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die bank 03 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó FINANZMARKT len

ó FINANZMARKT len Vermögensverwaltern und Medienunternehmen, ihre Anlagestrategien in Form von Musterportfolios („Wikifolios“) aufzulegen. Jedes Musterportfolio dient als fiktives Referenzdepot, auf das sich ein sogenannter Wikifolio-Index bezieht. Werden bestimmte Voraussetzungen erfüllt, emittiert die Lang & fl Große Gruppen von Laien können in vielen Fällen bessere Entscheidungen und Prognosen treffen als Experten. Schwarz AG darauf ein Endlos-Indexzertifikat, das an der Börse Stuttgart gehandelt wird und in das jeder Anleger direkt investieren kann. In der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2015 waren rund 3.000 dieser Wikifolios mit einem Gesamtvolumen von etwa 400 Mio. € an der Börse investierbar ” 1. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Fonds sind die finanziellen und zeitlichen Anforderungen zur Auflage eines Wikifolios deutlich geringer, und es kann innerhalb von wenigen Wochen an der Börse investierbar sein. Alle Transaktionen sind öffentlich einsehbar, und die Wertentwicklung ist lückenlos nachvollziehbar. Allerdings: Während es sich bei einem Standardfonds um Sondervermögen handelt, das insolvenzgeschützt ist, sind Wikifolio-Zertifikate Inhaberschuldverschreibungen und damit einem Insolvenzrisiko des Emittenten ausgesetzt. Würde die Lang & Schwarz AG als Emittent der Zertifikate ihren Rückzahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können, muss ein Anleger gegebenenfalls einen zumindest teilweisen Ausfall seines investierten Betrags in Kauf nehmen. Voraussetzungen für Weisheit der Masse Bei der Untersuchung der Weisheit der Masse im Rahmen von Social Trading lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: Einerseits gibt es die Anleger in Wikifolios (Signalfolger), die verschiedene Handelsstrategien über ihr Kaufverhalten direkt nachbilden können. Weisheit der Masse läge bei ihnen dann vor, wenn sie im Durchschnitt in der Lage wären, systematisch die erfolgreichsten Einzelstrategien zu identifizieren. Andererseits gibt es die Gruppe der Verwalter von Wikifolios (Signalgeber), die ihre Anlagestrategien direkt über ein Muster- 2 Nur Verwalter von Social-Trading-Portfolios erfüllen Voraussetzungen der Weisheit der Masse Voraussetzungen für Weisheit der Masse Anleger in Social-Trading- Portfolios (Signalfolger) Verwalter von Social-Trading- Portfolios (Signalgeber) Unabhängigkeit der Mitglieder – Dezentralisierung der Mitgliederstruktur – Meinungsvielfalt unter Mitgliedern – Meinungsaggregation unter Mitgliedern Keine Weisheit der Masse Weisheit der Masse vorhanden 10 diebank 03.2016

FINANZMARKT ó portfolio anbieten können. Bei dieser Gruppe wäre die Weisheit der Masse dann gegeben, wenn die durchschnittliche Anlageperformance der angebotenen Anlagestrategien besser wäre als die eines geeigneten Vergleichsindex oder die von professionell verwalteten Anlageportfolios. Die sozialwissenschaftliche Forschung nennt vier Voraussetzungen für das Vorliegen von Weisheit der Masse: ó Unabhängigkeit der Mitglieder: Die Mitglieder der Masse sollten ihre Entscheidungen unabhängig voneinander treffen und sich nicht bzw. möglichst wenig gegenseitig beeinflussen. ó Dezentralisierung der Mitgliederstruktur: Die Mitglieder der Masse spezialisieren sich und beziehen ihr Wissen aus unterschiedlichen Quellen. ó Meinungsvielfalt unter Mitgliedern: Die Mitglieder ziehen aus den ihnen zur Verfügung stehenden Informationen ihre persönlichen Schlussfolgerungen und leiten daraus ihre Meinung ab. ó Meinungsaggregation unter Mitgliedern: Es besteht ein Mechanismus, der zu einer Aggregation von Einzelentscheidungen zu einer kollektiven Gesamtentscheidung führt. Vorliegen von Weisheit der Masse Wie aus ” 2 hervorgeht, wird das Vorliegen von Weisheit der Masse unter der Gruppe der Anleger in Wikifolios verneint. Zwar lässt sich die Höhe des Mittelzuflusses in einzelne Portfolios als Mechanismus der Meinungsaggregation interpretieren. Erste quantitative Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Anlageentscheidungen vor allem auf Basis der in jüngster Vergangenheit erzielten Anlageperformance und der beobachtbaren Mittelzuflüsse erfolgen. Damit sind die drei weiteren notwendigen Voraussetzungen nicht gegeben; vielmehr gibt es Anzeichen von Herdenverhalten der Anleger. Ein anderes Bild ergibt sich für die Verwalter. „Unabhängigkeit der Mitglieder“ ist gegeben, weil die Verwalter überwiegend persönlich unabhängig sind, ihr Depot hauptsächlich als fl Die Betreiber von Social-Trading-Plattformen können über ihr angestammtes Segment hinaus erhebliche zusätzliche Anlagevolumina generieren. Nebenbeschäftigung betreiben und in der Regel nicht bei institutionellen Vermögensverwaltern beschäftigt sind. „Dezentralisierung der Mitgliederstruktur“ liegt vor, weil es eine große Zahl von Verwaltern mit unterschiedlichem persönlichem und beruflichem Hintergrund gibt. „Meinungsvielfalt unter Mitgliedern“ ist vorhanden, weil die Verwalter eine große Vielzahl ganz unterschiedlicher Strategien verfolgen und dafür unterschiedliche Informationsquellen auswerten. Die durchschnittliche Zusammensetzung aller Wikifolios kann als Mechanismus der „Meinungsaggregation unter Mitgliedern“ angesehen werden. Weisheit der Masse ließe sich bei den Verwaltern empirisch dadurch nachweisen, dass die durchschnittliche Anlageperformance von Wikifolios besser ist als die Performance eines geeigneten Vergleichsindex oder vergleichbarer aktiv gemanagter Produkte. Auch wenn es erste Anzeichen einer Outperformance gibt: Die Plattform existiert erst seit 2012, sodass sich noch keine Analysen über einen mehrjährigen Untersuchungszeitraum durchführen ließen. 3 Ausgewählte Anforderungen an Ausgestaltung von Social-Trading-basierten Dach-Portfolios Dimension Anforderung Gewichtung Einzelanlagen im Dach-Portfolio möglichst gleichgewichtet Differenzierung Dach-Portfolios mindestens nach Region und Anlageklasse, weitere zu prüfen Gebühren möglichst wettbewerbsfähig, auf jeden Fall unterhalb aktiv gemanagter Anlagen Insolvenzsicherung möglichst sicherzustellen 03.2016 diebank 11

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