Aufrufe
vor 4 Jahren

die bank 03 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT TRUMP-O-METER Das

MARKT TRUMP-O-METER Das kalkulierte Chaos Donald Trump hat die Präsidentschaft in den USA mit einer unorthodoxen Kampagne gewonnen, die aus einer Dauersalve aus politischen Angriffen und mutigen Versprechungen bestand. Nach der Vereidigung zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika muss er nun liefern. Die Frage ist, wie viel er von der Wahlkampfstrategie mit ins Weiße Haus nehmen und welche Auswirkungen seine Politik auf die Finanzmärkte haben wird. Bislang wird aus allen Rohren gefeuert. 8 03 // 2017

MARKT 1 | Index für wirtschaftspolitische Unsicherheit in den USA 400 350 300 250 200 150 100 50 0 2012 „Fiscal cliff“ Wahltag „Government shutdown“ „Brexit“ 2013 2014 2015 2016 2017 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Quelle: Helaba, USA aktuell vom 24. Januar 2017. In den kommenden drei Monaten schaut die ganze Welt gespannt nach Washington. Traditionell wird den ersten 100 Tagen einer neuen Präsidentschaft eine besondere Aufmerksamkeit zuteil. Die zentrale Frage ist, ob der neue amerikanische Präsident den populistischen Kurs aus dem Wahlkampf und den ersten Tagen nach seiner Vereidigung beibehält oder eine herkömmliche republikanische Politik verfolgen wird, die die Wirtschaft ankurbeln kann. „Der Markt geht derzeit eher davon aus, dass Trump doch noch auf eine verantwortungsvolle republikanische Wirtschaftspolitik einschwenken wird und von seinen populistischen Ankündigungen absieht“, meint David Eiswert von der Investmentgesellschaft T. Rowe Price. Ob es tatsächlich so kommt, bleibt allerdings abzuwarten. Trumps bisherige Taten lassen anderes vermuten. Es ist das kalkulierte Chaos, auf das sich die Finanzmärkte einstellen müssen. Ein Tweet von Trump reicht, um Erschütterungen bei einzelnen Aktien oder ganzen Sektoren auszulösen. Und der neue US-Präsident twittert gerne und oft. Mehr Spielräume für Banken? Trotz dieser hohen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit gibt es einige Maßnahmen, die die neue Administration mit einiger Gewissheit angehen wird. So erwartet Investmentexperte Eiswert, dass die Steuersätze für Unternehmen und Privatpersonen gesenkt werden. Das wäre vor allem für US-amerikanische Unternehmen, die einen recht hohen Steuersatz zahlen müssen, eine gute Nachricht. Außerdem steht eine Verlangsamung und teilweise Aufhebung von Regulierungsmaßnahmen zu erwarten. Reformen in der Regulierungspraxis könnten besonders Banken zugutekommen, die dann wieder mehr Spielraum bekämen. Die überraschend positive Reaktion des Markts auf die Wahl Trumps, ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Die Kursgewinne nach der Wahl beruhten weitgehend auf der sogenannten „Election Honeymoon“ – den Flitterwochen, in die sich Märkte und Politik nach Wahlen gerne begeben. Die ersten herben Rücksetzer dürften bald einschlagen. Unklar ist vor allem, ob der bisherige Führungsstil Donald Trumps funktionieren und auch im politischen Geschäft Wirkung zeigen kann. Angesichts einer Fülle von Aufgaben, die er im Weißen Haus geerbt hat, folgt nun die Nagelprobe. Die US-Regierung sitzt auf einem großen Bürokratieberg. Täglich wird vom Oval Office ein konstanter Strom an verlässlichen Entscheidungen gefordert. Die Realität aber ist eine Politik der Gegensätzlichkeiten. Billionenvermögen in Steueroasen „Historisch gesehen vergessen die Präsidenten die Hälfte ihrer Versprechungen“, analysiert Dr. Jan Ehrhardt, stellv. Vorstandsvorsitzender DJE Kapital AG. Positiv für die Wall Street wäre ein Rückholprozess der in Steueroasen liegenden Unternehmens-Billionen in die USA. Diese würden weniger für Investitionen, sondern eher für Aktienrückkäufe eingesetzt werden. Der Grund: Auf diese Weise lassen sich Gewinnwachstumsziele schnell erreichen, was für viele CEOs eine große Motivation darstellen dürfte. Investitionen sollten zwar nach der Zurückhaltung der vergangenen Jahre auch auf dem Plan stehen. „Allerdings ist fraglich, ob Unternehmen in einem reifen Konjunkturzyklus noch stark investieren“, sagt Ehrhardt. Die Aktienrückkäufe erklären auch die bessere Entwicklung des US- Markts in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen Börsen. Die Nachfrage nach Aktien wurde künstlich gesteigert, so Ehrhardt, wodurch sich eine rechnerische Erhöhung des Gewinns pro Aktie durch Vernichtung aufgekaufter Aktien ergab. Beides führte zu Kurssteigerungen. Sollte in den USA der Trump-Versuch zur Wirtschaftsbelebung durch mehr Staatsschulden misslingen, z. B. weil steigende Zinsen den Aufschwung abwürgen, so kann es im Verlauf des zweiten Halbjahrs zu einer anderen Situation kommen. „Bei dann wieder aufkommenden Konjunkturbedenken könnten sich die vorgenommenen Zinserhöhungen als Fehler herausstellen“, warnt Kapitalmarktexperte Ehrhardt. Top-Banker betreiben Ausverkauf Bankmanager von einigen der größten US-Instituten haben dem Aufschwung im Gefolge der Trump-Wahl offenbar schon vorher nicht rich- 03 // 2017 9

die bank