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die bank 04 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT SCHWERPUNKT

MARKT SCHWERPUNKT OPRISK-FORUM über die Einbeziehung der in den Strategien, Leitlinien und Abläufen bereits vorgesehenen Gegenmaßnahmen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es auch positive Gegeneffekte aufgrund der Stressereignisse geben kann. So wurde bspw. während der Covid-19-Krise beobachtet, dass die allgemeine Abwesenheit von Mitarbeitern zurückging (vgl. eine diesbezügliche Presseveröffentlichung der Techniker Krankenkasse vom 31. Januar 2021). Für die Risikokategorie „Ausführung, Lieferung & Prozessmanagement“ waren also Personalengpässe für die Institute weniger von Bedeutung. Mit Blick auf Conduct Risk im weiteren Sinne ist dies ebenfalls positiv zu werten, bedeutet dies doch, dass die Mitarbeiter in der Regel die während der Pandemie herrschenden vereinfachten Abwesenheitsregeln nicht ausgenutzt haben. Bei der Durchführung des Stresstests ist auch zu berücksichtigen, dass bestimmte geografische Regionen stärker gefährdet sind als andere. Vor der Covid-19-Krise wurden Stresstests häufig mit Fokus auf eine einzelne Region durchgeführt, d. h. eher mit Blick auf eine Epidemie als auf eine Pandemie, wodurch die Auswirkungen und Probleme der jeweiligen Institute unterschätzt wurden. Auch in Bezug auf Conduct Risks kann es zu geografischen Unterschieden kommen: zum einen forciert durch staatliche Pandemie- Maßnamen, wie bei der unterschiedlichen Vorgehensweise in der Covid-19-Krise in den deutschen Bundesländern zu beobachten war, und zum anderen auch durch die Pandemie selbst und die in den verschiedenen Stützpunkten bzw. Niederlassungen der Banken hierzu bestehenden Schutzmaßnahmen. Darüber hinaus sind die unterschiedlichen Pandemie-bezogenen regulatorischen Anforderungen in den unterschiedlichen nationalen Gerichtsbarkeiten zu beachten. 4 Das Ergebnis des Stresstests muss dann im Hinblick auf die Notwendigkeit von Abhilfemaßnahmen und zusätzlichen Managementmaßnahmen bewertet werden. Da dies in der Regel mit Kosten und Aufwand verbunden ist, müssen die Ergebnisse evaluiert werden, wodurch die Angemessenheit der geplanten Maßnahmen dann eher nicht infrage gestellt werden wird. Je nach antizipierter Eintrittswahrscheinlichkeit, die dem Stresstest zugrunde liegt, muss die Verhältnismäßigkeit der Gegenmaßnahmen bedacht werden. Oft sind diese Maßnahmen nur in Backup- oder Notfallpläne einzubeziehen und nicht in direkte Managementmaßnahmen, wie z. B. eine Verschärfung des Überwachungssystems. Des Weiteren ist zu bedenken, ob eventuell bereits Schulungen ausreichen, um das Risikobewusstsein der Mitarbeiter zu schärfen, anstelle der Implementierung weiterer Kontrollmaßnahmen. Herausforderungen bei der Stresstest- Durchführung Neben den üblichen Herausforderungen der Datenverfügbarkeit und -verlässlichkeit stellen sich für die Finanzinstitute bei der Durchführung des Conduct Risk bezogenen Stresstests folgende drei Punkte im Vorfeld als wesentlich dar: Überschneidungsfreie Betrachtung der Conduct Risks in der Risikoinventur des Instituts; Sicherstellung der Abbildung aller Aspekte von Conduct Risks (z. B. Falschberatung, Manipulation, Interessenkonflikte) im Rahmenwerk zu operationellen Risken, einschließlich definierter Verantwortlichkeiten und angewandter Methoden; Identifikation bzw. Untersuchung von möglichen Ursachen für Conduct-Risk- Ereignisse auf Basis einer Analyse bspw. der Geschäftsbereiche, der Anreizsysteme, ggf. erfolgter Strafzahlungen. Zum ersten Punk ist anzumerken, dass eingeschränkte bzw. veraltete Definitionen des Conduct Risks die Implementierung zukunftsorientierter und anpassungsfähiger Programme zur Einhaltung von Vorschriften und zur Risikominderung behindern könnten. Diese aber sind erforderlich, um jenen Conduct Risks zu begegnen, mit denen Institute tatsächlich konfrontiert sind, und dies könnte möglicherweise sogar zu sogenannten Blind Spots für die Bedrohungen von morgen führen. 5 Zudem ist gerade mit der Einführung neuer Prozesse auch die Identifizierung neuer Conduct Risks erforderlich; in einigen Fällen ist zudem die Erweiterung der bisherigen Taxonomie zu Conduct Risks um neue („emerging“) Risiken notwendig, die sich direkt aus den Pandemie-Konstellationen ergeben. Ein dynamischer und offener Ansatz bezüglich der Definition des Conduct Risks und was darunter zu subsumieren ist, wäre hier also zu verfolgen. Dem letzten Punkt, der Identifikation bzw. Untersuchung von möglichen Ursachen für Conduct-Risk-Ereignissen, kommt insofern besondere Bedeutung für den Stresstest zu, als dass er auschlaggebend für das zu generierende Szenario ist. Gleichwohl darf hier nicht vernachlässigt werden, dass durch das veränderte Umfeld die vorerwähnten Blind Spots von Relevanz bleiben. 38 04 | 2022

MARKT FAZIT Die Aufsichtsbehörden sind sich der durch Covid-19 hervorgerufenen Veränderungen bewusst und erwarten von den Instituten, dass sie Verantwortung übernehmen, ihre Risiken und aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen erkennen und steuern. Ein durch die Pandemie erhöhtes Conduct Risk setzt die Finanzinstitute hohen Geldstrafen und Bußgeldern, von den Aufsichtsbehörden auferlegten Geschäftsbeschränkungen und einem eventuellen Reputationsschaden aus. 6 Banken und andere Finanzdienstleister neigen dazu, verhaltensbedingte Risiken erst im Nachhinein zu erkennen. Fehlverhalten wird also erst dann identifiziert und analysiert, wenn es bereits stattgefunden hat oder wenn entdeckt wurde, dass es bereits im Gange ist. Die meisten Aufsichtsbehörden sind jedoch zu dem Schluss gekommen, dass Fehlverhalten in nicht geringem Maße auf eine toxische Kultur zurückzuführen ist, die z. B. unerlaubte Eigengeschäfte und andere Formen des Fehlverhaltens fördert. Die Aufsicht richtet ihre Aufmerksamkeit zunehmend auf eine bessere Vorhersage dieser Probleme – bevor sie auftreten. In diesem Zusammenhang kommt dem Stresstest also eine prominente Bedeutung zu, sofern er mit dem erläuterten umfassenden und zukunftsgerichteten Ansatz verfolgt wird. Die bis vor Covid-19 von den Instituten entwickelten Pandemie-Szenarien waren nicht schwerwiegend und umfassend genug. Sie waren Autor in der Regel auf eine bestimmte Region der Welt beschränkt und wurden hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der direkten Auswirkungen auf die Mitarbeiter des Unternehmens betrachtet, ohne also Eckart Koerner war bis vor kurzem Chief Risk Officer von Clearstream Banking S.A. in Luxemburg, bevor er die Position des Chief Financial Officer in einem Venture Capital Fonds übernommen hat. andere Risiken wie das Conduct Risk ausreichend zu berücksichtigen. 7 Bei diesen Risiken sollten die Pandemie-Szenarien dynamisch sein und die wichtigsten Risikofaktoren vorwärtsgerichtet berücksichtigen. Dabei sollte man sich nicht allein auf eine Methode wie bspw. das Horizon Scanning verlassen. Die abschließenden Auswirkungen können skaliert werden, indem Schlüsselfaktoren wie im Fall der Conduct Risks z. B. laxe Kontrollen aufgrund unterschiedlicher Arbeitsregelungen, suboptimale Kundenbetreuung und das Ignorieren von 1 Vgl. Charanpal Matharu: „Meeting the Rising Imperative to Control Conduct Risk”, in Capital Markets November 22, 2021. 2 AML Intelligence: „2021 Financial Crime Fines Review” Januar 2022. 3 Koerner: „When scenarios are not severe enough: Stress Testing for Non-Financial Risk”, in: “Non-Financial Risk Management Emerging stronger after Covid-19”, edited by Thomas Kaiser, 2021). 4 Allen & Overy: „Conduct risk under the spotlight: UK financial institutions face ever greater Covid-19-related regulatory scrutiny“ 15 April 2021. 5 RiskNet Panel: „Moving targets: the new rules of conduct risk” 6. Januar 2022. 6 Jonny Frank/Laura Greenman: „Revisiting conduct risk management in the COVID-19 era with updated DOJ criteria” in Journal of Risk Management in Financial Institutions, 13 (4), 295-307, 2020. 7 O.R.X: „Key takeaways from the pandemic discussions with subscribers” April 2020. staatlichen bzw. aufsichtsrechtlichen Anforderungen, berücksichtigt werden. So ist es neben der Quantifizierung potenzieller Schäden möglich, Schwachstellen und Handlungsbedarf frühzeitig aufzudecken und d i e s e m m i t e i n e m ve r s t ä r k te n Ko ntro l l u mfe l d e n tg e g e n zu w i r ke n . D i e Institute werden hierdurch gestärkt, die erwähnten Bußen und anderweitige Beeinträchtigen zu vermeiden. 04 | 2022 39

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