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die bank 03 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó IT & KOMMUNIKATION

ó IT & KOMMUNIKATION Die Digitalisierung der Gesellschaft DIGITALE TRANSFORMATION Es ist inzwischen beinahe banal festzustellen, dass Digitalisierung für die allermeisten Branchen gleichermaßen Risiko und Chance darstellt. Die Überführung von Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten in ein digitales Zeitalter und neue digitale Anwendungen und Instrumente, mit denen sich Dienstleistungen, Inhalte und Produkte weiterentwickeln lassen, zeigen dies sehr eindrucksvoll. In vielen Bereichen wird derweil deutlich, dass es nicht nur um eine neue Infrastruktur oder neuartige Kommunikationswege geht, sondern um eine grundsätzliche Neuorientierung der Unternehmen und ihres Aktionsradius in der Gesellschaft. Stefan Hirschmann Keywords: FinTechs, Strategie, Zahlungsverkehr, Geschäftsmodell Digitalisierung wirkt je nach Betrachtungsweise inkrementell oder disruptiv. Schon heute haben technische Innovationen – wie am Beispiel der Musik- und Medienindustrie besonders gut zu erkennen – herkömmliche Finanzierungs- und Geschäftsmodelle zerstört oder in ihren Grundfesten erschüttert. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sich zu den Milliarden von Menschen auf der Erde bald auch zahllose Robotern gesellen, die ihren Schöpfern lästige und schwere Arbeiten abnehmen. Wo heute in der IT-Industrie noch Apps entwickelt werden, kümmern sich morgen Unternehmen um Robotersoftware. Schon jetzt eröffnen technische und konzeptionelle Entwicklungen die Möglichkeit, Daten und Informationen automatisiert zu verarbeiten und beispielsweise im Journalismus neue Wege für Recherche, Auswertung und Darstellung zu entwickeln (Daten-, Drohnen und Roboterjournalismus). 1 In der Medizin wird die Grenze zwischen Mensch und Maschine immer durchlässiger, sodass spätestens in 30 Jahren – so zumindest eine Prognose der Zukunftsforscher von Kaspersky Lab – elektronisch gesteuerte künstliche Organe und Prothesen hergestellt und transplantiert werden können. 2 Winzige Nano- Roboter geben im Körper gezielt Medikamente ab oder führen selbstständig kleinere Eingriffe durch. Der Gesundheitszustand wird von implantierten Sensoren überwacht, welche die Werte in einem Cloud-basierten Speicher ablegen, auf den die Mediziner Zugriff haben. Vorbei ist dann auch die Zeit langweiliger, industrieller Massenware. Ob Geschirr oder Kleidung, mit 3D-Druckern kann jeder seine Haushaltsgegenstände oder Kleidungsstücke selbst gestalten und herstellen. Nicht jeder wird von der neuen, digitalen Welt begeistert sein. So erwarten die Experten von Kaspersky Lab auch, dass sich eine Gegenbewegung von Technikfeinden formieren wird. Sie werden sich der Entwicklung von Robotern, smarten Geräten und digitalen Identitäten entgegenstellen. Dem Vorrücken der Technologie werden sie indes keinen Einhalt gebieten können, denn die Gesellschaft scheint bereit für die totale Digitalisierung. Unternehmen, die digitale Lösungen nutzen, verzeichnen schon heute deutlich häufiger Wachstum als ihre noch analog arbeitenden Konkurrenten. Dies zeigt zumindest eine von TNS Infratest im November 2014 durchgeführte Analyse, wonach sich fast jedes zweite Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad in einer Wachstumsphase befindet. Als Gründe nannten die Befragten unter anderem die Außendarstellung im Netz (75 Prozent), eine bessere Kundenbeziehung (69 Prozent) sowie die optimierte Kommunikation mit ihren Stakeholdern (66 Prozent). Im Branchenvergleich sind es vor allem die modernen Dienstleistungen, die erkannt haben, welche Bedeutung die Digitalisierung für ihr Geschäft hat. Das Handwerk, das Gesundheits- und Sozialwesen sieht sich hingegen weniger betroffen von den digitalen Trends. Auf der anderen Seite erweisen sich vor allem fehlende Ressourcen und hohe Investitionskosten als größte Hürden bezüglich des Einsatzes digitaler Lösungen. Vor allem an die Politik werden hohe Erwartungen geknüpft, insbesondere im Hinblick auf sichere Rahmenbedingungen und den Ausbau der Infrastruktur. Die Pläne der Bundesregierung hierfür sind allerdings nur einem Bruchteil bekannt. Mehr als 40 Prozent der Unternehmen haben von der „Digitalen Agenda“ bislang noch gar nichts gehört. 58 diebank 3.2015

IT & KOMMUNIKATION ó Politik und Regulierung In Deutschland soll deshalb jetzt massiv aufgeholt werden. Ziel ist, verbesserte Finanzierungsbedingungen für junge Wachstumsunternehmen zu schaffen. „Ein leichterer Zugang zur Börse für geeignete Start-ups kann dazu ein Weg sein. Gute Ideen aus Deutschland werden noch zu oft aufgrund fehlender Finanzierung nicht international aufgestellt, sondern bereits in einer frühen Phase von ihren Gründern verkauft“, meint Bitkom- Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. In der Digitalen Agenda der Bundesregierung seien ebenso wie im Koalitionsvertrag verbesserte Finanzierungsbedingungen von Start-ups angekündigt worden, bislang fehle allerdings noch die Umsetzung. Unter anderem sollen steuerwirksame Sofortabschreibungen beim Erwerb von Start-up-Beteiligungen möglich werden, Verlustvorträge bei Veräußerung von Anteilen an Start-ups erhalten bleiben und Ausnahmen von der Mindestbesteuerung für junge Unternehmen geschaffen werden. „Es gibt bei der Förderung der dynamischen deutschen Startup-Szene keine einzelne Maßnahme, die alle Probleme auf einmal löst. Zielgerichtete steuerliche Verbesserungen helfen aber vielen Gründern und Investoren sofort und werden zu mehr Investitionen in Start-ups führen“, so Rohleder. Schwerpunktmäßig will die Bundesregierung die Zukunftsprojekte Industrie 4.0 und Smart Services der Hightech- Strategie unterstützen. Dazu gehören u. a. der Auf- und Ausbau von Forschungsund Technologieprogrammen mit hohem Transfer in die Wirtschaft (z. B. 3D, Big Data oder Cloud Computing), das Anstoßen neuer Geschäftsmodelle und Dienstleistungsinnovationen sowie die Stärkung von Vertrauen und Sicherheit bei der Nutzung digitaler Dienste. Diesem Fördergedanken steht allerdings im kreditwirtschaftlichen Sektor eine extreme Regulierungsdichte entgegen, die den Markteintritt von Non Banks in klassische Bankgeschäfte mit hohen bürokratischen Hürden versieht. Im Bereich digitaler Bezahlangebote sind Start-ups zumeist auf einen oder mehrere Bankenpartner angewiesen. Entsprechende Lizenzen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu erhalten, ist für junge Unternehmen kompliziert und ohne sachkundige externe Unterstützung nicht zu bewerkstelligen. Viele Gründer wiederum tun sich mitunter schwer, die Komplexität des Bankwesens zu durchschauen und sich auf die von klassischen Kreditinstituten geprägte Welt der deutschen Finanzaufsicht einzustellen. Die Verzahnung der klassischen Industrie mit der modernen Informationstechnologie über reibungslose Schnittstellen zu gewährleisten, ist deshalb ein Großprojekt. Technologie Technologische Innovationen, finanzpolitische Veränderungen und Ressourcenengpässe haben mittlerweile weltwirtschaftliche Dimensionen erreicht. „Die Welt befindet sich in einem tief greifenden Wandel“, sagt Sergio Ermotti, Group Chief Executive Officer der UBS AG. Zum einen verändere die technologische Entwicklung den Alltag und das Arbeitsleben jedes Einzelnen, zum anderen bedürfe es einer besseren weltweiten Integration und Zusammenarbeit, wenn sich die Digitalisierung als Vor- und nicht als Nachteil erweisen solle. „Technologischer Fortschritt zieht in der Regel einen Anstieg der Gesamtproduktivität und einen höheren Wohlstand nach sich, kann jedoch auch zu Polarisierungen in der Erwerbsbevölkerung und Sicherheitsbedenken im Cyberspace führen“, so UBS-CEO Ermotti. Die Industrie spielt hier eine zentrale Rolle. In Europa trägt sie 15 Prozent zur gesamten Wertschöpfung bei und macht 80 Prozent aller Innovationen aus. Allerdings wird in zunehmendem Maße Druck fl Die Digitalisierung hat unsere Lebensgewohnheiten massiv verändert“, sagt Kai Friedrich, CEO der Consorsbank. von außen spürbar: Die sinkende Wettbewerbsfähigkeit aufgrund neuer Marktteilnehmer – vor allem aus Asien – hat in den vergangenen zehn Jahren zu einem deutlichen Stellenabbau in etablierten Märkten wie Großbritannien (-29 Prozent), Frankreich (-20 Prozent) und Deutschland (-8 Prozent) geführt. 3 Darüber hinaus entwickeln sich die europäischen Länder sehr heterogen: Während Deutschland und Osteuropa ihre Marktanteile weiter erhöhen, steuern andere EU-Staaten auf eine De-Industrialisierung hin. „Diese Entwicklung wird Europa insgesamt schwächen, denn so werden weitere Jobs und Know-how in der Industrie verloren gehen. Nach Mechanisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung der Industrie läutet der Einzug des Internets der Dinge in der Fabrik eine vierte industrielle Revolution ein“, sagt Max Blanchet, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. In der Tat könnte das sogenannte „Internet of Things“ erheblichen Einfluss auf den Alltag der Zukunft haben. Dabei werden Geräte und Maschinen intelligent 3.2015 diebank 59

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