen. Adena Friedman ist selbst eine treibende Kraft bei der Modernisierung der Finanzmärkte und Börsen. Denn für die „Merger- Mania“ unter den Börsen war nicht zuletzt Friedman verantwortlich. Kein Wunder, dass die Nasdaq-Belegschaft über die neue starke Frau an der Spitze der Organisation voll des Lobes ist. „Adena ist nicht nur als kompetente und starke Managerin, sondern auch als humane und liebenswerte Frau bekannt, und das nicht nur hier im Unternehmen“, sagte ein Mitarbeiter. Auf den Rat ihres Vorgängers Bob Greifeld kann sie weiter bauen, denn dieser ist heute als Chairman of the Board nicht nur bei der Nasdaq, sondern auch an anderen Orten des Finanz-Orbits ein gefragter Berater. Im Jahr 1993 kam Friedman zum ersten Mal zur Nasdaq, damals als Praktikantin. Das war auch jene Zeit, als sie den Anwalt Michael Cameron Friedman im Bundesstaat New Hampshire heiratete. Ihr Berufsweg führte sie nur zwischen 2011 und 2014 für einige Zeit weg von der Nasdaq, weil sie als Finanzchefin und geschäftsführende Direktorin für die von David Rubinstein geführte weltbekannte Private-Equity-Gesellschaft The Carlyle Group tätig war. Dort hatte sie u. a. großen Anteil daran, dass das Unternehmen im Rahmen eines IPO an die Börse – nämlich die Nasdaq – gehen und sich dort frisches Eigenkapital beschaffen konnte. Adena Friedmans Wurzeln liegen in Baltimore, wo sie im Jahr 1969 als Adena Robinson Testa das Licht der Welt erblickte. Ihr Vater war Manager bei T. Rowe Price, ihre Mutter brachte es als Anwältin zu großem Ansehen. Friedman selbst hat einen akademischen Grad als Bachelor of Arts in Politikwissenschaften vom Williams College in Massachusetts und einen Master of Business Administration von der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee. Spricht man Adena Friedman auf ihre inzwischen bereits recht lange Verweildauer bei der Nasdaq an, dann leuchten ihre Augen. Vor allem, wenn sie über ihre frühe Praktikumszeit spricht. „Es hat mir nicht allein genügt, im Büro zu sitzen und das zu tun, was man mir aufgetragen hat“, sucht sie nach einer Erklärung für ihren Erfolg. Man müsse gerade in jungen Jahren starkes Interesse zeigen, Fragen stellen, sich ständig umschauen und sehr aufmerksam zu sein. Nur wer hungrig und wissbegierig sei und über den Status quo hinaus denke, werde letztlich erfolgreich sein, gibt sie jungen Menschen einen Rat. 64 05 // 2017
BERUF & KARRIERE Dass sie Trägerin eines schwarzen Gürtels der Kampfsportart Taekwondo ist, darf als sichtbarer Ausdruck ihrer Power und Durchsetzungskraft gewertet werden. Neben ihrer steilen Börsen-Karriere zeichnen viele andere menschliche Attribute die Mutter zweier erwachsener Söhne aus. Viele ziehen den Hut vor der als „stark und menschlich“ zugleich geltenden Frau mit Vorbild- Charakter. Dies ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass sie die Rolle als Mutter und Managerin während ihrer beeindruckenden beruflichen Karriere über Jahre hinweg in idealer Manier miteinander kombiniert hat. Sie ist auch heute noch ausdrücklich dankbar für die Großzügigkeit ihres damaligen Chefs, der ihr wegen der notwendigen Erziehungsaufgaben Teilzeitarbeit ermöglicht habe. Im Mai 2014 überraschte die Nasdaq OMX die Akteure der Finanzwelt in den USA mit der Nachricht, Friedman werde als Präsidentin für IT-Lösungen von Carlyle zurückkehren. Friedman wurde auf diese Weise mitten hineingeworfen in die Welt von Big Data. Das Fachmagazin „Forbes“ setzte Friedman im Jahr 2014 auf Rang 69 der mächtigsten Frauen in der Welt. An teils komplexen Zukunftsaufgaben mangelt es der Börsenmanagerin nicht. Nach entsprechenden Ankündigungen von US- Präsident Trump könnte es in den kommenden Monaten zu einer Deregulierung der Finanzmärkte kommen, die auch die Börsen vor neue Herausforderungen und eine Anpassung ihrer Regelwerke stellen wird. Friedman versteht es bestens, das Thema Börse in der Öffentlichkeit zu platzieren. Immer wieder weist sie auf die Rolle von Wertpapierbörsen als elementarer und unverzichtbarer Teil einer blühenden Volkswirtschaft hin. Es gehe dabei darum, Ideen der Wirtschaft über die Börse zu finanzieren und volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Fortschritt zu erreichen. In den vergangenen Jahren wurden Börsen von ihren Managern und Anteilseignern sowie von Banken zu oft eher als Selbstzweck begriffen. Die Institution Börse leiste einen großen Beitrag zum Wohlstand und zur politischen Stabilität, sagt die Verfechterin der Finanzmärkte. „Wir sind davon überzeugt, dass Börsen in ihrer vermittelnden Rolle zwischen Anleger, Unternehmen und Regierungssstellen Motoren und Treiber der Kapitalmärkte sind.“ Das Finanzsystem sei zu einer stärkeren und wirksamen Selbstkontrolle aufgefordert, nur dann würden ihm die Menschen mehr Vertrauen entgegenbringen. Wenn Börsen einen großen Beitrag zum globalen Wirtschaftsaufschwung und zur Globalisierung der vergangenen Dekaden beigetragen haben, dann sei nicht zuletzt die Nasdaq dabei wegweisend gewesen. Auch in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit sieht die zweifache Mutter eine große Verantwortung bei den Börsen. Börsenmanagerin Friedman wird z. B. auch dann gefragt, wenn es bei den Vereinten Nationen in New York um das Thema Nachhaltigkeit geht. Gemeinsam mit einigen kleineren Börsen hat Adena Testa Friedman wurde 1969 in Baltimore geboren. Mit Ausnahme eines vierjährigen Intermezzos beim PE-Konzern Carlyle Group ist sie seit 1993 bei der Nasdaq und hat es dort mittlerweile an die Spitze geschafft: Seit dem 1. Januar 2017 fungiert sie als Präsidentin und CEO sowie als Mitglied des Board of Directors. Sie hat Abschlüsse in Politikwissenschaften und als MBA. Schon 2014 setzte das Forbes-Magazin sie auf die Liste der 100 mächtigsten Frauen der Welt. die Nasdaq im Jahr 2011 die Initiative UN Sustainable Stock Exchanges gestartet. Inzwischen haben sich 56 Börsen aus 51 Ländern dieser Initative der World Federation of Exchange Sustainability Working Group angeschlossen. Als größte Gefahr für ein großes und erfolgreiches Unternehmen und auch für deren Top-Management bezeichnet die heute 48-Jährige das Risiko der Selbstzufriedenheit. Auch die Mitarbeiter des Weltmarktführers Nasdaq müssten sich nach ihren Worten darüber im Klaren sein, dass jederzeit ein Wettbewerber auftauchen könne, dessen Ziel es sei, die Früchte der von der Nasdaq-Belegschaft geleisteten Arbeit zu ernten. Und das will Adena Friedman unbedingt verhindern. Autor: Jonas Dowen. 05 // 2017 65
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