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die Bank 04 // 2017

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

STABILITÄT ALS ANKER

STABILITÄT ALS ANKER Die abwickelbare Bank Die Erfahrungen aus der Finanzkrise haben gezeigt, wie wichtig ein spezifisches Abwicklungsregime für Kreditinstitute ist. Als ein zentraler Pfeiler der Bankenunion gelten seit Mitte des Jahres 2014 mit dem einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus einheitliche Regeln für die Abwicklung notleidender Banken in der Eurozone. Der folgende Beitrag bietet einen tiefen Einblick in den Single Resolution Mechanism und die Arbeit des Abwicklungsausschusses SRB (Single Resolution Board). Leitmotiv bei all den regulatorischen Reformen, die der Europäische Bankensektor seit 2008 durchlaufen hat, war es, das System insgesamt stabiler zu machen, Fehlanreize abzubauen und die Eigenverantwortung der Banken zu stärken. Denn nachhaltige Stabilität des Systems setzt voraus, dass auch seine Teilnehmer insgesamt stabil und wettbewerbsfähig sind. Unternehmerische Eigenverantwortung bedeutet dabei auch, dass jede Bank im Fall ihres Scheiterns abwickelbar sein muss, wenn etwa das Geschäftsmodell nicht trägt oder das Risikomanagement versagt. Das ist in einer Marktwirtschaft eigentlich eine Selbstverständlichkeit und kann zugleich Freiraum für Neues schaffen. Während der Bankenwettbewerb in Europa durch die in den letzten Jahrzehnten aufgebauten Überkapazitäten noch akzentuiert wurde, muss man die wesentlich bedeutendere Rolle des Kapitalmarkts etwa in den USA konstatieren. Overbanking ist, jedenfalls in Teilen Europas, ein Faktor, der die Profitabilität dämpft und die Suche nach neuen Ertragsquellen mit sich zieht. Aber ganz unabhängig vom jeweils aktuellen Marktumfeld müssen gleiche Ausgangsbedingungen für die Wettbewerber sichergestellt sein. Das noch junge europäische Abwicklungsregime für Banken in Ergänzung zum traditionellen Insolvenzverfahren wurde auch geschaffen, um diesem Prinzip wieder Geltung zu verschaffen. Zentrale Aspekte der Abwicklungsplanung Eine Kernaktivität des Single Resolution Board (SRB), der 2015 ins Leben gerufenen europäischen Abwicklungsbehörde, ist es, funktionale Abwicklungspläne für die bedeutendsten Banken und grenzüberschreitenden Gruppen innerhalb der Bankenunion zu erstellen. Mit unserer Arbeit verfolgen wir in erster Linie präventive Zwecke: Einerseits müssen wir für den Ernstfall unter verschiedensten Szenarien gut vorbereitet sein. Dabei bleibt natürlich zu hoffen, dass es zum Abwicklungsfall nur möglichst selten kommt. Auf der anderen Seite wird das Vertrauen der Allgemeinheit in die Stabilität des Systems gestärkt, da fortan klar ist, dass jede Bank in einem geordneten Verfahren abgewickelt werden kann. Und das Bestehen einer glaubhaften Planung für den Krisenfall mit der Option, lebensfähige von defizitären Bereichen trennen zu können, 18 04 // 2017

sollte sich auch im Selbstverständnis der Banken positiv reflektieren. Als Anreiz, Strukturen und Prozesse auch mit Blick auf die eigene Abwicklungsfähigkeit nicht unnötig kompliziert zu gestalten. Bei unserer Arbeit sind wir den Interessen der Allgemeinheit verpflichtet, weshalb Nachteile für den Steuerzahler und die Finanzstabilität so weit wie möglich zu vermeiden sind. Nachhaltige Finanzstabilität kann es nur dann geben, wenn einheitliche Spielregeln jeder Bank einen Marktaustritt erlauben. Die Systemrelevanz einer Bank und die bis zu einem gewissen Grad übrigens immer abstrakt bleibende Finanzstabilität soll in Europa niemandem mehr als Vorwand für eine Sonderbehandlung dienen, um einer Abwicklung aus dem Weg zu gehen beziehungsweise auf staatliche Hilfe zu spekulieren. Für die Erfüllung unserer Aufgaben brauchen wir eine gute Datenbasis, das ist sine qua non für die Analyse, Beurteilung und Vergleichbarkeit der Banken. Hierbei arbeiten wir eng mit der EZB zusammen. Unsere eigenen Aktivitäten dienen dazu, die Datenlücken zu füllen, die für unsere Arbeit bedeutsam sind. 2017 stoßen wir daher eine weitere, umfassende Erhebung zu den Verbindlichkeiten der Banken an. Das ist unverzichtbar, um die Verbindlichkeiten der Banken einer qualitativen Beurteilung unterziehen zu können. Parallel dazu läuft eine gründliche Analyse der von jeder Bank ausgeübten Funktionen, um darunter die „kritischen” ausmachen zu können. Dies sind Funktionen, die im Interesse der Allgemeinheit auch im Fall einer Abwicklung erhalten werden müssen. Das betrifft häufig den Zahlungsverkehr, kann aber im Einzelfall auch das Einlagengeschäft oder die Finanzierung von Wirtschaft und Haushalten betreffen. Desweiteren müssen wir bei unserer Planung eventuelle Abwicklungshindernisse identifizieren und beseitigen. Damit kritische Funktionen fortbestehen können, muss ihnen zum Beispiel der Zugang zu Marktinfrastrukturen erhalten bleiben. Sofern vertragliche Bedingungen dem entgegenstehen, muss auf deren Änderung hingewirkt werden. Bail-in und MREL – der weitere Weg Abwicklungsplanung hat also viele Facetten: von der Datenverfügbarkeit über den vertraglichen und organisatorischen Rahmen bis hin zur Finanzierung. Denn am Ende hängt alles davon ab, dass das Abwicklungsschema finanzierbar ist, um beispielsweise ein Brückenunternehmen, auf das kritische Funktionen übertragen werden sollen, mit Kapital versorgen zu können. MREL und TLAC, also die Verlustabsorptionskapazität, dienen diesem Zweck. Eins unserer Ziele 2017 ist deswegen die weitere Arbeit an und Konkretisierung der Minimum Requirements of Eligible Liabilities (MREL, Mindestquote für Bail-in-fähige Eigenmittel und Verbindlichkeiten, die Institute für den Abwicklungsfall vorhalten müssen), sowohl auf konsolidierter als auch auf individueller Basis. Außerdem konzentrieren wir uns zunehmend auf die Qualität und Lokalisierung von MREL in den jeweiligen Einheiten einer Gruppe. Welche Verbindlichkeiten das betrifft, muss für jede Bank individuell bestimmt werden. Das sehen die Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD) sowie die Single Resolution Mechanism Regulation (SRMR) bereits seit 2015 so vor. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass es hier keine Standardlösungen (One Size Fits All) geben kann. MREL gleicht weniger einem fest fixierten Ziel, sondern vielmehr einem Weg. Der regulatorische Rahmen in Sachen Abwicklung (BRRD und SRMR) wird auf Initiative der Kommission gerade überarbeitet, und davon erwarten wir weiterführende Antworten auf für unsere Praxis wichtige Fragen. Wobei wir unsere Fachexpertise und Erfahrungen in die Diskussion einbringen. 2019 wird die im Finanzstabilitätsrat (FSB, Financial Stability Board) entwickelte, einheitliche Mindestquote für die Verlustabsorptionsfähigkeit (TLAC, Total Loss Absorbing Capacity) global systemrelevanter Institute (GSIBs, Global Systemically Important Banks) in Kraft treten. Sie setzt sich aus den Eigenmittelanforderungen nach Basel III und Verbindlichkeiten mit besonderer Eignung für die Umwandlung in Eigenkapital zusammen und dient im Wesentlichen denselben Zielen wie MREL. 04 // 2017 19

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