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die bank 03 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BERUF & KARRIERE

ó BERUF & KARRIERE Unabhängige Vermögensverwalter unter Druck FINANZVERTRIEB Wachsende Profitabilitätsansprüche der Banken sowie die zunehmende Preissensitivität bei Endkunden stellen viele unabhängige Vermögensverwalter in Deutschland vor Herausforderungen. Parallel führen gestiegene Regulierungs- und Compliance-Anforderungen zu einem erhöhten Druck auf die Gesellschaften, wichtige Geschäftsprozesse an ihre Verwahrstellen teilweise oder vollständig auszulagern. Eine Branche im Wandel. Eli Hamacher Keywords: Regulierung, Compliance, Geschäftsmodell, MiFID II Seine Karriere hatte sich Timon Heinrich eigentlich ganz anders vorgestellt. Nach geglücktem Einstieg bei der Deutschen Bank wollte der Berliner beim Branchenprimus bleiben und aufsteigen. Bis zum Vorstand, wenn möglich. „Einmal Deutsche Bank, immer Deutsche Bank“, habe er damals gedacht, erinnert sich Heinrich. Da war er Mitte 20. Doch mit den Umbrüchen in der Finanzbranche mehrten sich die Zweifel, ob das, was er sich von seinem Job versprach, überhaupt noch realistisch sei. Heinrich zog die Konsequenz. Mit zwei Kollegen, einem gleichaltrigen und einem alten Hasen, machte sich der Diplom-Betriebswirt als Unabhängiger Vermögensverwalter selbstständig und gründete 2001 die Hansen & Heinrich AG in Berlin. Ihren Beschluss haben die Banker trotz rauer Zeiten an den Finanzmärkten nicht bereut. Mit einer guten Performance, einer breiten Produktpalette, aber auch unternehmerischem Geschick hat sich das Trio Timon Heinrich, Andreas Heinrich und Peter Hansen im Mittelfeld der Branche etabliert, verwaltet knapp 200 Mio. €, managt zwei Fonds und beschäftigt 20 Mitarbeiter. In funktional eingerichteten Büros im beschaulichen Schmargendorf im Berliner Südwesten kümmern sich die Vermögensverwalter um die Depots ihrer Kunden: vermögende private Anleger, Stiftungen, Institutionen. Die gestiegenen Regulierungs- und Compliance-Anforderungen, die für seine von kleinen Unternehmen dominierte Branche genauso wie für eine ausgewachsene Bank gelten, lassen den 40-Jährigen trotzdem noch ruhig schlafen. „Wir haben unser Geschäftsmodell frühzeitig angepasst“, sagt der Chef der Hansen & Heinrich AG. fl Den drastischen Rückgang der Anzahl der Vermögensverwalter führt VuV-Vorstand Andreas Grünewald vor allem auf die gestiegenen regulatorischen Anforderungen zurück. Das gelingt offenbar nicht jedem. Heute geht der Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland (VuV) von 450 zugelassenen Anbietern in Deutschland aus. Zur Jahrtausendwende waren es noch etwa viermal so viele. Den drastischen Rückgang führt VuV-Vorstand Andreas Grünewald vor allem auf die gestiegenen regulatorischen Anforderungen zurück (siehe Interview). Statt mit Kundenakquise und Marktanalyse müssen die Finanzexperten immer mehr Zeit dafür aufwenden. Doch nicht nur der Papierkrieg macht der Branche das Leben schwer. Wie in Industrie und Handwerk steht auch bei den Herren des Geldes ein Generationswechsel an. Wer keinen Nachfolger findet, gibt auf oder verkauft. Für Uwe Adamla, Vorstand bei der Pullacher DJE Kapital AG, steht deshalb fest, dass es zu einer weiteren Marktbereinigung kommen wird. Die Branche ist im Umbruch. Wer gewinnt? Wer verliert? Welche Strategien versprechen Erfolg? Gestiegene regulatorische Anforderungen Fragen, auf die es bislang schwierig war, in der öffentlichkeitsscheuen Branche Antworten zu finden. Doch im vergangenen Jahr gründete die Hochschule Aschaffenburg das Institut für Vermögensverwaltung (InVV), das Licht ins Dunkel bringen will. Wie sich der Aufwand für die Regulatorik verändert habe, wollten die Wissenschaftler zum Beispiel in ihrer ersten Befragung wissen. Gut 90 Prozent gaben an, dass dieser im ersten Halbjahr 2014 stark oder sogar sehr stark gestiegen sei. „Bei der Gründung im Jahr 2001 umfasste ein Beratungsvertrag fünf Seiten, heute sind es 27 Seiten“, erinnert sich Timon Heinrich und schüttelt miss- 70 diebank 3.2015

BERUF & KARRIERE ó billigend den Kopf. Neben Uwe Adamla liegt ein 150 Seiten starkes Papier vom Wirtschaftsprüfer Deloitte zur Neuordnung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II. „Das kann kein kleiner Verwalter mehr leisten“, ärgert sich der 50-Jährige. Markus Schön, Geschäftsführer der Detmolder DVAM GmbH, kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als er drei Unterschriften für eine Konto- und Depoteröffnung einholen musste. Heute seien es 19. Und Kathrin Eichler, geschäftsführende Gesellschafterin der im Jahr 2009 gegründeten Eichler & Mehlert Finanzdienstleistungen GmbH, schätzt, dass sich die Fixkosten für die Regulatorik binnen fünf Jahren verdoppelt haben. Regulierungswucht, Anlagenotstand in Zeiten niedrigster Zinsen, aber auch eine noch geringe Bekanntheit und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit: Die Ausgangsposition der Finanzportfoliomanager könnte günstiger sein. Das hält den Verband aber nicht davon ab, ehrgeizige Wachstumspläne zu verkünden. „Wir wollen unseren Marktanteil in den kommenden Jahren auf zehn Prozent erhöhen“, gibt VuV-Vorstand Grünewald das Ziel vor. Heute sind es gerade mal drei Prozent. Der Optimismus kommt nicht von ungefähr. Denn auf den zweiten Blick ist die Ausgangsposition nicht schlecht. Im Zuge der Finanzkrise hat das Vertrauen der Kunden in die Banken stark gelitten. „Schlechte Beratung und Strafzinsen sind ein Gottesgeschenk für uns“, meint DVAM-Chef Schön. Gut betuchte Anleger schauen sich deshalb immer häufiger nach einer Alternative zu Privatbanken, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen um. So fand das Institut für Vermögensverwaltung in seiner Befragung heraus, dass im ersten Halbjahr 2014 zwei Drittel der Neukunden der größeren Vermögensverwalter (mehr als 100 Mio. €) zuvor ihr Geld bei einer Großbank angelegt hatten. In umgekehrte Richtung wechselten deutlich weniger. Auch im laufenden Jahr erwartet die Branche, die vor allem von Weiterempfehlungen lebt, regen Zulauf. Mit 91 Prozent geht der Löwenanteil der Befragten von einem Anstieg der Kundenzahlen aus. Überläufer nehmen Bankkunden mit Das Geschäftsmodell der ungebundenen Experten wirkt offenbar nicht nur auf die Anleger attraktiv. Seitdem in den Großbanken der Vertriebsdruck kontinuierlich gewachsen ist, laufen immer häufiger erfahrene Teams zu den unabhängigen Anbietern über und nehmen einen Teil der Kunden mit deren Depots gleich mit. Experten schätzen, dass dies allerdings nur bei 15 bis 20 Prozent gelingt. Was die Überläufer reizt: Als Unabhängige können sie flexibel und schnell über ihre Anlagestrategie entscheiden und sind bei der Wahl der Finanzprodukte ungebunden. Will die publizitätsscheue Branche weiter wachsen, muss sie jedoch ihren Außenauftritt überdenken. „Die unabhängigen Vermögensverwalter müssen sich entscheiden, ob sie diskret im Hintergrund arbeiten oder in der Öffentlichkeit stehen wollen“, bringt es Manfred Köberlein, Mitglied der Geschäftsführung der Ampega Investment GmbH, auf den Punkt. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft des Versicherers Talanx bietet den Vermögensverwaltern Dienstleistungen an, etwa die Auflage und Verwaltung von Publikumsfonds ebenso wie eine aktive Unterstützung der Vermarktung durch Steigerung der Produktbekanntheit. Vor allem im Marketing und Vertrieb macht Michael Bentlage, Partner bei der Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA, noch Nachholbedarf aus. Hauck & Aufhäuser gehört zu den führenden Dienstleistern der Vermögensverwalter und übernimmt für diese als Depotbank auch die Umsetzung von Compliance-Verpflichtungen, webbasierten Portfoliomanagementsystemen sowie Marktforschung (Research). Mit diesem Angebot haben sich die Frankfurter bei den mittelgroßen Verwahrstellen nach eigenen An- Michael Bentlage, Partner bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers: „Aufgrund der gestiegenen regulatorischen Anforderungen erwarten wir nicht nur bei den Vermögensverwaltern, sondern auch bei den Verwahrstellen eine Konsolidierung.“ Petra Knüsel, Partnerin bei der Strategieberatung Simon, Kucher & Partners: „Die von kleinen Gesellschaften dominierte Branche steht vor einem Umbruch. Depotbanken trennen sich zunehmend von Verwaltern, die ein Mindestvolumen unterschreiten.“ Timon Heinrich, Vorstand bei der Hansen & Heinrich AG: „Bei der Zusammenarbeit mit den Depotbanken konzentrieren wir uns künftig auf vier Institute. Diese müssen unseren Kunden gute Konditionen bieten und in der technischen Abwicklung auf dem neuesten Stand sein.“ 3.2015 diebank 71

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