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die bank 04 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT

MANAGEMENT RISIKOMANAGEMENT Psychologische Effekte im Non-Financial Risk Management Risikomanagement in Banken wurde lange Zeit als primär zahlen- und modellgetriebene Disziplin gesehen. Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass Risikoentscheidungen sowie die Erstellung und Interpretation zugrunde liegender Informationen wesentlich durch psychologische Effekte beeinflusst werden. Die Berücksichtigung dieser Wirkungszusammenhänge führt zu einem effektiveren Risikomanagement, insbesondere hinsichtlich der Non-Financial Risks. In den Wirtschaftswissenschaften wird bereits seit einigen Jahrzehnten die Bedeutung menschlicher Entscheidungsmuster, einschließlich kognitiver Verzerrungen, sogenannter Biases, diskutiert. Dies hat zur Entstehung der Disziplin Behavioural Finance und zur Kritik am Modell des Homo Oeconomicus geführt. Sowohl Psychologen wie Daniel Kahneman (2002) und Richard Thaler (2017) als auch Wirtschaftswissenschaftler wie Robert Shiller (2013) wurden für ihre Forschung auf solchen Gebieten mit Wirtschaftsnobelpreisen geehrt. Insbesondere die Arbeit von Daniel Kahneman und Amos Tversky (1979) gilt als bahnbrechender Ausgangspunkt für die systematische Beschäftigung mit „irrationalem“ Verhalten in Bezug auf Risiken. Risikomanagement in Banken hingegen war lange Zeit stark von einer mathematischstatistischen Denkweise und somit einer Fokussierung auf (scheinbar) objektive Daten und validierte Modelle geprägt. Im Bereich der 20 04 // 2021

MANAGEMENT Non-Financial Risks sind mit wenigen Ausnahmen relevante historische Daten nur in geringem Umfang vorhanden, und die Modelle lassen sich nur begrenzt validieren. Daher setzte hier bereits früh ein Umdenken ein, das zu einer höheren Akzeptanz von Expertenschätzungen (insbesondere im Rahmen von Szenario- Analysen) sowie qualitativen Verfahren und Heuristiken geführt hat. Governance und Risikokultur Die Verantwortlichkeiten für das Risikomanagement sind in Banken traditionell nach dem 3-Lines-of-Defence-Konzept aufgeteilt und in entsprechenden Geschäftsordnungen, Rahmenwerken und Arbeitsanweisungen schriftlich fixiert. Hierbei ist nicht nur die formale Abgrenzung von Zuständigkeiten wichtig, sondern auch die konkrete Besetzung von Schlüsselpositionen. Im Kontext „fit and proper“ geht es sowohl um die fachliche Qualifikation als auch um Persönlichkeitsmerkmale. Obgleich es Vorteile hat, das gegenseitige Verständnis für die verschiedenen Rollen durch Jobrotation zu stärken, sind doch gewisse persönliche Eigenschaften für den Erfolg in den verschiedenen Einsatzgebieten entscheidend. Der in Banken wenig beachtete ISO-Standard 31000 stellt als eines seiner Prinzipien fest: „Risk management takes human and cultural factors into account. Risk management recognizes the capabilities, perceptions and intentions of external and internal people that can facilitate or hinder achievement of the organization's objectives.“ So können auch inter- und intraindividuelle Unterschiede eine Rolle spielen und unser Risikoverhalten maßgeblich beeinflussen. Bei sogenannten „Sensation Seekern“ handelt es sich um Personen, die von Natur aus risikoaffiner sind, da sie das besondere Bedürfnis haben, vielfältige, neue, komplexe und intensive Erfahrungen zu machen. Dies kann bspw. zum Praktizieren von Extremsportarten führen. Gleichzeitig zeigen Studien auch, dass nicht jedes risikoaffine Verhalten im Privaten automatisch auf eine höhere Risikobereitschaft im Berufskontext schließen lässt (sogenannte „Domänenspezifität“). Ob ein Mitarbeiter in seiner Freizeit Freeclimbing betreibt, sagt daher nicht zwingend voraus, dass dieser Mitarbeiter als Wertpapierhändler risikoreichere Kaufentscheidungen treffen würde. Menschen sind jedoch grundsätzlich in kognitiver Hinsicht anfällig für verzerrte Risikowahrnehmungen, was sich auch auf Entscheidungen in ihrem Berufsleben auswirken kann. Für den Erfolg einer Risikokultur ist das formale und informelle Zusammenwirken einer Vielzahl an Mitarbeitern entscheidend. Hierbei lassen sich vier zentrale Elemente erkennen: Z Tone from the top: Dieser Baustein setzt auf dem psychologischen Mechanismus des Imitationslernens auf. Das Vorleben bestimmter Verhaltensweisen, insbesondere durch Personen mit Vorbildfunktion, wird oft bewusst oder unbewusst übernommen und fungiert gerade in neuen, bislang unbekannten sozialen Kontexten als Orientierungspunkt für die Ausprägung des eigenen Verhaltens. Z Rollen und Verantwortlichkeiten: Das sozialpsychologische Phänomen der Verantwortungsdiffusion – vielfach auch erforscht im Kontext des sogenannten „Bystander Effects“ Mitte der 1960er Jahre – führt dazu, dass Prozesse und Kontrollen nicht ausreichend funktionieren, wenn Aufgaben nicht klar festgelegt bzw. getrennt sind und Personen unmissverständlich für ihr Handeln (oder Nicht-Handeln) zur Verantwortung gezogen werden können. Z Klare und offene Kommunikation: Hier spielt die Etablierung einer angemessenen Fehlerkultur eine Rolle, die Förderung von Kritikfähigkeit sowie die Bewältigung von Gruppenprozessen, bspw. in Gremien. Z Anreizsysteme: Extrinsische Motivation (Incentivierung durch monetäre oder andere „Belohnungsanreize“ von außen) und intrinsische Motivation (das Erkennen von 04 // 2021 21

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