ó FINANZMARKT Warum das Goldfixing reformiert wird PRICING London gilt bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts als Dreh- und Angelpunkt des globalen Edelmetallhandels. Bei dem dort täglich stattfindenden Goldfixing soll der Preis ermittelt werden, zu dem zu einem festgelegten Zeitpunkt am meisten Transaktionen abgewickelt werden können. Gleichzeitig wird dieser offizielle Tagespreis weltweit von Juwelieren bis hin zu Zentralbanken als Bezugswert für das von ihnen gehandelte Edelmetall verwendet. Doch aufgrund des Drucks der Regulierungsbehörden stehen diesem rund 100-jährigen Preisfindungsprozess nun einschneidende Veränderungen bevor. Steffen Grosshauser Keywords: Compliance, Goldund Silberfixing, Marktmanipulation, Insiderhandel Die Aufsichtsbehörden von vier verschiedenen Ländern haben innerhalb der letzten 15 Jahre wiederholt Ermittlungen auf dem Edelmetallmarkt angestellt. Gegenstände der Untersuchungen waren zumeist die Gold- und Silberfixings. Ende Februar schrieb das Wall Street Journal, dass das US-Justizministerium sowie die US-Aufsichtsbehörde für amerikanische Futureund Optionsmärkte CFTC (Commodity Futures Trading Commission) nun gegen mindestens zehn global tätige Großbanken wegen des Verdachts auf Manipulation diverser Edelmetallpreise ermitteln würden. Das US-Wirtschaftsblatt beruft sich dabei auf mit den Vorgängen vertraute Personen. Auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) und die für das Kartellrecht zuständige Wettbewerbsbehörde der Schweiz prüfen mögliche Vergehen durch Finanzinstitute beim Goldhandel. Gestützt werden die Vorwürfe durch einen ehemaligen Kommissar der US-Regulierungsbehörde, der erklärte, dass es schon in der Vergangenheit wiederholt Versuche gab, den Silberpreis zu kontrollieren. Zweimal ermittelte die CFTC bereits aufgrund des Verdachts der systematischen Einflussnahme, wies jedoch in beiden Fällen die Vorwürfe zurück, zuerst im Jahr 2004 und nach einer fünfjährigen Untersuchung erneut in 2013. Die britische Aufsichtsbehörde FCA (Financial Conduct Authority) verhängte im vergangenen Jahr gegenüber der Barclays Bank eine Strafe von damals 44 Mio. €, da sie es im Zusammenhang mit dem Londoner Goldfixing nicht schaffte, Interessenkonflikte ausreichend vorzubeugen. Doch obgleich sich Barclays internes Kontrollsystem zwischen 2004 und 2013 als unzureichend erwies, stellte die FCA nur einen Einzelfall von Fehlverhalten fest. Dem Rogue Trader wurde daraufhin gekündigt und eine Geldstrafe auferlegt. Ferner wurde ihm untersagt, jemals wieder im Finanzdienstleistungsgewerbe arbeiten zu dürfen. Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nahm Anfang 2014 Ermittlungen auf, nachdem die Deutsche Bank – damals noch Mitglied des täglichen Preisfindungsprozesses – einen ihrer Devisenhändler wegen des Vorwurfs, die Devisenpreise manipuliert zu haben, suspendierte. Doch Ende Januar erklärte deren Direktor schließlich in einem Interview, dass das Thema Gold für die deutschen Regulatoren vorerst erledigt sei, sofern sie keine zusätzlichen Hinweise mehr erhalten, wo doch manipuliert worden sein soll. Den Verdachtsmomenten gingen mehrere Analysen voraus, unter anderem die zweier Wissenschaftler, die im Rahmen einer Forschungsarbeit die Handelstätigkeiten auf den Derivaten-Märkte unter die Lupe nahmen und dabei feststellten, dass es unmittelbar nach Beginn des Gold-Fixings zu einer Anhäufung von Handelsgeschäften bei Gold-Futures und Gold-ETFs kam. Die Autoren schlussfolgerten daraus Front Running, indem ihrer Meinung nach die Fixpreise offensichtlich schon vorab bekannt gewesen und entsprechende Insider- Informationen an die Märkte durchgesickert sein müssten. Ein anderer, häufig genannter Kritikpunkt ist, dass der Preis von einem kleinen, exklusiven Kreis in einem altertümlich und nicht besonders transparent wirkenden Ritual bestimmt wird. Preisfixing als Ergebnis realer Handelsaktivitäten Das Londoner Goldfixing findet seit 1919 regelmäßig statt, das Silberfixing, ein identischer Preisfindungsmechanismus für Silber, das bereits im August letzten Jahres als Folge des Rückzugs der Deutschen Bank abgelöst wurde, existierte seit 1897. Dieses Verfahren ist eines der wenigen Beispiele für Tâtonnement im Finanzbereich, ein aus dem Französischen stammender Begriff, der wörtlich „Herantas- 16 diebank 4.2015
FINANZMARKT ó ten“ bedeutet, was auf das Trial-and-Error- Verfahren hindeutet, mit dem sich die Beteiligten an einen einzigen Preis annähern, zu dem zu diesem Zeitpunkt das Handelsvolumen maximiert werden kann. Das an diesem Handelsprozess beteiligte Bankenkonsortium (bei Gold momentan bestehend aus Barclays, HSBC, Scotia Mocatta und Société Générale) bezieht sich dabei auf die Auftragsbücher seiner Kunden, um die auf dem Großhandelsmarkt üblichen Good-Delivery-Barren zu kaufen beziehungsweise zu verkaufen. Diese Aufträge beinhalten andere Aufträge von kleineren Gold-handelnden Banken und Brokern, sodass sie letztendlich den gesamten Markt widerspiegeln, von Privatinvestoren über Minenbetreiber, Veredler und Schmuckhersteller bis hin zu Investmentfonds und Zentralbanken. Die Teilnehmer dieses Vorgangs verhandeln in einer Telefonkonferenz, wobei der Vorsitzende einen Preis vorschlägt und alle Mitglieder fragt, ob sie zu diesem Kurs Netto-Käufer oder -Verkäufer wären und wie viele Barren sie handeln möchten. Falls die Kauf- und Verkaufsaufträge nicht übereinstimmen, wird ein neuer Preis vorgeschlagen, der im Fall eines Nachfrageüberhangs höher und bei einem größeren Angebot niedriger ausfällt. Entscheidend ist, dass die Kunden der Banken dieses Fixing in Echtzeit mitverfolgen können. Dieses Verfahren ist von wesentlicher Bedeutung, da es dem Markt ermöglicht, das anzubieten, was gefragt wird, und das zu kaufen, was angeboten wird. Generell wollen Käufer natürlich zu möglichst niedrigen Preisen kaufen und Verkäufer zu den höchstmöglichen verkaufen. Der ermittelte Mittelwert ist das Ergebnis dieser realen Handelsaktivitäten. 100 Jahre lang war der Markt mit diesem Prozess zufrieden. In einer von der LBMA (London Bullion Market Association) durchgeführten Marktkonsultation bestätigten dies drei Viertel der Goldfixing-Kunden. Bereits vor Erhebung der aktuellen Vorwürfe bat die LBMA ihre Mitglieder um Vorschläge für eine Alternative. Hierzu wurden sowohl professionelle Händler und Banken als auch die britische Zentralbank und Finanzaufsichtsbehörde eingeladen. Am Ende einigte man sich auf einen elektronischen, auktionsbasierten Mechanismus, der neben der Markttransparenz auch weiterhin die vorhandene hohe Liquidität gewährleisten soll, von der alle Marktakteure profitieren. Neuer auktionsbasierter Mechanismus Der überarbeitete Vorgang zur Ermittlung des Silber-Benchmarks, der im August letzten Jahres begann, wird vom Wirtschaftsdienst Thomson Reuters und der US-amerikanischen Wertpapierbörse CME (Chicago Mercantile Exchange) verwaltet und dokumentiert. Die seit 20. März 2015 laufende neue Preisfindung für Gold wird von der zur amerikanischen Terminbörse ICE gehörenden Benchmark Administration IBA administriert. Beide Prozesse behalten die Struktur des bisherigen Fixings bei, wobei die akkreditierten Mitglieder der beteiligten Großbanken nach wie vor anhand ihrer Kundenaufträge den Bezugswert austarieren. Die Telefonkonferenz wird durch eine verschlüsselte Online- Plattform abgelöst und der Vorsitzende durch einen Algorithmus ersetzt. Wie die FCA im vergangenen Dezember bekanntgab, sollen die Verfahren durch dieselben strengen Gesetze geregelt werden, die auch für den Referenzzins im Interbankengeschäft Libor und die Referenzwerte auf den Devisenmärkten gelten. Zwischen Londons größten Banken werden täglich Goldgeschäfte im Wert von durchschnittlich 20 Mrd. € abgewickelt, was sowohl physisches Edelmetall als auch nicht-zugewiesene Kreditpositionen mit einschließt. Hinzu kommen 40 bis 120 Mrd. € durch externe Handelsaktivitäten. Bezüglich des Handelsvolumens wird Londons Goldmarkt lediglich von den zehn gängigsten Währungspaaren auf dem Devisenmarkt übertroffen. Ein großer Teil davon wird zum jeweiligen Tagespreis gehandelt. Dies gibt den größten Goldhändlern der Welt die Möglichkeit, jedwede Menge zu einem öffentlich notierten Preis zu handeln. Viele Privatanleger nutzen die weltweit größte Onlinebörse für physisches Edelmetall (BullionVault), um zu diesem offiziellen Tagespreis zu handeln. Die Lizenzgebühren für die reformierten Verfahren sind bislang noch nicht in allen Details bekannt. Bislang wurden beide Werte von der LBMA sowie von den für die Ausführung zuständigen Fixing-Unternehmen kostenlos auf deren Webseiten veröffentlicht. Nun müssen die angefallenen Entwicklungs- und Verwaltungskosten wieder hereingeholt werden. Von daher muss davon ausgegangen werden, dass diese Kosten die Marktteilnehmer und letztendlich die Endverbraucher treffen. Fazit Die kontinuierliche Verwendung des Goldfixings über rund 100 Jahre hinweg sollte auf die außerordentliche Tauglichkeit dieses Prozesses schließen lassen. Doch viele externe Beobachter halten das Verfahren für veraltet und denken, dass der dabei ermittelte Preis doch korrumpiert sein müsse. Aber ein Preis ist keine abstrakte Zahl, sondern er entsteht dort, wo sich Angebot und Gegenangebot treffen. Um möglichen Manipulationen durch einzelne Personen vorzubeugen, sind Regeln zur Überwachung und Dokumentation sicherlich sinnvoll. Und natürlich müssen diese auch den Anforderungen der Aufsichtsbehörden entsprechen. Aber durch den neuen elektronischen Mechanismus wird der zugrunde liegende Preisfindungsprozess nicht verändert. Vielmehr wirkt es so, als ob er vor allem dazu geschaffen wurde, um den erlittenen Reputationsverlust des Markts zu minimieren und das Vertrauen bei Außenstehenden wiederherzustellen. Autor: Steffen Grosshauser ist European Operations Executive bei BullionVault und Redakteur der Gold News. 4.2015 diebank 17
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