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die bank 04 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó FINANZMARKT

ó FINANZMARKT Gründungen aufgrund des höheren Kapitalbedarfs, längeren Entwicklungszeiten und unübersichtlichen Zielmärkten deshalb meist in der ersten Phase. Aber auch bei den etablierten Großprojekten fallen die Spielräume für externe Finanzierungen der „Bürgerenergiewende“ meist relativ niedrig aus. All dies sind Faktoren, die bereits in die Sondierungs- und Planungsphase der potenziellen Kapitalgeber bis hin zur Due Diligence einfließen, weil der Rückfluss des eingezahlten Kapitals angesichts schwankender Rahmenbedingungen und langer Finanzierungshorizonte ein Wagnis bleibt. Nicht selten bedarf es dazu größerer, netzwerkartiger Investitionen, in meist schwer vorauszusehende Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Auch für den Investor sind grüne Start-ups deshalb nur dann ein lohnenswertes Ziel, wenn es sich nicht darum dreht, rasch erfolgreich Kasse zu machen. „Grüner“ Gründergeist wird sich so nur innerhalb eines relativ stabilen finanziellen und politischen Rahmens entfachen lassen. Ohne flankierende Maßnahmen, die geeignet dazu sind, eine wirtschaftliche Planungssicherheit für alle Akteure herzustellen, wird es nicht nur an der Gründungsdynamik, sondern auch an geeignefl Um die mit der Energiewende und dem Atomausstieg verbundenen Ziele zu erreichen, sind neue Akteure und Instrumente in der Finanzierung sinnvoll und notwendig. Denn die Unternehmen sind kaum in der Lage, auf die veränderten Rahmenbedingungen angemessen zu reagieren. dass dieser sein investiertes Geld komplett verliert, ein Umstand, der es erforderlich macht – auch aus Bankensicht – vor einer geplanten Kooperation mit einem Plattformbetreiber eine möglichst vollständige Transparenz über inhärente Risiken und Nebenwirkungen herzustellen. Fest steht aber auch: Um die mit der Energiewende und dem Atomausstieg verbundenen Ziele zu erreichen, sind neue Akteure und Instrumente in der Finanzierung sinnvoll und notwendig. Denn die in der Energiewirtschaft traditionell tätigen Unternehmen – etwa die führenden Stromkonzerne – sind kaum in der Lage, auf die veränderten Rahmenbedingungen angemessen zu reagieren. Das Stichwort der „Bürgerwende von unten“ macht die Runde, wenngleich es bislang an konzeptionell schlüssigen Produkten zu (hybriden) finanziellen Beteiligungsinstrumenten noch mangelt. Das Problem der Etablierung Ein Grund dafür: Das Potenzial, das in den „grünen“ Neugründungen gerade aus der Start-up-Szene steckt, kann sich oftmals nur schwer oder auch gar nicht entfalten. Die mutigen Gründer sehen sich mit vielfältigen Schwierigkeiten konfrontiert. Grundsätzlich scheitern grüne ten Investoren und Geldgebern mangeln. Will die Bundesregierung sukzessive ihrem selbst gesteckten Ziel näher rücken, die Energiewende auch mittels innovativer Ideen und intelligenter Lösungen aus den Reihen grüner Start-ups voranzutreiben, dann setzt dies klare und verlässliche Rahmenbedingungen einschließlich maßgeschneiderter Förderprogramme voraus. Andernfalls bleiben auch die grünen Crowdfunding-Plattformen eine Randerscheinung. Neben Kapital und leistungsfähigen Netzwerken erfordert dieser Prozess außerdem die enge Anbindung an die großen Akteure aus der Wirtschaft und dem Energiesektor, um Bahnbrechendes gemeinsam vorwärts zu treiben. Fragezeichen hinter Regulatorik Auch das Terrain gesetzlicher Regelungen bleibt nach wie vor unübersichtlich. Nachdem im Frühjahr vergangenen Jahres das Bundesfinanz-, das Justiz- und Verbraucherschutzministerium einen ersten Aktionsplan zu einem umfassenderen Anlegerschutz präsentierten, wurde ein erster Gesetzesentwurf für das neue Kleinanlegerschutzgesetz im August 2014 vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht. Wie bereits beim gemeinsamen Aktionsplan der beiden federführenden Ministerien 20 diebank 4.2015

FINANZMARKT ó angekündigt, unterliegen Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen zukünftig der Prospektpflicht nach dem VermAnlG, was bedeutet, dass diese rechtlich Genussrechten und Namensschuldverschreibungen gleichgestellt sind. Daraus resultierend müssen die Projektträger bei der Emission einer entsprechenden Vermögensanlage einen Verkaufsprospekt nach Vermögensanlagen- Verkaufsprospekteverordnung (VermVerkProspV) veröffentlichen. Diverse Ausnahmetatbestände (z. B. Prospektfreiheit bis 100.000 € Emissionsvolumen pro Jahr) nach § 2 VermAnlG bleiben hiervon unberührt und gelten somit auch für die nachrangigen Darlehen. Ein neuer Ausnahmetatbestand erfasst auch jene Vorhaben, die über Internet-Dienstleistungsplattformen abgewickelt werden, wozu auch – je nach Geschäftsmodell – solche Vermittler von ökologischen Investments zuzuordnen sind, die Bürgerbeteiligungen via Crowdinvesting vertreiben und bewerben. Jene Anbieter, die eine webbasierte Bürgerbeteiligungsplattform für ihr Angebot einsetzen, sind dabei bis zu einem Gesamtbetrag von je 1 Mio. € (je Projektgesellschaft) von den neu eingeführten Prospektpflichten für Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen ausgenommen. Zudem gilt ein Höchstanlagebetrag von 10.000 € je Anleger je Projekt, sodass jeweils mindestens 100 Anleger ein Einzelprojekt finanzieren müssen. Offen bleibt dabei, auch angesichts wachsender negativer oder positiver Projektbilanzen, inwieweit diese regulatorischen Prämissen weiterhin zu überarbeiten und präzisieren sind, um eine möglichst sichere Planungsgrundlage für alle relevanten Akteure auch aus Aspekten des Verbraucherschutzes heraus zu ermöglichen. Fazit: Grüne Projektideen, die auf Crowdfunding-Plattformen präsentiert werden, sind oftmals kreativ, gut durchdacht und voller Enthusiasmus. Der Vorteil der neuen Finanzierungsmodelle: Investitionsbereite Bürger können bereits mit kleinen Geldbeträgen dazu beitragen, umweltfreundliche Projekte und Energiesparideen von Unternehmen, Kommunen, Vereinen und Privatpersonen zu realisieren. Green Crowdfunding sollte deshalb als neues Finanzierungsinstrument dazu geeignet sein, die Energiewende insgesamt in Deutschland voranzubringen. Doch Vorsicht: Es gibt unterschiedliche Arten von Crowdfunding. In vielen Fällen fußen die Beteiligungen wie zuvor schon angedeutet auf partiarischen Nachrangdarlehen. Bei dieser Form der Finanzierung stellt der Crowdinvestor dem Unternehmen zwar sein Kapital zur Verfügung, erwirbt im Gegenzug aber keine Anteile an dem von ihm finanzierten Unternehmen. Vorteil: Im Erfolgsfall wird der Crowdfinanzier zwar an den erwirtschafteten Gewinnen beteiligt. Geht dagegen beim grünen Crowdfunding nicht alles gut, werden seine Ansprüche erst nach allen anderen bedient. Gerade im Fall einer Insolvenz wäre es somit durchaus möglich, dass der private Investor sein gesamtes eingelegtes Kapital verliert, was dem gesamtgesellschaftlichen Image der Energiewende kaum zuträglich sein dürfte. Von entscheidender Bedeutung für den künftigen Entwicklungspfad ist deshalb die Frage, inwieweit es den neuen Modellen gelingt, sich entschieden von Angeboten aus dem grauen Kapitalmarkt abzugrenzen. Einige neu im Marktsegment Green Crowdfunding präsente Betreiber wie greenXmoney haben damit begonnen, genau diese Lücke zu adressieren. Der Erfolg bleibt abzuwarten: Auf der Plattform können Anleger seit September 2014 Forderungskaufverträge direkt mit den Besitzern von grünen Kraftwerken abschließen, von greenXmoney als „Wattpapier“ bezeichnet. Damit sieht sich die Handelsplattform nicht als Anbieter eines Finanzprodukts, sondern stellt lediglich die notwendige Infrastruktur bereit, um Käufer und Verkäufer zusammenzubringen. Der Verkäufer tritt dabei als Betreiber eines grünen Kraftwerks wie einer Photovoltaik-Anlage oder eines Windparks auf, der dem Käufer via Forderungskaufvertrag einen Teil der kalkulierten Erträge der Anlage abtritt. Der Käufer erwirbt somit keine Anteile an der Energieerzeugungsanlage selbst und vergibt auch kein nachrangiges Darlehen. Vereinfacht ausgedrückt erwirbt der Anleger „nur“ den Stromertrag, den eine Anlage im Lauf der kommenden Jahre voraussichtlich erzeugen soll. Unabhängig von den Chancen und Risiken dieses Modells gilt jedoch: Alle rechtlichen Konstrukte verlangen nicht nur dem Crowdinvestor einige Anstrengungen ab. Die Argumente Pro und Contra halten sich somit in etwa die Waage. Trotz nicht unerheblicher Risiken liegen grüne Investments über neue Crowdfunding-Plattformen im Trend. Sie bewegen sich derzeit mit Blick auf die Projektvolumina noch auf einem niedrigen Ausgangsniveau. Konzeptionellen Rückenwind verleiht zweifellos das gesamtgesellschaftliche Leitbild der Bürgerbeteiligung, um direkt als Einzelperson oder Gruppe in grüne Produkte, sowie in Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und Klimaschutz zu investieren. Dennoch erfordert es im derzeitigen Reifestatus meist auch eine gewisse Portion Idealismus, um sich via Green Crowdfunding für das eine oder andere Vorhaben zu engagieren. Sofern Plattformbetreiber, Bank und Privatinvestor bei dieser neuen Finanzierungsart altbewährte Investitionsgrundsätze nicht außer Acht lassen, könnten derartige Modelle einen positiven Entwicklungspfad vor sich haben, vor allem als ergänzendes Instrument zur klassischen Projektfinanzierung im genossenschaftlichen Verbund einer lokal ausgestalteten Energiewende vor Ort. ó Lesen Sie dazu auch: Stürner, J.: „Innovative Finanzierung: Crowdfunding – unkalkulierbare rechtliche Risiken“, die bank 7.2014 Palgrave, F.: „Der Markt für Green Bonds gedeiht“, die bank 12.2014 4.2015 diebank 21

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