DIGITALISIERUNG VON VOICE COMMERCE ZU VOICE BANKING Vormarsch der smarten Helfer Vor rund vier Jahren führte Apple die Sprachassistentin Siri auf dem iPhone ein. Mehr und mehr erobern Sprachassistenten nicht nur die Smartphones, sondern auch die Wohnzimmer der Konsumenten. Was bedeutet diese Entwicklung für Marken, Anbieter und Finanzdienstleister? Jeder, der an Sprachassistenten denkt, denkt zwangsläufig an Apples Siri auf dem iPhone oder Amazons Echo-Gerät. Diese Assistenten sind zwar erst seit September 2014 auf dem Markt, haben aber in den USA bereits eine Marktdurchdringung von 16 Prozent. Um diese Zahl vergleichbar zu machen: Die Marktdurchdringung von Smartphones im gleichen Zeitraum lag bei nur 12 Prozent. Was ist so toll an diesen Assistenten, und wie kam es überhaupt dazu? Hierfür brauchen wir einen kleinen Ausflug in die jüngere Geschichte. Seit 1930 gibt es elektronische Helfer, die uns eigentlich das Leben leichter machen sollen. Zunächst war die Interaktion mit diesen haushohen Geräten recht primitiv, nämlich über Lochkarten. Sie beschleunigte sich dann ab dem Jahr 1950 aber rapide von Tastatur über Trackball und Joystick hin zur Maus. Jedoch gab es parallel zu jeder Zeit immer wieder den Versuch, sämtliche Krücken zur Interaktion zu überspringen und mit dem Computer zu sprechen, was jedoch lange scheiterte. Erst ungefähr Anfang des Jahres 2000 wurde diese Interaktionsform tatsächlich realistisch. Dazu nutzte man das Feld des Machine Learnings und die inzwischen immer größeren verfügbaren Mengen an Audio-Daten. Ab dem Jahr 2011 wurde dadurch plötzlich eine Spracherkennungsrate möglich, die eine Kommunikation mit Computern erlaubte. Die breite Einführung der Sprachassistenten durch Apples Siri versprach eine lang ersehnte, intuitive, Hilfsmittel freie Interaktion mit Computern. Nutzerverhalten und Marktdurchdringung Die Marktdurchdringung von 16 Prozent laut The Smart Audio Report 2017, einer gemeinsamen Veröffentlichung von Hörfunksendern in den USA und Edison Research, lässt sich aber nicht nur durch die einfachere Interaktionsform erklären. Zwar ist man mit Sprache ungefähr dreimal schneller als mit einer Tastatur, aber es bedarf etwas mehr als nur Geschwindigkeit und Benutzerfreundlichkeit, um bei Kunden erfolgreich zu sein. Unser Leben hat sich über die letzten Jahrzehnte leicht verändert, es ist stressiger geworden. Wir sind dank Smartphones immer erreichbar und haben unfassbare Informationsmengen zu verarbeiten und auch im Zugriff. Wer heute etwas wissen will, googelt und hat innerhalb weniger Sekunden ein Ergebnis. Die gleiche Recherche hätte vor 50 Jahren noch Wochen gedauert. Wir haben uns auch daran gewöhnt, dass wir Super-Computer wie Smartphones immer griffbereit haben. Wenn eine Antwort auf eine Frage zu lange dauert, werden wir grummelig. Wir erwarten 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr immer und sofort eine Antwort auf unsere Fragen - oder zumindest Lösungsvorschläge. Im Alltag wirkt sich das so aus, dass immer mehr Nutzer ihr Smartphone nicht mehr vor sich her tragen oder am Ohr haben, sondern das Gerät vor ihrem Mund halten und dort hinein sprechen. Immer mehr Nachrichten werden nicht mehr getippt, sondern gesprochen. Allerdings ist dies nicht die Renaissance der Telefonie, sondern die Kombination von Spracheingabe und Beibehalten der Asynchronität. Das heißt, der Sender versendet die Nachricht oder sein Anliegen unabhängig von der echten Erreichbarkeit des Empfängers. Die Sprachassistenten spielen in genau dieses Verhaltensmuster. Nutzer können nunmehr gewissermaßen den Raum fragen und die Endgeräte antworten. Dem entsprechend zeigen Anwender von Sprachassistenten fundamentale Änderungen im Nutzungsverhalten, nachdem diese ein sogenanntes Voice-First-Gerät haben. Nach einer Erhebung von The Smart Audio Report wollen 65 Prozent nach der Anschaffung eines solchen Geräts dieses nicht mehr missen, und 87 Prozent der Käufer entscheiden sich für ein solches Gerät, um Fragen stellen zu können, ohne zu tippen. Es ist wenig überraschend, dass die dominierenden Plattformen in diesem Bereich US- 62 04 // 2018
DIGITALISIERUNG Amerikanische Tech-Konzerne sind, wie Apple, Amazon oder Google. Um einen überzeugenden und relevanten Sprachassistenten zu etablieren, braucht man ein existierendes Öko-System: Apple hat iOS, Google hat Android, Amazon hat die eCommerce-Plattform. Außerdem braucht es Unmengen an Daten und die technischen Fähigkeiten, insbesondere im Bereich Machine Learning und Deep Learning. Die größte Überraschung in dem Markt dürfte bisher sein, dass es Apple trotz seines Vorsprungs mit Siri nicht geschafft hat, sich einen Vorteil zu erarbeiten. Ökosysteme bestimmen die Akzeptanz Die bisher erfolgreichste Plattform stellt mit Abstand das Amazon-Echo-Öko-System dar. Bei den Voice-First-Geräten dominiert Amazon mit ca. 70 Prozent den Markt. Aber warum ist ein eCommerce-Gigant so interessiert an Sprach-Assistenten? Amazon als Unternehmen ist eine Hydra. Zum einen ist es ein eCommerce-Händler und eine eCommerce-Plattform mit Amazon Marketplace, dann auch noch ein Logistik- Unternehmen, ein unglaubliches Warenlager und auch noch eine Cloud-Plattform. Warum kümmert sich dieser Gemischtwarenladen also um Sprachassistenten? Wenn man sich den deutschen eCommerce einmal genauer betrachtet, dann ist laut EHI Retail Institute Amazon.de (ohne die Marketplace-Händler) so groß wie die Nummer 2 bis 10 zusammengenommen. Amazon hat im Bereich Logistik über sein Prime-Angebot die Lieferung zum nächsten Werktag etabliert, treibt mit immensen Investitionen in der Logistik und Warenhaltung die Konkur- 04 // 2018 63
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