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die bank 05 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Eine Bad Bank akquiriert kein Neugeschäft und wird nach erfolgreicher Abwicklung der Assets geschlossen. Auch die politische Tragweite muss bedacht werden. Der Staat ist entweder Eigentümer der Bad Bank oder garantiert die Kreditausfallrisiken. In beiden Fällen trägt der Staat die anfallenden Verluste aus der Abwicklung der notleidenden Vermögenswerte. Zum einen stehen daher Steuergelder auf dem Spiel, was die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Kosten lenkt, zum anderen müssen erhöhte soziale und ethische Standards bei der Abwicklung eingehalten werden. Dies erschwert den Aufbau einer Bad Bank und muss bei der Entwicklung einer geeigneten Strategie berücksichtigt werden. Wie bei privatwirtschaftlichen Unternehmen gilt es, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Hierbei sind sowohl die initialen Aufbaukosten als auch die Schaffung einer skalierbaren Kostenstruktur für den Betrieb von Bedeutung, die dem nach und nach abnehmenden Portfolio angepasst werden kann. Dies muss eine Bad Bank in ihrer Finanzplanung berücksichtigen und aufgrund dessen über ihre Wertschöpfungstiefe und damit den Grad des In- und Outsourcings entscheiden. Auch mit gut skalierbaren Verwaltungskosten wird beim Portfolioabbau irgendwann ein Punkt erreicht, an dem keine marktüblichen Verwaltungskosten pro Asset mehr eingehalten werden können. Wenn dieser Abbaugrad erreicht ist, lohnt es sich, die restlichen Vermögenswerte zu verkaufen. Organisationsaufbau Der Organisationsaufbau einer Bad Bank gemäß Zielbild und strategischer Vorgaben bedeutet oft einen Anfang bei Null – es gibt weder Governance-Strukturen, Abteilungen, Prozesse oder Infrastruktur noch ist das Personal für Aufbau und tägliches Geschäft vorhanden. Dennoch muss eine komplette Bank unter Berücksichtigung aller organisatorischen und regulatorischen Anforderungen aufgebaut werden. Der zuvor genannte Zwang, die Kostenstrukturen mit dem Abbau des Portfolios zu skalieren, führt zwangsläufig zu einem hohen Auslagerungsgrad. Dies führt dazu, dass eine erfolgreiche Bad Bank möglichst weite Aspekte der Wertschöpfungskette an Servicegesellschaften oder externe Dienstleister auslagert und eine extrem schlanke interne Organisation aufbaut, die auf notwendige Steuerungs- und Kontrollfunktionen reduziert ist. Auch die Privatwirtschaft sieht mittlerweile die Vorteile eines solch minimalisierten Operating Models. Unter dem verschärften Wettbewerb durch den Digitalisierungstrend drängen neue Mitbewerber auf den Finanzmarkt und nutzen maximales Outsourcing und effizient aufgestellte Dienstleister zur Schaffung skalierbarer Strukturen, die nach Markteintritt ein kosteneffizientes und schnelles Wachstum ermöglichen 2 . Die Etablierung der nötigen internen Kontrollsysteme und einer effektiven Dienstleistersteuerung sowie die Orchestrierung des Zusammenspiels der zahlreichen Dienstleister ist hierbei der Schlüssel zum Erfolg. Die Wertschöpfungsbereiche, die eine Bad Bank selbst übernimmt, können durch das Auslagern in Tochtergesellschaften so gestaltet werden, dass sie mit der Perspektive auf Neugeschäft privatisiert werden können. So lassen sich Aufbaukosten teilweise kompensieren und soziale sowie finanzielle Nachteile aus späterem Personalabbau vermeiden. Aus diesem Grund haben sich die zwei öffentlichen deutschen Bad Banks FMS Wertmanagement und EAA dazu entschieden, das Asset Servicing, das den größten Teil des Ressourcenbedarfs ausmacht, in eigenständige Gesellschaften auszulagern. Beide Bad Banks planen die Privatisierung ihrer jeweiligen Asset-Servicing-Gesellschaften im Jahr 2015. Hiermit schaffen sie auch den Mitarbeitern eine langfristige Perspektive, ohne die es schwierig wäre, geeignetes Personal anzuwerben und zu halten. Asset-Übertrag Auch die Übertragung des Geschäfts bzw. der Assets selbst von der Kernbank zur Bad Bank ist hochgradig komplex. Die Transition umfasst nicht nur den rechtlichen Aspekt, sondern auch bestehende Geschäfts- und Dienstleisterbeziehungen, die physische Weitergabe von Betriebsmitteln und Akten, die Sicherstellung des Wissenstransfers sowie den Übergang von Schlüsselressourcen oder ganzen operativen Einheiten durch Betriebsübergänge. Der Übertrag der Vermögenswerte ist vielschichtig und langwierig, da nur ein Teil des Portfolios ohne weiteres auf ein anderes Institut übertragen werden kann. Für die meisten Assets gibt es regulatorische oder vertragliche Hindernisse; oftmals muss bei Finanzierungen die Zustimmung der Darlehensnehmer eingeholt und hierfür Überzeugungsarbeit geleistet werden. Bei einem Portfolio mit mehreren Tausend Einzelpositionen kann dieser Prozess mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Zusätzlich muss die Bad Bank zunächst die regulatorischen und vertraglichen Rahmenbedingungen zur Asset-Aufnahme schaffen, da sie ohne Banklizenz agiert und hierfür in einigen Jurisdiktionen Ausnahmegenehmigungen benötigt. Die rechtlich notwendige Due Diligence der Assets und das Erstellen mehrparteilicher Übertragungsverträge für solch große Portfolios stellt damit einen hohen Aufwands- und Kostenposten im Aufsetzen einer Bad Bank dar. Bewertung des Konzepts der Bad Bank Um den Erfolg des Bad-Bank-Konzepts zu beurteilen, muss man das Ziel im Auge behalten: Eine Bankeninsolvenzwelle wurde verhindert und das durch die Lehmann-Pleite verlorene Vertrauen an den Finanzmärkten wurde wieder hergestellt. 48 diebank 5.2015

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó Das wurde, zumindest vorläufig, erreicht. Doch wie wird dieses Vorgehen allgemein bewertet? Den direkten Kosten für Aufbau und Verluste der Bad Bank steht der vermiedene Schaden entgegen, der durch eine mögliche Bankeninsolvenzwelle entstanden wäre. Die marktpsychologische Wirkung des Bad-Bank-Konzepts ist dabei nicht zu unterschätzen. Allein die durch den Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit, notleidende Assets in eine Bad Bank auszulagern, schafft an den Finanzmärkten Vertrauen. Dies wird daran deutlich, dass das Bad-Bank-Konzept in Deutschland – abgesehen von den zwei staatlichen Abwicklungsinstituten – nicht in Anspruch genommen werden musste und dennoch das Vertrauen in die Finanzmärkte zurückkehrte. Während der vermiedene Bankenkollaps nur mit theoretischen Schätzungen beziffert werden kann, sind die direkten Auswirkungen auf den Staatshaushalt durch eine Bad Bank nach ihrer Abwicklung auf den Cent genau bestimmbar. Nach der Abwicklung des letzten Assets kann Bilanz gezogen werden – Garantiezahlungen, Aufbau- und Betriebskosten stehen gegen mögliche Gewinne, die wie bei den zwei deutschen Bad Banks dem Staat zustehen. Hierbei ist nicht auszuschließen, dass der Staat nach Abwicklung Gewinn macht, schließlich erzielt die Bad Bank mit ihren günstigen Refinanzierungskosten Margen, die in der Regel kein privates Institut erreicht. In Fällen, in denen eine verstaatlichte Bank mit einer durch die Bad Bank bereinigten Bilanz reprivatisiert werden soll, wie im Fall der HRE, ist für die wirtschaftliche Bilanz der Bad Bank der Verkaufspreis der Kernbank bedeutend. Kann kein Verkaufspreis erzielt werden, der über dem geschätzten Wert liegt, den der Staat durch das Halten und Abwickeln erzielt, ist ein Verkauf nicht wirtschaftlich. Dieser Fall ist bereits bei der HRE-Tochtergesellschaft der irischen Depfa Bank eingetreten. Nach erfolglosem Verkaufsversuch wurde deren Bad Bank FMS Wertmanagement damit beauftragt, nicht nur die bereits übernommenen Assets, sondern die gesamte Bank abzuwickeln. Es kann bereits festgehalten werden, dass das Bad-Bank-Konzept für die Depfa Bank nicht aufgegangen ist. Die Kosten für die Übertragung der Vermögenswerte hätten vermieden werden können, wenn die Kernbank (bzw. die Tochtergesellschaft der Kernbank) von Anfang an komplett zur Abwicklung bestimmt worden wäre. Es ist zu befürchten, dass in den meisten Fällen ein privater Bieter mit seinen vergleichsweise höheren Refinanzierungskosten keinen Preis für eine Kernbank bieten kann, der mit den Erlösen aus einer Halte- und Abwicklungsstrategie durch eine staatliche bzw. staatlich garantierte Bad Bank erreicht wird. Nur wenn der potenzielle Käufer größere Synergieeffekte oder ein starkes Wachstum durch Neugeschäft der Kernbank erwartet, würde er einen für den Staat ökonomisch sinnvollen Kaufpreis bieten. Die Erfahrungen, die man aus der Konzeption der Bad Banks sowie deren operativen Aufbau gemacht hat, werden für zukünftige Krisensituationen wertvoll sein. Neben den wirtschaftlichen Betrachtungen ist dabei auch der Erfahrungsschatz vom Aufbau extrem schlanker, kostenoptimierter Bankenstrukturen und generell der damit verbundenen Großprogramme sicherlich für viele privatwirtschaftliche Institute von großem Wert. Die Skalierbarkeit der Kosten ist nicht nur für kurzfristig agierende Bad Banks nützlich, sondern es hat sich gezeigt, dass dies für viele Finanzinstitute sinnvoll sein kann. Fazit Noch können die vollständigen Kosten bzw. Gewinne für den Steuerzahler nicht endgültig beziffert werden. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Schaffung staatlich oder staatlich garantierter Bad Banks zur Stabilisierung der Finanzmärkte beigetragen haben und eine schwerwiegendere gesamtwirtschaftliche Krise, zumindest in Deutschland, bisher nicht eingetreten ist. Für die abschließende Bewertung der deutschen Bad Banks bleibt 2015 ein spannendes Jahr mit bevorstehenden Privatisierungen der beiden Servicegesellschaften von EAA und FMS Wertmanagement sowie der laufenden Privatisierungsbemühungen der ehemaligen Hypo Real Estate. ó Autoren: Dr. Karsten Ballüder betreut als Director bei Deloitte große Target Operating Model-Transformationen für die Finanzbranche. Andreas Rist, Manager bei Deloitte, hat für die Rechtsabteilung der Abwicklungsanstalt die rechtliche und finanzielle Übertragung der Portfolien in zahlreichen internationalen Jurisdiktionen koordiniert. 1 Vgl. Werner Lamche: Bad Banks – Unsicherheit durch schwache Regeln, in: die bank 3 (2014), S. 20-23. 2 Ein Paradebeispiel hierfür ist Number26 (number26. de), das als Start-up praktisch alle operativen Funktionen von einem Dienstleister bezieht. Wie wirken sich die Bad Banks auf die Staatsschulden aus? Alle Verbindlichkeiten (die gesamte Passivseite der Bilanz) der zwei deutschen Bad Banks, FMS Wertmanagement und EAA, fließen in den offiziell nach Brüssel gemeldeten Schuldenstand der Bundesrepublik ein. Dabei werden die gegen die Verbindlichkeiten stehenden Assets (Aktivseite der Bilanz) nicht berücksichtigt. Mit jedem Asset, das abgewickelt wird (durch Verkauf oder Endfälligkeit) und die Refinanzierungsverbindlichkeiten verringert, reduziert sich auch der staatliche Schuldenstand. Geht man davon aus, dass die Bad-Bank- Portfolien zu ihren Buchwerten abgewickelt werden, wird der Schuldenstand der Bundesrepublik um etwa 266 Mrd. €* fallen. * Bilanzvolumen der FMS Wertmanagement und EAA akkumuliert zum Stichtag 31. Dezember 2013. 5.2015 diebank 49

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