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die bank 03 // 2018

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REGULIERUNG ERSTE

REGULIERUNG ERSTE ERFAHRUNGEN MIT DER EUROPÄISCHEN KONTENPFÄNDUNGSVERORDNUNG Sorgfältige Planung und Geduld erforderlich Am 18. Januar 2018 jährte sich das Inkrafttreten der Europäischen Kontenpfändungsverordnung zum ersten Mal. 1 Mithilfe dieser Verordnung können Gläubiger auf der Grundlage eines in einem Mitgliedsstaat erlassenen Beschlusses zur Kontenpfändung die Konten ihrer Schuldner in allen teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten vorläufig einfrieren lassen. Unsere Autoren liefern einen Überblick über erste Erfahrungen aus der Umsetzungspraxis. 60 03 // 2018

REGULIERUNG Seit dem letzten Jahr gilt EU-weit: Liegt in einem Mitgliedsland der Beschluss einer Kontenpfändung vor, kann das Schuldnervermögen auch auf Konten in anderen EU- Ländern nicht mehr dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden, wenn diese ihre titulierten Ansprüche vollstrecken. 2 Die Verordnung ist in allen EU-Mitgliedstaaten – außer in Dänemark und dem Vereinigten Königreich – gültig. Seit Inkrafttreten der Verordnung hat der deutsche Gesetzgeber in §§ 946 bis 959 der Zivilprozessordnung (ZPO) diejenigen Vorschriften eingeführt, die zur Umsetzung der Verordnung erforderlich waren. Zudem konnten deutsche Gerichte erste Erfahrungen mit diesem neuen Vollstreckungsmittel sammeln. Die wichtigste Erkenntnis: Hierzulande sind die Gerichte zwar noch unerfahren mit der Bearbeitung von Anträgen auf den Erlass Europäischer Kontenpfändungsbeschlüsse, aber sie erlassen diese Beschlüsse. Auch das Einholen von Konteninformationen aus anderen EU-Mitgliedstaaten scheint zu funktionieren. Ebenso verhält es sich mit der Zustellung des Kontenpfändungsbeschlusses. Diese muss von der Partei selbst bewirkt werden. Allein: Insgesamt dauert das Verfahren vom Antrag auf Erlass eines Europäischen Kontenpfändungsbeschlusses bis zu seiner Zustellung länger als erhofft. Stolpersteine müssen aus dem Weg geräumt werden Was auf den ersten Blick wie eine bloße Formalie wirkt, führt in der Praxis allerdings zu unvorhergesehenen Verzögerungen: die Frage nach der Zuständigkeit. Die Frage, in welchem Mitgliedstaat der Antrag auf Erlass eines Kontenpfändungsbeschlusses zulässigerweise beantragt werden kann, ist schnell zu beantworten. Die Europäische Kontenpfändungsverordnung sieht insoweit vor, dass grundsätzlich die generellen Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO (Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) greifen. Geht der Gläubiger aus einem bereits vorhandenen Titel vor, so sind die Gerichte desjenigen Mitgliedstaats zuständig, die diesen Titel erlassen haben. Allerdings herrschte innerhalb Deutschlands anfangs Unklarheit darüber, welches deutsche Gericht zuständig ist: Nach Art. 50 Abs. 1 a) EU-KontenpfändungsVO haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission die benannten Gerichte mitgeteilt, die befugt sind, einen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung nach Art. 6 Abs. 4 EU-KontenpfändungsVO zu erlassen. Die Bundesrepublik Deutschland hat hier die Amts- und Landgerichte benannt. Dies hat in der Praxis dazu geführt, dass manches Oberlandesgericht Anträge auf Erlass eines Kontenpfändungsbeschlusses an das Landgericht abgeben wollte. Von dort kamen die Anträge jedoch umgehend zurück, denn Art. 6 Abs. 4 EU-KontenpfändungsVO betrifft lediglich Fälle, in denen der Gläubiger aus einer öffentlichen Urkunde vorgeht. Der Begriff ist in der EU- KontenpfändungsVO legal definiert und umfasst unter anderem notariell errichtete Urkunden, nicht jedoch Urteile oder Kostenfestsetzungsbeschlüsse. Für die auf eine solche gerichtliche Entscheidung gestützten Anträge sind gemäß § 946 Abs. 1 ZPO die Gerichte der Hauptsache zuständig. Im Einzelfall kann diese Prüfung jedenfalls einige Zeit in Anspruch nehmen und zu einer Verzögerung führen. Formelle und inhaltliche Anforderungen beachten Was die formellen und inhaltlichen Anforderungen anbelangt, so zeigt die Praxis, dass die deutschen Gerichte mit ihnen umzugehen wissen – der Gläubiger allerdings auch mehr Aufwand betreiben muss, als lediglich ein Formblatt auszufüllen. Die Europäische Kommission hat mit der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1823 Formblätter für die wesentlichen Verfahrensschritte zur Verfügung gestellt, so auch ein Antragsformblatt. Für einen erfolgreichen Antrag genügt dieser „Antrag auf einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung“ jedoch nicht. Dies liegt schon allein daran, dass das Formblatt nicht ausreichend Platz für die Gründe für die Beantragung eines Pfändungsbeschlusses lässt. Denn diese Gründe sind in jedem Fall dem Gericht darzulegen, also unabhängig davon, ob der Gläubiger bereits eine vollstreckbare Entscheidung gegen seinen Gläubiger in der Hand hält oder nicht. In beiden Fällen 03 // 2018 61

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