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die bank 03 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG sollte

REGULIERUNG sollte die Geschäftsleitung laufend auf Mitarbeiterversammlungen, Führungskräftetagungen und Ausschusssitzungen sowie in Form von Risikoschulungen und Intranet-Kampagnen ihre Einstellung und Überzeugung verdeutlichen, wie mit Risiken umgegangen werden soll. 2. Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter (Accountability) Geschäftsleitung, Führungskräfte und Mitarbeiter sind für die Einhaltung des Wertesystems sowie die Beachtung der z. B. in der Geschäfts- und Risikostrategie dargestellten Risikobereitschaft und der sich daraus ableitenden Risikolimite selbst verantwortlich. Alle sollten Risiken als natürlichen Bestandteil ihres Geschäfts verstehen und laufend wahrnehmen, beobachten, kritisch hinterfragen, kommunizieren und zukunftsgerichtet steuern. Kritisch ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Vielzahl der mittlerweile zum Teil extrem detaillierten regulatorischen Vorgaben der gewünschten Eigenverantwortung entgegenstehen kann. Statt kritisch zu hinterfragen, kann eine Tendenz zum bloßen Abarbeiten des vorgegebenen Regelkatalogs nebst Dokumentation der Abarbeitung bestehen. Eine angemessene Risikokultur sollte grundsätzlich mit dem Bewusstsein auf allen Unternehmensebenen einhergehen, dass eine Non-Compliance mit dem Verhaltenskodex sowie die Nichtbeachtung von Risikobereitschaft und -limiten bis auf die Ebene des einzelnen Mitarbeiters zurück verfolgbar ist und dort disziplinarische Konsequenzen haben kann. Das Institut überwacht mit seinen internen Einrichtungen und Richtlinien die Einhaltung der durch die Geschäftsleitung gemachten Vorgaben. Neben dem Verhaltenskodex betrifft dies auch z. B. die Einhaltung der Kompetenzordnung und risikostrategischen Vorgaben. Zu den Überwachungsinstanzen zählen vor allem die Revision, Compliance, das Risikocontrolling und der Datenschutzbeauftragte, die bei beobachteten Verstößen den bestehenden Regelungen entsprechend Bericht erstatten. Die erwähnten Instanzen sollen den Mitarbeitern neben den eigenen Vorgesetzten auch als Ansprechpartner vertraulich zur Verfügung stehen. » Nur wenn die Geschäftsleitung ihr Verhalten konsequent auch in kritischen Risikosituationen an den vorgegebenen Prinzipien ausrichtet, kann es gelingen, die gewünschte Risikokultur in die gesamte Organisation zu tragen. « 3. Offene Kommunikation und kritischer Dialog Die Förderung eines offenen Dialogs zu risikorelevanten Fragen auf allen Ebenen des Instituts ist integraler Bestandteil und Ausdruck der Risikokultur. Der Begriff „Dialog“ impliziert bereits, dass keine ausschließliche Top-Down-Kommunikation in Richtung der Mitarbeiter, sondern ein echter gruppenweiter Austausch zu risikorelevanten Fragen erwartet wird. Deutliches Anzeichen für ein diesbezügliches angemessenes Grundverständnis ist die Präsenz der Risikoseite in allen wesentlichen Ausschüssen und Komitees und die turnusmäßige Erörterung der Risikosituation eben dort. Darüber hinaus ist die Risikoseite frühzeitig bei der systematischen Entwicklung des Geschäftsmodells einzubeziehen. In Verbindung mit einem offenen und kollegialen Führungskonzept sollten abweichende Standpunkte, konstruktive Anregungen und Kritik innerhalb der Bank sowohl im Berichtswesen als auch auf anderen Wegen ohne die Befürchtung persönlicher Nachteile kommuniziert werden können. Grundvoraussetzung ist dabei, dass z. B. bei Limitüberschreitungen oder Krisensituationen die Ursachen klar benannt und lösungsorientiert an der Problemlösung gearbeitet werden kann und eben keine Tendenz zu Schönfärberei oder Vertuschung zu erkennen ist. Sofern im Einzelfall doch Sorge vor persönlichen Nachteilen bestehen sollte, ist ein externes oder internes anonymes Hinweisgeber-System zu implementieren. Hier können sich Mitarbeiter bei Hinweisen auf Verstöße gegen Rechtsnormen oder ethische Grundsätze der Bank vertraulich oder auch gänzlich anonym an eine externe Stelle oder die in aller Regel im Bereich Compliance angesiedelte zentrale Stelle wenden. Auf keinen Fall darf der Überbringer von schlechten Nachrichten als Bedenkenträger oder Denunziant abgetan werden bzw. im Fall eines anonymen Hinweises die Identifikation des Hinweisgebers anstelle der Klärung des angezeigten Sachverhalts im Fokus stehen. Ein derartiges Verhalten würde die Etablierung und Aufrechterhaltung einer angemessenen Risikokultur nachhaltig behindern und beschädigen. Die Forderung nach einem offenen und kritischen Dialog betrifft neben der institutsinternen Kommunikation auch die Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Aufsichtsrat sowie insbesondere zwischen Institut und Bankenaufsicht. Gerade in den turnusmäßigen oder anlassbezogenen Aufsichtsgesprächen wird das geforderte hohe Maß an Sensitivität für risikorelevante Fragen auch unmittelbar für den Aufseher deutlich, wenn erkannte Risikoentwicklungen offen thematisiert werden, um frühzeitig, präventiv und in Abstimmung mit der Bankenaufsicht agieren zu können. 48 03 // 2017

REGULIERUNG etwaiger Malus-Tatbestände bietet sich die Einrichtung eines Malus-Komitees an. Auch in die Leistungsbeurteilungen und immateriellen Förderungen sollte das werte- und normenkonforme Verhalten der Mitarbeiter entsprechend einfließen. Bedeutsam ist, dass bezüglich der materiellen und immateriellen Förderung bei allen Mitarbeitern die gleichen strengen Maßstäbe im Sinne einer Null-Toleranz bei Verstößen angelegt werden. Etwaige Ausnahmen z. B. bei besonders erfolgreichen Vertriebsmitarbeitern hätten aufgrund ihrer Signalwirkung nachhaltig negative Auswirkungen auf die Risikokultur im gesamten Institut. FAZIT Die regulatorischen Standardsetzer sowie die nationale Bankenaufsicht sehen beim Thema „Risikokultur“ noch Optimierungserfordernisse in den Instituten. Dies sollten die Banken nicht als aufsichtliche Last ansehen, sondern zum Anlass nehmen, die Angemessenheit des Umgangs mit Risiken im eigenen Institut kritisch zu hinterfragen. Denn eine angemessene Risikokultur sowie ein ausreichend initiativ agierendes und zeitnah auf kritische Entwicklungen reagierendes Risikomanagement sind wichtige Bestandteile zur Vermeidung von Schieflagen einzelner Institute sowie systemischen Finanzkrisen. 4. Angemessene Anreizstrukturen (Incentives) Die Motivation aller zu einem mit den Vorstellungen der Geschäftsleitung in Einklang stehenden ethischen und ökonomischen Verhalten entspringt in erster Linie einer tiefen inneren Überzeugung des Einzelnen und der Kompatibilität der Normen und Werte auf allen Management- und Mitarbeiterebenen. Darüber hinaus setzen die Banken materielle und immaterielle Anreize für ein dem Wertesystem entsprechendes Verhalten und ein Agieren innerhalb der Risikotoleranzen. Dazu sehen die Vergütungssysteme unter Beachtung der Institutsvergütungsverordnung in aller Regel eine variable Gehaltskomponente vor, die die Ausrichtung auf langfristige wirtschaftliche Ziele unterstützt und einen zusätzlichen Anreiz für die Einhaltung des Code of Conduct sowie die Beachtung der geschäftsund risikostrategischen Vorgaben gibt. Dabei sollte ausdrücklich nicht nur gewünschtes Verhalten gefördert, sondern auch unerwünschtes Verhalten sanktioniert werden. Zur Bewertung Autor: Boris Wicher ist Abteilungsdirektor im Risikocontrolling der IKB Deutsche Industriebank AG und dort insbesondere für die Themen Regulierung und Risikosteuerung verantwortlich. Quellen: Ira Steinbrecher (2015), Risikokultur: Anforderungen an eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Financial Stability Board (2014), Guidance on Supervisory Interaction with Financial Institutions on Risk Culture. Basel Committee of Banking Supervision (2015), Guidelines – Corporate Governance Principles for Banks. 03 // 2017 49

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