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die bank 03 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó FINANZMARKT Wette auf

ó FINANZMARKT Wette auf eine EU-Einlagensicherung PRIVATKUNDEN Die Niedrigzinsphase wird auf absehbare Zeit anhalten und verleiht alternativen Anbietern Auftrieb, die Einlagengelder ins Ausland vermitteln. Banken aus Bulgarien, Kroatien oder Tschechien bieten in der Regel weit höhere Zinsen auf Tages- und Festgeldangebote. Anleger können auf deren Produkte im Internet über Zinsplattformen wie Savedo, Weltsparen.de oder Zinspilot zugreifen, doch wo höhere Zinsen geboten werden, sind meist auch die Risiken höher. Stefan Hirschmann Keywords: Einlagensicherung, Bankenunion, Regulierung Theoretisch gehen Privatkunden kein Risiko ein, wenn sie bei einer Bank innerhalb der Europäischen Union (EU) bis zu 100.000 € in Tagesgeld oder Festgeld anlegen. Im Fall einer Bankenpleite müssen sie entschädigt werden. Die Grundlage hierfür ist die EU-Richtlinie 2009/14/EG, die von allen Mitgliedstaaten umzusetzen ist. In der Praxis verhält es sich jedoch so, dass 15 von 28 EU-Mitgliedstaaten die Einlagensicherungsrichtlinie von 2009 noch nicht oder nur unzureichend umgesetzt haben. Dazu zählen u. a. Belgien, die Niederlande, die Tschechische Republik, Irland, Griechenland, Italien sowie Polen und Schweden. 1 Dies ist einer der Gründe, warum die deutsche Kreditwirtschaft bislang jede weitere Form der Europäisierung der Einlagensicherung entschieden ablehnt. Bevor die zur Sicherung von Kundengeldern über viele Jahre angesammelten Mittel für die Einlagensicherung in anderen Ländern eingesetzt oder im Wege einer Rückversicherung eine Haftung für fremde Einlagensicherungssysteme übernommen werden können, drängen die deutsche Institute darauf, dass die EU-Richtlinie zur Einlagensicherung vorher in allen EU-Ländern umgesetzt wird. Diese Haltung darf insofern kaum verwundern, als die EU-Kommission mit einer Verbindung von nationalen Sicherungseinrichtungen einen Schritt in Richtung einer Transferunion gehen würde. Und zwar zu Lasten von intakten Banksystemen. Dies wäre ein falsches Signal, denn nationale Regierungen müssen auch weiterhin einen Anreiz haben, sich um ein gut funktionierendes Finanzsystem und tragfähige Sicherungseinrichtungen im eigenen Land zu kümmern. Symbiotische Verbindung von Banken und Staaten Kunden mit der europäischen Einlagensicherung anzulocken und Spareinlagen ins Ausland zu transferieren, birgt Risiken, so lange das System mit erheblichen Ungleichgewichten zu kämpfen hat. „Erst einmal sollte der Kunde prüfen, welche Einlagensicherung gilt, und wo und wie er im Fall der Insolvenz der Bank sein Geld wiederbekommt. Dann sollte er hinterfragen, warum die Bank einen höheren Zins bietet“, rät Dr. Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen. Grundsätzlich sei es zwar möglich, dass es sich um eine Werbemaßnahme handele, um neue Kunden zu gewinnen. Ist dies aber nicht der Fall, gilt die ökonomische Grundregel: eine höhere Renditechance bedeutet immer ein höheres Risiko. In der Tat hat haben sich die Einlagenzinsen in Deutschland seit einigen Jahren von der Entwicklung im übrigen Euroraum abgekoppelt. Bis etwa 2009 verläuft die Entwicklung noch einigermaßen parallel, seit dem Jahr 2010 aber ist in Deutschland ein weiterer Rückgang zu erkennen, während sich in anderen EU-Ländern die Einlagenzinsen mitunter stabilisiert oder gegenläufig entwickelt haben. 2 Grund dafür ist die relative Stärke der deutschen Banken, die von der ausgezeichneten Kreditwürdigkeit der Bundesrepublik profitieren. Im Gegensatz zu vielen Banken Osteuropas stehen ihnen günstige Refinanzierungswege zur Verfügung, sodass deutsche Institute eher in der Lage sind, niedrige Zinsen an die Kunden weiterzugeben, während Banken in weniger finanzstarken Ländern, mangels Alternativen, bereit sind, den Kunden noch relativ hohe Zinsen für ihre Einlagen zu bieten. Die Entwicklung der Einlagenzinsen spiegelt auf diese Weise die Bewegung der Renditen für Staatsanleihen wider und zeigt eine symbiotische Verbindung von Banken und Staaten. Als im Jahr 2008 das isländische Finanzsystem zusammenbrach und mit ihm die größten Banken des Landes, wurde dieser Konnex letztmals auch für deutsche Privatanleger offenbar. Damals litten rund 34.000 deutsche Sparer, die aufgrund ho- 14 diebank 03.2016

FINANZMARKT ó her Zinsen Geld auf Tages- und Festgeldkonten isländischer Banken angelegt hatten und danach nicht mehr an ihr Geld kamen. Nur durch politische Interventionen des Bundesfinanzministeriums konnte eine mühsame und zeitaufwändige Rückzahlung der Einlagen veranlasst werden. Im Ergebnis erscheint es heute logisch, dass auch Banken aus Bulgarien, Kroatien oder Tschechien höhere Zinsen bieten (müssen), sind diese Länder doch ungleich weniger in der Lage, große ökonomische und finanzielle Schocks zu absorbieren als Deutschland, wo eine hochgradig diversifizierte und wettbewerbsfähige Wirtschaft auch das Finanzsystem stärkt. Auf dünnem Eis Unter Risikogesichtspunkten bewegen sich einige Adressen im benachbarten EU-Ausland allerdings auf eher dünnem Eis. So vermitteln sowohl Savedo als auch Weltsparen.de Festgelder an die tschechische J&T Banka, die zuletzt 2014 von Moody’s Investors Service mit einem Ba1- Rating bewertet wurde. Für deutsche Verhältnisse handelt es sich dabei um ein relativ hohes Risiko, ist doch bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage mit Ausfällen zu rechnen. Da die Online- Vermittler ihre Kunden allerdings als mündige Bürger ansehen, sollen diese auch selber entscheiden, welchen Risikoappetit sie mitbringen. Deshalb mahnt Verbraucherschützerin Oelmann zur Vorsicht, denn neben dem Länderrisiko gehen Anleger, die ihr Geld nicht in Euro anlegen, ein zusätzliches Währungsrisiko ein. „Hier stellt sich die Frage, ob der höhere Zinssatz dieses Risiko wert ist“, sagt Oelmann. Zudem sollte sich der Verbraucher genau ansehen, wie er das Konto in dem Land eröffnet, und ob und wie dort ein Vermittler zwischengeschaltet ist. Diese haben zwei Nachteile: Vermittler kosten in der Regel Geld, und es kann ein weiteres Insolvenzrisiko eintreten, wenn das Geld über das Konto des Vermittlers fließt. „Ferner müssen sich Anleger immer vor Augen halten, dass sie im Fall der Insolvenz der ausländischen Bank den Schriftverkehr mit einer ausländischen Institution führen müssen – bestenfalls in Englisch, aber schlimmstenfalls in deren Landessprache“, sagt Oelmann. Bei Partnerbanken wie Vaba Banka oder Banka Kovanica in Kroatien, BACB in Bulgarien oder Alior Bank aus Polen könnte dies Probleme bewirken oder zusätzliche Kosten verursachen. Darüber hinaus müssen Kunden der Online-Vermittler zumeist zwei Konten über die Website eröffnen, nämlich eines bei der ausländischen Partnerbank sowie ein zweites bei einer deutschen Abrechnungsbank, die das Onboarding-Verfahren, die Identitätsprüfung, Kontoeröffnung und Überweisung der Depositen bei der Partnerbank abgewickelt. Mit Savedo kooperiert beispielsweise die biw AG, mit Weltsparen die Frankfurter MHB-Bank, mit Zinspilot die Sutor Bank. Auch für deren Dienstleistungen dürften Kosten anfallen, wenngleich diese nicht den Kunden in Rechnung gestellt werden. Die Institute müssen ihren Kunden neuerdings auch einmal jährlich einen Informationsbogen zur gesetzlichen Einlagensicherung zusenden. Die Kundenmitteilung enthält grundsätzliche Informationen über das für die Bank zuständige Einlagensicherungssystem. Aufgeführt werden die Sicherungsobergrenze, die Erstattungsfrist, die Währung, in der erstatfl In der Praxis verhält es sich jedoch so, dass 15 von 28 EU-Mitgliedstaaten die Einlagensicherungsrichtlinie von 2009 noch nicht oder nur unzureichend umgesetzt haben. 03.2016 diebank 15

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