DIGITALISIERUNG 1 | CAPE-Kennzahl von Shiller und tatsächliche zehnjährige reale Aktienrenditen von Januar 1881 bis Juni 2012 25 % 50 20 % 45 Zehnjährige reale Überschussrendite (10YR) 15 % 10 % 5 % 0 % -5 % 1881 1883 1885 1887 1889 1891 1893 1895 1897 1899 1901 1903 1906 1908 1910 1912 1914 1916 1918 1920 1922 1924 1926 1928 1931 1933 1935 1937 1939 1941 1943 1945 1947 1949 1951 1953 1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2006 2008 2010 2012 40 35 30 25 20 15 10 CAPE -10 % -15 % Jahr 10YR (tatsächlichen Werte) CAPE-Kennziffer 5 0 Quelle: Herdt und Schulte-Mattler (2022), S. 81. Marktinformationen direkt in die Preise einfließen und die Aktienkurse somit alle Informationen widerspiegeln. 2 Häufig wird angenommen, Markteffizienz hieße, dass die Renditen unvorhersehbar seien, was nicht korrekt ist. Die Markteffizienz impliziert die Unvorhersehbarkeit der Aktienmarktrenditen nur dann, wenn die erwarteten Renditen für die Anleger im Zeitverlauf konstant oder zumindest unkorreliert sind. Wenn die erwarteten Aktienrenditen zeitlich schwankend und sehr wahrscheinlich stabil sind, dann sind die Renditen auch auf informationseffizienten Märkten vorhersehbar. Renditevorhersagen aus vergangenen Aktienindexrenditen an den Märkten haben eine lange Tradition, mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen bei kurz- und langfristigen Renditen. Für die Vorhersage von kurzfristigen Renditen zeigt sich nur eine schwache empirische Evidenz. So wies Cochrane mit seiner Regressionsanalyse nach, dass die Prognose von kurzfristigen Renditen kaum statistische Relevanz hat. 3 Regressionen von langfristigen Marktrenditen und Aktienprämien liefern hingegen hohe Evidenz für die Vorhersagbarkeit von Aktienrenditen. Shiller sowie LeRoy und Porter dokumentierten erstmals mit ihren Volatilitätstests die Vorhersagbarkeit auf lange Sicht. 4 Die Schwankungen der Aktienkurse sind nach ihren Analysen zu stark, als dass sie durch sich ändernde Erwartungen an künftigen Cashflows erklärt werden können. Daher müssten unterschiedliche Diskontierungssätze oder erwartete Renditen für die Schwankungen der Aktienkurse verantwortlich sein. Cochrane lieferte zudem Hinweise dafür, dass die statistische Relevanz der Vorhersagen mit zunehmendem Zeithorizont wächst. 3 CAPE-Kennziffer Keine andere Kennzahl als das zyklisch bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis der in einem Index enthaltenen Unternehmen – kurz CAPE-Ratio genannt (Cyclically Adjusted Price-to-Earnings Ratio) – hat sich in empirischen Überprüfungen als ein effektiverer Prädiktor für die langfristigen zehnjährigen Aktienmarktrenditen herausgestellt. Die CAPE-Kennziffer wurde von Shiller bekannt gemacht 5 und wird auch „Shiller-Kurs-Gewinn-Verhältnis“ genannt. Sie ist ein Bewertungsmaßstab, bei dem der reale (inflationsbereinigte) Marktindex zum gleitenden Zehn- Jahres-Durchschnitt der realen Gewinne der im Index enthaltenen Unternehmen ins Verhältnis gesetzt wird. Erst im Jahr 1988 kamen Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die durchschnittlichen Gewinne der letzten zehn Jahre ein sehr aussagekräftiger Schätzwert für die langfristigen zehnjährigen Aktienindexrenditen sind. Der lange Zeitraum wird benutzt, um Schwankungen der Unternehmensgewinne in Konjunkturzyklen auszugleichen. Die kritische Annahme des CAPE-Verhältnisses ist der Mean-Reversion-Effekt. Das bedeutet, dass sich der untersuchte Aktienmarkt langfristig entsprechend des langfristigen Mittelwerts der CAPE-Kennzahl weiterentwickelt. Die Darstellung ÿ 1 zeigt am Beispiel des S&P-500-Index die CAPE-Kennzahlen von Januar 1881 bis Juni 2012 (auf der rechten Achse) zusammen mit den tatsächlichen Zehn-Jahres-Renditen des Index (auf der linken Achse). Die für Juni 2012 ausgewiesene Zehn-Jahres-Rendite berücksichtigt Daten bis Juni 2022. Tatsächlich schwankte das CAPE-Verhältnis auf dem S&P-500-Aktienmarkt in dieser Zeit zwischen 10,2 und 24,4 – also um nur eine Standardabweichung – und kehrte regelmäßig zu seinem historischen Durchschnitt von 17,3 zurück. Genau diese Rückkehr ist der Mean-Reversion-Effekt. Das CAPE-Verhältnis ist eine vorzüglich geeignete Kennzahl, um die aktuelle Marktlage zu bewerten. Wenn das CAPE-Verhältnis 46 03 | 2023
DIGITALISIERUNG 2 | Beispiel eines Deep Feedforward Neutral Networks (FNN) Input Layer Hidden Layer Output Layer I 1 H 1 O 1 I 2 I 3 H n O n I n Quelle: Eigene Darstellung der Autoren. hoch ist, sind Aktien tendenziell überbewertet, und die Kurse sollten innerhalb der nächsten zehn Jahre fallen. Umgekehrt gilt: Wenn das CAPE-Verhältnis niedrig ist, gelten die Aktien als unterbewertet und sollten daher im Lauf der Zeit tendenziell steigen. Die in ÿ 1 erkennbare, deutlich inverse Beziehung zwischen der CAPE-Kennzahl und der zehnjährigen realen Rendite (Korrelationskoeffizient in Höhe von -0,5) unterstreicht die Qualität der Annahme. Im Jahr 2000 erreichte die CAPE-Kennziffer ein Allzeithoch von 43 – mehr als das Doppelte ihres historischen Mittelwerts – und galt damit als deutlich überbewertet. Im darauffolgenden Jahrzehnt sollten ausgehend vom Allzeithoch die CAPE-Kennzahlen für den Index also fallen. Das taten sie auch. Für andere Zeitpunkte kann man dieselbe Überlegung mit demselben Ergebnis durchführen. Künstliche Neuronale Netzwerke Die künstlichen neuronalen Netzwerke (KNNs) des DLs erleben in Wissenschaft und Praxis seit Jahren einen unaufhörlichen Aufschwung als Prognoseverfahren für Aktienindexrenditen, insbesondere mit dem CAPE- Verhältnis als Prädiktor. Die Analyse und Prognose von Aktienindexrenditen stellt grundsätzlich eine Herausforderung für Banken dar, da Finanzdaten von vielen und komplexen Faktoren beeinflusst werden. Durch ihre Fähigkeit, komplexe Muster und Zusammenhänge in Daten zu erkennen, etablierten KNNs sich als vielversprechende statistische Verfahren und zentraler Entwicklungstreiber im Bereich der KI. Sie führen im Vergleich zu tradierten Methoden zu besseren Prognosen und Investitionsentscheidungen. Das zentrale Element eines KNNs sind die „Neuronen“, die in verschiedenen Layern (Schichten) strukturiert werden. ÿ 2 zeigt ein einfaches KNN, in dem die Neuronen als Kreise dargestellt sind. Neuronen, die als Knotenpunkte fungieren, nehmen entweder neue Informationen von außen oder anderen Neuronen auf (dargestellt als Pfeile). Die Basisstruktur eines KNNs verfügt über drei Layer-Typen, denen jeweils Neuro- 03 | 2023 47
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