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die bank 04 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT RISIKOMODELLIERUNG

MARKT RISIKOMODELLIERUNG MITTELS GRAPHENTHEORIE KREDITPORTFOLIOMODELLE FÜR VERNETZTE SCHULDNER Die stetig wachsende Zahl von Vernetzungen, sowohl innerhalb von Unternehmen als auch in deren Beziehungen nach außen, führt dazu, dass Banken ihre Risikomodelle überdenken müssen. Unsere Autoren zeigen auf, wie die Kreditrisikomodellierung mithilfe der Graphentheorie auf Basis mathematischer Methoden vonstattengehen kann. 14 04 // 2021

MARKT 1 | Beispiel eines Graphen mit zugehöriger Adjazenzmatrix A 1 A B C B 3 A 3 B 1 2 C C 2 Quelle: Eigene Darstellung. Ein Kernelement der Industrie 4.0 ist die mit der zunehmenden Digitalisierung verbundene Vernetzung von Menschen, Maschinen, Stoffen usw. in Wertschöpfungsketten. Nicht nur die Funktionsbereiche eines Unternehmens werden immer stärker miteinander vernetzt, sondern auch das Unternehmen mit seinen Lieferanten, Kunden und Partnern. Im Zug dieser Entwicklung müssen sich die Kreditinstitute spiegelbildlich fragen, was diese Veränderungen für ihre Risikomodelle bedeuten. Die Intensivierung unternehmensübergreifender Kooperationen in Wertschöpfungsketten führt vor allem in der Kreditrisikomodellierung zu einem Wandel. Um die Kreditrisiken unternehmensübergreifender Zusammenarbeit und Projekte richtig beurteilen zu können, müssen Kreditinstitute künftig in der Lage sein, bei ihren Bonitätseinschätzungen und Risikoquantifizierungen die Netzwerke der Kreditkunden noch genauer abzubilden und zu analysieren. Das Kreditrisiko einer Finanzierung hängt nicht mehr nur von der Qualität eines einzelnen Schuldners ab, sondern von einem Geflecht an Projektbeteiligten mit unterschiedlichen Bonitäten und Gewichten innerhalb der Wertschöpfungskette. Hinzu kommt, dass auch vonseiten der Bankenaufsicht gefordert wird, dass Banken dazu in der Lage sind, Risikokonzentrationen und Ansteckungsgefahren in ihren Kreditportfolios zu erkennen und bei ihrer Risikobewertung und -steuerung zu berücksichtigen. 1 Auch hierbei ist für die Institute die Analyse der Netzwerke ihrer Kreditkunden von zentraler Bedeutung. Eine der vor diesem Hintergrund im Mittelpunkt der Kreditportfolioanalyse stehenden Fragen lautet: Welche Implikationen für das Kreditportfolio und die Kreditrisikoposition der Bank hat der Ausfall eines Schuldners, der mit zahlreichen anderen Schuldnern des Portfolios wirtschaftlich vernetzt ist? Die Vernetzung kann dabei in operativen Verflechtungen durch Lieferanten- und Kundenbeziehungen oder in kapitalmäßigen Verflechtungen durch Beteiligungen bestehen. Weitere, mit der wirtschaftlichen Vernetzung von Schuldnern im Zusammenhang stehende Fragen betreffen neben Risikokonzentrationen im Kreditportfolio etwa Ansteckungseffekte zwischen den vernetzten Schuldnern. Sinkt im Zuge des Ausfalls eines Schuldners die Kreditwürdigkeit der mit diesem Schuldner vernetzten Schuldner? Erhöht sich deren Ausfallwahrscheinlichkeit? Nimmt das verbleibende Kreditrisiko der Bank zu? Solche, aus der Vernetzung von Schuldnern resultierende Fragen sind mit den heute verbreitet eingesetzten Kreditportfoliomodellen meist schwer zu beantworten. Sie konzentrieren sich auf die Modellierung von Ausfallkorrelationen zwischen Schuldnern und weisen hinsichtlich der aufgeworfenen Aspekte Schwächen auf. Vermögenswertmodelle auf der Basis von CreditMetrics TM , die vor allem in den großen, international tätigen Instituten zum Industriestandard geworden sind, beschreiben für Schuldner stochastische Prozesse ihrer Vermögenswerte und überführen die abgeleiteten Asset-Korrelationen in Ausfallkorrelationen. In den mehrheitlich in kleineren und mittleren Instituten eingesetzten Ausfallratenmodellen auf der Basis von CreditRisk+ TM werden Schuldner demgegenüber stochastisch unabhängigen Sektoren zugeordnet, für die mit unterschiedlichen Gewichten und Varianzen Ausfallraten abgeleitet und in Ausfallkorrelationen überführt werden. 2 Diese vereinfachte und aggregierte Abbildung der Beziehungsstrukturen wird allerdings der realen Komplexität und Wandelbarkeit wirtschaftlicher Beziehungen meist nicht gerecht. Die üblichen Sektordefinitionen nach Industrien und Ländern sind zu stark vereinfachend. Die Annahme stochastisch unabhängiger Sektoren lässt sich kaum aufrechterhalten. Die Sektorzuordnung von Schuldnern ist in zunehmendem Maße nicht klar abgrenzbar und genau wie die Abhängigkeiten zwischen den Schuldnern über die Zeit veränderlich. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich einfacher beantworten, wenn die Vernetzung der Schuldner im Kreditportfolio tatsächlich erfasst und in höherer Detailtreue abgebildet wird. Ein Instrument, das hierbei äußerst hilfreich sein kann, ist ein Graph. Graphen sind in der Unternehmensforschung (dem Operations Research) seit langem bekannt. Die Graphentheorie beschäftigt sich mit der Abbildung und Analyse von Netzwerken aller Art auf Basis mathematischer Methoden. 3 Graphen G =(N,E) sind Gebilde, die – mathematisch definiert – aus nichtleeren und endlichen Mengen von Knoten N (nodes) und Kanten E (edges) bestehen. Jede Kante eϵE verbindet exakt ein Paar von Knoten (n i ,n j )ϵN. Beispielsweise gehört zu der Knotenmenge N={A,B,C} die Menge der drei Kanten E={(A,B),(A,C),(B,C)}. Die Kanten können zusätzlich gerichtet und gewichtet sein. Gerichtete Kanten werden als Pfeile dargestellt und geben die Wirkrichtung einer Beziehung zwischen zwei Knoten an. Gewichtungen von Kanten zeigen die relative Bedeutung einer Beziehung an und können durch Notierungen an den Kanten oder durch unterschiedliche Kantenstärken abgebildet werden. Struktur, Gerichtetheit und Gewichtung eines Graphen 04 // 2021 15

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