ó FINANZMARKT Der Nordwolle-Konkurs UNTERNEHMENSKRISEN Nicht eine einzelne Ursache, sondern ein ganzes Ursachenbündel führte letztlich zum Konkurs der „Nordwolle“ im Jahr 1931. Unser Autor zeigt auf, wie ein eigentlich grundsolides, gewachsenes Unternehmen durch Missmanagement in Verbindung mit der Weltwirtschaftskrise in Finanzierungsschwierigkeiten geriet, die in einem aufsehenerregenden Konkurs endeten und damit sogar eine Bank zur Schließung zwang. Eckhardt Wanner Keywords: Finanzgeschichte, Managerhaftung, Privatbanken 17. Juni 1931. Die Meldung schlug ein wie ein Blitz: „Nordwolle in Konkurs“. Die Norddeutsche Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei AG war kein übliches Unternehmen; es stand für „deutsche Tüchtigkeit, Solidität und Kreditwürdigkeit“. Gegründet wurde die Gesellschaft 1884 von Christian Lahusen, der sozusagen zum „hanseatischen Uradel“ Bremens zählte. Dieser Konkurs war so unvorstellbar, weil die Gesellschaft über ein ausgewiesenes Grundkapital von 75 Mio. Mark verfügte sowie rund 23 Mio. Mark offene Rücklagen und beträchtliche stille Reserven besaß. Rund ein Drittel der deutschen Kammgarnproduktion wurde von Nordwolle erbracht. Was waren die Ursachen für diesen Konkurs? Im Rückblick zeigt sich, dass – wie so oft – nicht eine Ursache, sondern ein Ursachenbündel letztlich zum Konkurs führte. Die Rohwolle wurde einmal im Jahr gewonnen und musste entsprechend vorfinanziert werden. Der Produktionsprozess von der Rohwolle zum fertigen Kammgarn dauerte rund neun Monate und musste ebenfalls vorfinanziert werden. Nordwolle musste also einen hohen Anteil seines Kapitals in liquider Form halten, um die Rohware aufnehmen und den Fertigungsprozess rationell gestalten zu können. Erschwerend kam hinzu, dass die Rohwolle in den Jahren 1927/1928 zu steigen- den Preisen gehandelt wurde. Im Unternehmen herrschte zu dieser Zeit eine forcierte Expansionspolitik, die nur durch die Übernahme von Konkurrenten möglich war. Diese Strategie benötigte wiederum Kapital, das durch beinahe jährliche Kapitalerhöhungen beschafft wurde. Verschärft wurde die finanzielle Lage noch durch den Bau eines überdimensionierten Verwaltungsgebäudes, dessen Wert auf die damals exorbitante Summe von rund 12 Mio. RM geschätzt wurde. Da die Familie Lahusen bei den Kapitalerhöhungen nicht in vollem Umfang ihres Anteils zeichnen konnte, hatten sie bald die Kapitalmehrheit verloren. Sie beanspruchte aber die Führungspositionen im Vorstand; der wurde von den drei Brüdern G. Carl, Heinz und Friedel Lahusen besetzt. Die Familie sah sich genötigt, in zunehmendem Maß Fremdkapital aufzunehmen. Das aber war kein Problem, standen die Banken doch Schlange, um Nordwolle und der Familie Lahusen selbst Kredite zu gewähren. An erster Stelle die Danat-Bank, die die Funktion der Hausbank innehatte. Zum Stichtag des Konkurses betrug das Fremdkapital rund 200 Mio. Mark. Diese sozusagen internen Faktoren wurden überlagert durch externe Ursachen. Einen negativen hohen Bekanntheitsgrad erreichte die Familie Lahusen durch ihre Polemik gegen die soziale Gesetzgebung, die im Gefolge des verlorenen Kriegs eingeführt wurde. Bereits im Geschäftsbericht für 1918 bezog die Gesellschaft Stellung gegen den Achtstundentag und die Wochenarbeitszeit von 48 Stunden. Als Vorkämpfer gerierte sich die Familie Lahusen vor allem bei den Tarifverträgen, die erstmals zwischen Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt wurden. Dem Tariflohn setzte Nordwolle einen hausinternen Akkordlohn entgegen. Solange Tarif- und Leistungslöhne sich einigermaßen entsprachen, vollzog sich die Auseinandersetzung auf der publizistischen und juristischen Bühne. Die Entwicklung kulminierte 1927. Tarif- und Leistungslöhne begannen auseinander zu driften, und die Auseinandersetzungen nahmen an Härte zu. Das führte Anfang April 1927 zum Ausbruch eines Streiks, dem sich zeitweise die halbe Belegschaft anschloss und der bis weit in den Sommer hinein andauerte und das Unternehmen für die Folgejahre schwer belastete. Die Aufträge konnten nicht wie üblich abgewickelt werden. Das Rohmaterial musste zu den vereinbarten Preisen abgenommen werden – und das bei labilen Markverhältnissen, die 1928/29 zu sinkenden Preisen führten. Das bedeutete, dass das Vorratsvermögen entsprechend niedriger bewertet werden musste. Von den stillen Reserven blieb nichts übrig. Die benötigten liquiden Mittel konnte die Danat-Bank nicht mehr aufbringen. Am 13. Juli 1931, gerade mal vier Wochen nach dem Konkurs der Nordwolle, stellte sie ihre Zahlungen ein. Die Bankenkrise hatte Deutschland erreicht. 24 diebank 04.2016
FINANZMARKT ó Der wirtschaftliche Niedergang begann. Aus der Banken- wurde eine (Welt-) Wirtschaftskrise. Die Nazis stiegen zur stärksten Partei im Reichstag auf. Daraufhin begannen die ausländischen – vor allem die amerikanischen – Investoren ihr Kapital abzuziehen, was die wirtschaftliche Situation in Deutschland weiter verschärfte. Die Brüder G. Carl und Heinz Lahusen kamen für 14 Monate in Untersuchungshaft. Der Richter warf ihnen Spekulation in eigenen Aktien und „zumindest seltsame“ Buchungsmethoden vor. Die Nazis beendeten 1933 den Prozess mit Gefängnis- und Geldstrafen für G. Carl und Heinz Lahusen. Dass die Substanz der Nordwolle nicht schlecht war, zeigte sich bei der Abwicklung des Konkurses. Die Werke in Delmenhorst, Eisenach, Mühlhausen und Fulda brachte der Konkursverwalter in eine neue Gesellschaft, die „Norddeutsche Woll- und Kammgarn-Industrie AG“ ein, die die Geschäfte der alten Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei AG mit Erfolg weiterführte, ohne jedoch die Bedeutung der alten Nordwolle nochmals zu erreichen. ó Autor: Prof. Dr. Eckhardt Wanner war langjähriger Vorsitzender des Ersten Deutschen Historic- Actien-Clubs. Intensivseminar Anpassungsprozesse nach AT 8 MaRisk 6.0 Praktische Ausgestaltung und Umsetzung Die Referenten RA Martin Daumann und 7. April 2016 in Köln anmelden een bank-verlag.de Information und Anmeldung: Stefan Lödorf | 0221/5490-133 events@bank-verlag.de www.compliancefachtagung.de 04.2016 diebank Bank-Verlag 25 GmbH Wendelinstraße 1 | 50933 Köln
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