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die bank 05 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG eignet sich

REGULIERUNG eignet sich in Zusammenhang mit Risikoprofilnoten aber auch dazu, eine Einschätzung der Aufsicht zu besonderen Risiken aufgrund der spezifischen Ausrichtung des Geschäftsmodells zur Geltung zu bringen. Durch die Verwendung von Risikoprofilnoten zur Festlegung von Kapitalzuschlägen im Bucket-Ansatz verfügt die Aufsicht also bereits heute über das nötige Instrumentarium, um ihrer Einschätzung von Geschäftsmodellen Ausdruck zu verleihen. Tatsächlich hat die EZB in ihren „Prioritäten des SSM im Jahr 2017“ drei Bereiche identifiziert, von denen der erste „Geschäftsmodelle und Bestimmungsfaktoren der Ertragskraft“ lautet. Diese Priorisierung gilt ausdrücklich auch für weniger bedeutende Institute, um vergleichbare Rahmenbedingungen für alle Institute gewährleisten zu können. Struktur und Inhalt der SREP-Geschäftsmodellanalyse Eine Geschäftsmodellanalyse gemäß EBA- Richtlinie soll die Wirtschaftlichkeit des gegenwärtigen Geschäftsmodells eines Instituts über die folgenden zwölf Monate sowie die Nachhaltigkeit seiner Geschäftsstrategie über mindestens drei Jahre beurteilen. Die Analysen müssen wenigstens auf Ebene der SREP-Gesamtbeurteilung stattfinden, können nach Maßgabe der Aufsicht aber auch granular auf Geschäftsfeldoder Produktebene erfolgen. Zu den Mindestanforderungen an die Beurteilungsgrundlage zählen neben regulatorischen Meldungen auch strategische Pläne, Prognosen und Annahmen zu wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie interne Management-Reports der Institute. Die Bewertung des Geschäftsmodells soll nicht nur ein Prüfungsgegenstand neben anderen sein, sondern grundlegend für alle weiteren Prüfungsinhalte. Zwischen der bisher etablierten Praxis bei weniger bedeutenden Instituten und den qualitativen Vorgaben der EBA verbleibt – auch unter Beachtung des Proportionalitätsprinzips – erhebliches Potenzial zur Detaillierung und Intensivierung der Geschäftsmodell analyse. Die Mindestanforderungen an die Datenbasis machen klar, dass eine individuelle Beurteilung der Institute vorgesehen ist, die nicht allein auf standardisierten, turnusmäßigen Meldungen basieren kann. Datenerhebungen im ersten Quartal 2017 Die deutsche Bankenaufsicht hat im Februar 2017 einen Probelauf des institutsübergreifenden Auskunftersuchens zur „Ertragslage und Widerstandsfähigkeit deutscher Kreditinstitute im Niedrigzinsumfeld“ durchgeführt. Dieser beinhaltete neben der Niedrigzinsumfrage auch Stresstests für SREP und eine Umfrage zur Überwachung weiterer Risiken. Die eingereichten Daten sollen dabei zwar ausschließlich der Prüfung der grundsätzlichen Durchführbarkeit der Umfrage dienen und nicht in Bezug auf das jeweilige Institut ausgewertet werden. Dennoch geben die Inhalte des Probelaufs konkret Auskunft über zu erwartende Inhalte der diesjährigen Datenerhebungen. Im Hinblick auf die Geschäftsmodellanalyse ist insbesondere die Niedrigzinsumfrage relevant, weil hierin wiederum Kennzahlen der Gewinn- und Verlustrechnung unter verschiedenen Zinsszenarios über einen fünfjährigen Zeithorizont abgefragt werden. In zwei der sechs Szenarios müssen die Institute dabei eine dynamische Bilanzannahme treffen, also eine indikative Bilanzplanung im Rahmen ihrer geschäftspolitischen Ausrichtung unter Maßgabe der Szenarioannahmen zugrunde legen. Bemerkenswert sind zudem 17 qualitative Fragen zu den Themenbereichen Risikonahme und Eigenkapitalkosten, Wettbewerb und Konsolidierung sowie Digitalisierung und Cyber-Risiken. Die Umfrage zu weiteren Risiken behandelt die Themen Kreditvergabestandards, Pensionsverpflichtungen und Wohnimmobilien, wobei besonders die Meldung zu Wohnimmobilien für viele Institute aufwendig ist und tiefe Einblicke in ihre Geschäftstätigkeiten erlaubt. Parallel zur Datenerhebung der Bundesbank liegt einigen weniger bedeutenden Instituten, denen die Aufsicht im Rahmen ihres Prüfungsplans hohe Priorität beimisst (2016 gab es 93 solcher Institute), der „LSI Profitability Forecast Questionnaire“ der EZB vor. Dieser Fragebogen fokussiert in erheblichem Detail auf Kennzahlen, die zur Einschätzung von Geschäftsmodellen unmittelbar relevant sind, nämlich Profitabilitätsmaße, P&L-Budgets, Einschätzungen der Institute zur ihrer Marktposition, zur Marktentwicklung und zu makroökonomischen Entwicklungen. Dabei sind oft mehrjährige jährliche Prognosen sowie Auflösung nach Geschäftsfeldern oder Segmenten gefragt. Diese Datenerhebung illustriert, welches Instrumentarium die Aufsicht im Bedarfsfall zur Intensivierung der Geschäftsmodellprüfung auch für weniger bedeutende Institute bereithält. Die beschriebenen Aspekte der diesjährigen Datenerhebungen zeigen, dass die zur aufsichtlichen Beurteilung und Prüfung herangezogene Datenbasis geeignet ist, wesentlich genauer als im Vorjahr über Fragen der Wirtschaftlichkeit der Geschäftsmodelle und der Nachhaltigkeit der Geschäftsstrategien Auskunft zu geben. Rückwirkungen auf die interne Steuerung Die Methoden zur internen Banksteuerung eines Instituts sind der natürliche Aufsatzpunkt zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit seines Geschäftsmodells, weil die Geschäftsführung auch für ihre eigenen Zwecke Rechenschaft über die Wirtschaftlichkeit ablegen muss und eine belastbare Grundlage für geschäftspolitische Entscheidungen benötigt. Als wesentliche Nebenbedingung kommt nun die SREP- Gesamtbeurteilung hinzu. Aufsichtliche Bewertung und Methoden zur Banksteuerung müssen hinreichend kongruent sein, um divergenten Schlussfolgerungen und daraus möglicherweise resultierende 38 05 // 2017

REGULIERUNG 1 | Gegenüberstellung von Steuerungsebenen und Elementen der SREP-Geschäftsmodellanalyse Kaskade von internen Steuerungsebenen Elemente der SREP-Geschäftsmodellanalyse Planungshorizont Jahre Monate Wochen Gesamtbanksteuerung Geschäftsfeldsteuerung Planungshorizont und Granularität kompatibel Inhaltliche Zielsetzung vergleichbar Methodisch kongruent Operative Vertriebssteuerung Bewertung Nachhaltigkeit der Geschäftsstrategie Bewertung Wirtschaftlichkeit des Geschäftsmodells 3 Jahre Institutsebene 12 Jahre Segmente, Produkte Tage Aktivitätensteuerung Institut Segmente, Produkte Maßnahmen, Initiativen Aktivitäten Granularität negative Bewertungen zu vermeiden. Den Instituten stellt sich also die Frage, welche Ausrichtung ihrer Geschäftsmodelle unter Berücksichtigung der resultierenden SREP-Gesamtbeurteilung wirtschaftlichen Erfolg verspricht. Marktbedingungen, Konkurrenzsituation und regulatorische Komplexität haben in den letzten Jahren zu einer Fragmentierung der Rahmenbedingungen geführt, die belastbare Aussagen zur Wirtschaftlichkeit in der Regel nur auf granularer Ebene von einzelnen Geschäftsfeldern (Segmenten) oder sogar Produkten erlaubt. Deshalb ist mittlerweile die Nutzung einer Geschäftsfeldsteuerung als Vermittlungsebene zwischen strategischer Planung einerseits sowie Vertriebs- und Aktivitätensteuerung andererseits – zumindest aus akademischer Sicht – Standard in der modernen Banksteuerung. Weiterhin ist erkennbar, dass die Aufsicht sowohl wertorientierte als auch ertragsorientierte Risikomaße in Betracht zieht. Es wird für Institute daher wichtig sein, eine Planung vorzulegen, die sowohl hinreichend granular ist als auch in beiden methodischen Dimensionen überzeugen kann. In der Praxis fällt es gerade kleineren Instituten oft noch schwer, den Deckungsbeitrag einzelner Segmente und Produkte wert- und ergebnisorientiert auszuweisen. Die SREP-Beurteilung setzt einen starken Impuls zur Schaffung einer methodisch flexiblen Geschäftsfeldsteuerung. Bezug zum Strategieprozess Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Geschäftsmodells ist Ausgangspunkt für die Beurteilung der Nachhaltigkeit der Geschäftsstrategie über einen längeren Zeitraum. Zur Beurteilung künftiger Entwicklungen sind zusätzlich Planungen, Prognosen und Annahmen des Instituts nötig. Die Aufsicht wird Umsetzbarkeit und Wirksamkeit geplanter Maßnahmen und Plausibilität von Annahmen und Projektionen kritisch hinterfragen. Gemäß MaRisk hat die Geschäftsleitung eines Instituts einen Strategieprozess einzurichten, der Planung, Umsetzung, Beurteilung und Anpassung der Strategie regelt. Zukünftig wird es also wichtig sein, dass interne und aufsichtliche Beurteilungen von Strategien hinreichend kohärent erfolgen. Zwar sehen die EBA-Guidelines vor, dass die aufsichtliche Beurteilung erfolgen soll, ohne die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung zu untergraben oder eine Präferenz für ein bestimmtes Geschäftsmodell vorzugeben. Die Sorge, dass der SREP die Geschäftsautonomie dennoch faktisch aushöhlt, ist aber nicht von der Hand zu weisen. In jedem Fall ist mit einer Harmonisierung der internen und aufsichtlichen Beurteilungskriterien für die Nachhaltigkeit von Geschäftsstrategien zu rechnen, sodass die aufsichtliche Beurteilung als wesentliche Nebenbedingung auch in den Strategieprozess Eingang finden wird. FAZIT Die Probeerhebung zur Niedrigzinsumfrage im Februar 2017 gibt einen ersten Einblick, wie die diesjährige Datenbasis für aufsichtliche Prüfungs- und Beurteilungsmaßnahmen von Geschäftsmodellen und -strategien weniger bedeutender Institute aussehen wird. Für Institute ist dies eine gute Gelegenheit, den erreichten Arbeits- und Entwicklungsstand in den relevanten Themenfeldern kritisch zu reflektieren und Impulse zur methodischen Weiterentwicklung abzuleiten. Wichtig wird für sie die Schaffung von Instrumenten zur Banksteuerung auf Ebene einzelner Segmente oder Produkte in wert- und ergebnisorientierter Methodik sein. Bei der Beurteilung von Geschäftsstrategien kommt es in erster Linie auf die Harmonisierung interner und aufsichtlicher Beurteilungskriterien an. ÿ 1 veranschaulicht die wichtigsten Zusammenhänge. Eine vorausschauende Beschäftigung mit diesen Themen kann einen wesentlichen Beitrag leisten, um negativen Beurteilungen durch die Aufsicht zuvorzukommen, die angesichts des Sanktionsinstrumentariums erhebliche Konsequenzen haben könnten. Hierfür ist im fortlaufenden SREP-Prozess mit erheblichem Aufwand zu rechnen. Autoren: Dr. Ingo Garczorz, Executive Partner, und Dr. Tobias Sander, Senior Projektmanager, beide bei Kampmann, Berg & Partner. 05 // 2017 39

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