MARKT men, ist es nach wie vor die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die bei der Ausgabe von Green Bonds führend ist: Ganze 18,6 Mrd. US-$ hat die Förderbank des Bundes 2021 bei den Investoren einsammeln können. Zweitgrößter Emittent war der Bund mit 11,4 Mrd. US-$, gefolgt von der Landwirtschaftlichen Rentenbank mit 4,2 Mrd. US-$, siehe Darstellung ÿ 1. Neubauten sind nicht grün Wenn Emittenten eine grüne Anleihe auflegen, wollen sie mit den eingesammelten Geldern Umwelt- oder Klimaschutzmaßnahmen unterstützen. Bisher bestand die größte Herausforderung darin, einheitlich zu definieren, was unter „grün“ zu verstehen ist. Mittlerweile wurde diesbezüglich schon ein verbesserter Konsens erreicht. Es fehlt aber immer noch der Blick auf das große Ganze und damit an der Fähigkeit, die Probleme unserer Zeit im Kern anzupacken. Das liegt sicher auch daran, dass der Lobbyismus nach wie vor nahezu alle Wirtschaftsbereiche durchzieht, angefangen von der Agrarwirtschaft bis hin zur Zementindustrie. Beim Thema Klimaschutz steht deshalb die Reduktion von Treibhausgasen ganz oben auf der Liste, und Projekte wie energieeffiziente Bauweisen, Elektroautos und sonstige Konzepte zur CO2-Reduktion werden als förderwürdig eingestuft. Ein erstes gutes Beispiel hierfür liefert die KfW, die als wichtiger Impulsgeber für die nachhaltige Transformation in Deutschland gilt. Die Emissionserlöse aus ihren Green Bonds tragen zu ihrer Refinanzierung bei und werden dementsprechend für ihre allgemeinen Förderaktivitäten verwendet. Für die am 5. Juli 2022 emittierte grüne Anleihe der KfW mit der ISIN: XS2498154207 qualifizieren sich Finanzierungen, die unter den KfW-Förderprogrammen „Erneuerbare Energien“, „Energieeffizient Bauen“ und „Nachhaltige Mobilität“ laufen. Hier fängt das Dilemma an, denn mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) Wohngebäude – Kredite förderte die KfW bis Anfang 2023 den Bau und den Kauf eines neuen Hauses oder einer Eigentumswohnung, wenn die Immobilie die Anforderungen an ein Effizienzhaus 40 mit Nachhaltigkeitsklasse (NH) erfüllt. 1 Damit stellt die KfW zwar hohe Anforderungen an neu gebaute Häuser, die nicht nur auf die Energieeffizienz abzielen, sondern auch ressourcenschonend und schadstoffarm sein müssen. Allerdings hat auch der effizienzgetriebene Immobiliensektor ein Klimaproblem, das auch mit noch so effizienten Neubauten nicht zu lösen ist. Das liegt an der „grauen Energie“, also an der Energiemenge, die für die Gewinnung der Rohstoffe für ein Bauteil sowie für dessen Herstellung, Transport, Lagerung sowie Rückbau und Entsorgung aufgewendet werden muss und die damit in nahezu jedem Bauteil steckt. Besonders bedenklich ist der für Neubauten benötigte Beton. Er gilt als besonders klimaschädlich, weil Kalkstein verbrannt werden muss, um den im Beton enthaltenen Zement gewinnen zu können. Deutlich schwerwiegender ist allerdings der mit jedem neu errichteten Gebäude verbundene Flächenfraß und die damit einhergehende Versiegelung des Bodens, die unweigerlich zum Artenschwund führt. Zwar hat sich die Bundesregierung bereits im Jahr 2010 auf die Fahne geschrieben, den Flächenverbrauch bis 2030 auf weniger als 30 Hektar pro Tag zu senken, allerdings verfehlt sie ihr ehrgeizig formuliertes Ziel gewaltig. Die neueste Statistik des Statistischen Bun- 26 03 | 2023
MARKT 1 | Die größten Emittenten grüner Anleihen in Deutschland in 2021 in Millionen US-Dollar KfW 18,562 Federal Republik of Germany 11,443 Landwirtschaftliche Rentenbank 4,185 Quelle: Environmental Finance. desamts liefert auch die Zahlen dafür: Danach hat sich die Fläche für Siedlung und Verkehr von 1992 bis 2020 von 40.305 auf 51.692 Quadratkilometer ausgedehnt; ein Blick auf die Teilflächen zeigt die Zunahme der Siedlungsfläche um 34,9 Prozent und der Verkehrsfläche um 9,9 Prozent. Laut den Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder waren davon etwa 43,7 Prozent versiegelt. Auch zukünftig ist davon auszugehen, dass immer mehr Wiesen, Wälder und landschaftliche Flächen von der Bildfläche verschwinden werden, denn der Druck auf den Wohnungsmarkt ist angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahlen und der zunehmenden Arbeitsmigration aus den EU-Staaten enorm. Darüber hinaus hält, trotz Zinswende, auch der Trend zum großflächigen Einfamilienhaus ungebrochen an. E-Autos verschlingen kritische Mineralressourcen Die Emissionserlöse des betrachteten Green Bond fließen auch in Investitionen in nachhaltige und klimafreundliche Mobilität, u. a. also auch in E-Autos. Diese gelten als besonders umweltfreundlich, weil sie im Gegensatz zum klassischen Verbrennungsmotor keine direkten Emissionen beim Fahren erzeugen. Ein genauer Blick auf die Herstellung der Batterien bescheinigt E-Autos allerdings eine schlechte Umweltbilanz. Zum einen muss für die Produktion der Batterien sehr viel Energie aufgewendet werden. Laut dem Fraunhofer- Institut fallen je nach Energiequelle, Energieeffizienz der Produktion und der Batteriegröße zwischen 70 und 130 Prozent höhere Treibhausgas-Emissionen als bei der Herstellung von Benzin- und Dieselfahrzeugen an. Zum anderen werden kritische Mineralressourcen für die Herstellung von E-Autos benötigt. Und hieran zeigt sich, dass E-Autos alles andere als nachhaltig sind. Laut den Daten der International Energy Agency (IEA) werden bei der Produktion eines Benziners und Diesels durchschnittlich etwa 22,3 kg Kupfer und 11,2 kg Mangan benötigt. In Elektroautos sind es aber 53,2 kg Kupfer und 24,5 kg Mangan. Hinzu kommen weitere Ressourcen wie 66,3 kg Graphit, 39,9 kg Nickel, 13,3 kg Kobalt und 8,9 kg Lithium, deren Abbau die Umwelt zukünftig noch weiter strapazieren wird. Die IEA schätzt, dass die Umstellung auf saubere Energien zu einem enormen Anstieg der Nachfrage nach kritischen Mineralien führen wird. Im sogenannten IEA-SDS-Szenario, das die Ziele des Pariser Abkommens erfüllt, dürfte der Anteil von sauberem Kupfer an der Gesamtnachfrage nach ausgewählten Mineralien in den nächsten zwei Jahrzehnten auf 45 Prozent steigen. Bei Lithium, Kobalt und Nickel sollen die Anteile zwischen 92 und 61 Prozent liegen. ÿ 2 Selbst, wenn der Strom zur Produktion und zum Laden von E-Autos vollständig aus regenerativen Energien stammen würde, lässt sich das Fazit ziehen: Ein Umstieg auf E-Autos dürfte der Umwelt sehr viel weniger bringen, als oftmals propagiert wird – zumal die Fördermittel auch in E-Autos mit großen Akkus und entsprechend hoher Leistung fließen. Green Bonds fördern kein Tierwohl Auch die Landwirtschaftliche Rentenbank hat ihr Engagement als Emittentin grüner Anleihen deutlich verstärkt, nachdem sie im September 2020 ihren ersten öffentlichen Green Bond platziert hat. Ihre grünen Anleihen werden zur Förderung erneuerbarer Energien eingesetzt, aber auch zur Förderung der tiergerechten Nutztierhaltung begeben. Nicht nur aus ethischen Gründen ist der letztgenannte Förderzweck abzulehnen. Auf der Homepage findet sich ein Beispiel für die Förderung eines Schweinezüchters, der „Ferkelaufzucht und Schweinemast im geschlossenen System“ betreibt und nach den Kriterien der Initiative Tierwohl wirtschafte. Sind bereits Zucht und Mast mit Tierleid verbunden, so steht auch die Initiative Tierwohl (ein Zusammenschluss von Unternehmen und Verbänden aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel) seit Jahren in der Kritik. Ein Blick in ihr Handbuch „Landwirtschaft Kriterienkatalog Schweinemast Programm 2021-2023“ zeigt, dass sich die Haltungskriterien der Initiative nur geringfügig vom gesetzlichen Mindeststandard unterscheiden. Beispielsweise stehen einem 100 kg 03 | 2023 27
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