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die bank 03 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING Investition

ó BANKING Investition in die Zukunft ZAHLUNGSVERKEHR Verschiedene Marktkräfte und -entwicklungen formen derzeit den globalen Zahlungsverkehr um. Bis zum Jahr 2020 wird auf diese Weise ein neues Zeitalter für den Zahlungsverkehr eingeläutet. Der Beitrag analysiert diese treibenden Kräfte und den daraus resultierenden bestehenden Handlungsbedarf der Banken. Daniela Eder Keywords: Geschäftsmodell, Strategie, FinTechs Die globale Zahlungsverkehrslandschaft wird sich im Jahr 2020 deutlich von der heutigen Form unterscheiden. Vor allem Regularien und Compliance-Anforderungen haben erhebliche Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr. Daneben intensiviert sich der Wettbewerb im Zahlungsverkehrsmarkt durch eine Reihe von neuen Marktteilnehmern mit innovativen Zahlungslösungen. Nicht zuletzt fördern technische Innovationen neue Zahlungsmöglichkeiten im Hinblick auf Effizienz, Zugang, Unmittelbarkeit sowie Reichweite und beeinflussen damit die Art und Weise, wie Zahlungslösungen vermittelt und geliefert werden. Für die Banken stellt dieser Transformationsprozess sowohl Chancen als auch Risiken dar. Die Auswirkungen der Regulierung Eine zunehmende Regulierung des Zahlungsverkehrs wird in den kommenden Jahren die Aufmerksamkeit der Banken dominieren und ggf. die Überarbeitung von Geschäftsmodellen notwendig machen. Parallel wird die Branche den expandierenden grenzüberschreitenden Zahlungsströmen im Hinblick auf Kontrolle und Aufsicht Rechnung tragen müssen. Tatsächlich dürften sich die grenzüberschreitenden Transaktionsvolumina von 9,9 Mrd. im Jahr 2012 auf 20,7 Mrd. bis 2022 mehr als verdoppeln. 1 Daher werden sich die entsprechenden Dienstleister nicht nur mit den Komplexitäten im globalen und lokalen Umfeld, sondern auch mit den Unterschieden zwischen regionalen Auslegungen der Gesetze sowie mit unterschiedlichen Währungen, Praktiken und Zahlungsformaten befassen müssen. Die Einführung eines einheitlichen Euro- Zahlungsverkehrsraums (SEPA) hat sich als eine positive Entwicklung mit einer verbesserten Angleichung im Zahlungsverkehr erwiesen. Durch SEPA wurden Zahlungsgrenzen effektiv wegradiert. Elektronische Euro- Zahlungen lassen sich nunmehr in der gesamten Europäischen Union (EU) genauso einfach wie eine lokale Überweisung durchführen. Außerdem lassen sich durch die Rationalisierung von Prozessen und Beziehungen (theoretisch können Unternehmen heute mit einem einzigen Bankkonto im gesamten SEPA-Raum operieren) die Kosten reduzieren und das Cash Management verbessern. Obwohl es sich bei SEPA um eine europäische regulatorische Initiative handelt, wird das System eine Beschleunigung für weitere Initiativen – wie die ausgedehnte Anwendung von ISO20022 auf globaler Ebene – auslösen. Das Eurosystem hat bereits seine Strategie umrissen, die Target- 2-Clearinginfrastruktur auf ISO20022 zu verlagern und die Zahlungsavise innerhalb seines Umfelds im Jahr 2017 auf das XML- Format umzustellen. Die vielen positiven Veränderungen könnten anderseits dazu führen, dass Ressourcen und Kapitalreserven der Banken in Mitleidenschaft gezogen werden. In diesem Fall stehen weniger Investitionen in neue und innovative Dienstleistungen zur Verfügung. Ressourcen werden dann hauptsächlich zur Bewältigung regulatorischer Anforderungen genutzt. Ein von zunehmendem Wettbewerb geprägtes Umfeld Die den Banken auferlegten regulatorischen Beschränkungen haben dazu beigetragen, die Entstehung einer Reihe von Nichtbanken zu begünstigen, die als Dienstleister tätig sind. Die Bedeutung von Nichtbanken-Zahlungsdienstleistern – angefangen bei Online-Zahlungsdiensten über virtuelle Marktplätze bis hin zu großen Technologieunternehmen und Anbietern im Bereich sozialer Medien – ist im Zahlungsverkehr in den vergangenen Jahren beträchtlich gestiegen. Ihre Präsenz in sämtlichen Kundensegmenten dürfte bis zum Jahr 2020 weiter zunehmen. Der Zahlungsdienstleister Paypal konnte nach eigenen Angaben allein im dritten Quartal 2014 Transaktionen im Gesamtwert von 56,6 Mrd. US-$ verarbeiten, was einem massiven Wachstumssprung von 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Kunden von Paypal führten im gleichen Zeitraum 895 Millionen Transaktionen durch – dies entspricht annähernd zehn Millionen Zahlungen pro Tag – und der Gesamtumsatz des Unternehmens betrug 1,95 Mrd. US-$, was einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 20 Prozent entspricht. Sofern weitere große Marktteilnehmer wie Amazon, Google und Apple aus ihren umfangreichen Kundendaten Kapital schlagen und sichere Zahlungsmöglichkeiten anbieten können, so ist das potenzielle Ausmaß auf den Zahlungsverkehr gewaltig. Gleichwohl werden auch in Zukunft die Gelder fast ausnahmslos ihren Ursprung in einem Bankkonto eines Zahlungspflichti- 34 diebank 3.2015

BANKING ó gen haben und mittels einer Bankeninfrastruktur verarbeitet werden. Banken werden also nicht überflüssig, ändern aber ihre Rolle, indem sie quasi als Back-End-Dienstleister in den Hintergrund treten. Kunden aus den Bereichen Privat-, Gewerbe- und Unternehmensgeschäft interessieren sich schon heute zunehmend für neue Zahlungsmethoden. Sie erforschen die Pfade von neuen Lieferanten, Lieferquellen und -kanälen aufgrund deren Fähigkeiten, innovative und kundenfreundliche Zahlungsmethoden anzubieten – ohne durch die bei den Banken übliche Regulierung eingeschränkt zu sein. Dieses Interesse zeigt sich insbesondere bei den kleineren und mittelständischen Unternehmen (KMU). Die neuen Marktteilnehmer bilden eine starke Konkurrenz für die etablierten Zahlungsdienstleister, da sie nicht dem gleichen Maß an regulatorischer Compliance unterliegen. Regulatorische Anforderungen, die an die Banken gestellt werden, benachteiligen diese somit im Wettbewerb erheblich. Da die Präsenz der Nichtbanken im Zahlungsverkehr jedoch zunehmend wahrgenommen wird, dürfte auch ihr Risikopotenzial steigen und somit die Aufmerksamkeit der Regulierungsbehörden auf sich ziehen. Es ist davon auszugehen, dass die regulatorischen Standards zwischen den Banken und Nichtbanken bis zum Jahr 2020 weiter angeglichen werden. Technologie Bereits heute hat sich die Art und Weise, wie Zahlungen durchgeführt werden, grundlegend verändert. Die Kundenerwartungen hinsichtlich Zugang, Unmittelbarkeit und Flexibilität im Privatkundengeschäft gehen zunehmend auf die Anforderungen der Geschäftskunden über, und zwar in dem Maße, wie eine technisch affine Generation von Führungskräften in den Unternehmen die Bereiche des globalen Handels übernimmt. Die Weiterentwicklung von Anwendungen für Smartphones und Tablets, die komplexe Transaktionen in einem relativ sicheren technischen Umfeld ermöglichen, wird eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Entwicklung des Zahlungsverkehrs spielen. Derzeit ist die Diskrepanz beim Fortschritt der technologischen Entwicklung zwischen den Schwellen- und Entwicklungsländern noch groß. Ohne durch eine in die Jahre gekommene Zahlungsinfrastruktur gefesselt zu sein, überspringen die aufstrebenden Märkte mittlerweile jedoch die Industrienationen, indem sie mit hochmodernen elektronischen Plattformen ihren Nachholbedarf schnell decken. In dieser Hinsicht liegt China ganz vorn, wo 66 Prozent der Bevölkerung schon heute eine mobile Zahlung zur Abwicklung einer Transaktion durchgeführt haben. Dahinter rangieren an zweiter Stelle Indien mit 64 Prozent und Südafrika an dritter Position mit 48 Prozent. Diese Zahlen sind erheblich höher als die von Frankreich und Kanada, wo nur 13 bzw. 15 Prozent angaben, mobile Zahlungen durchgeführt zu haben. 2 Während die Akzeptanz neuer Zahlungstechnologien in den USA und Europa bescheidener als in den aufstrebenden Märkten ausfällt, steht zu erwarten, dass diese Märkte bis zum Jahr 2020 den Vorsprung aufgeholt haben werden. Zukünftig wird die Angleichung beim Zahlungsverkehr weitaus auffälliger sein; integrierte Plattformen und Zahlungsformate sowie ein größeres Zusammenwachsen im Privatund Unternehmenskundengeschäft werden ihren Teil dazu beitragen. Fazit Die Evolution des globalen Zahlungsverkehrs ist bereits in vollem Gange. Wenn die Banken am neuen Zahlungsverkehrsmarkt erfolgreich sein wollen, dann müssen sie jetzt handeln. Die Institute laufen nicht nur Gefahr, von Wettbewerbern überholt zu werden, sondern einem zunehmenden Kreis von Nichtbanken-Zahlungsdienstleistern zu unterliegen. Um einen nachhaltigen Vorteil im Wettbewerb verteidigen zu können, ist eine kundenorientierte Strategie wichtig. Die Zeiten, in denen Zahlungen lediglich als standardisierte Anwenderprodukte betrachtet wurden, sind vorbei. Die Mehrwertkomponenten, die eine Bank heute in Bereichen wie handelsbezogene Finanzierungen und Risikominimierung, Datenmeldungen, Prognosen und Geschäftsanalytik anbieten kann, sind in den umkämpften Märkten für die Kunden besonders relevant und attraktiv. Tatsächlich kann durch das Anbieten von Optionen, die einen strategischen Mehrwert bieten, das Kundenerlebnis einer Transaktion insgesamt und nicht nur die Zahlung selbst verbessert werden. Eine weitere Strategie ist die Bildung neuer Partnerschaften und Allianzen sowohl mit spezialisierten Finanzdienstleistern als auch mit flexiblen Nichtbanken, um dadurch Stärken zu bündeln und von neuartigen Technologien zu profitieren. Der Wert dieser Beziehungen kann sich auf weitaus mehr als nur auf die gemeinsame Nutzung von Produkten erstrecken. Durch das Wissen und die Erfahrung innerhalb der unterschiedlichen Sektoren und Branchen kann ein ganz neues Serviceniveau erzeugt werden, durch welches das Kun–denerlebnis mit Transaktionen optimiert und ein echter Mehrwert geschaffen werden kann. Der zukünftige Erfolg der Banken im Transaction Banking wird davon abhängen, wie gut sie es schaffen, die Bedürfnisse ihrer Kunden in den Mittelpunkt ihrer Strategie zu stellen. Nur indem wertsteigernde Angebote entwickelt und strategische Partnerschaften eingegangen werden, die das Bezahlerlebnis insgesamt verbessern, wird es den Banken gelingen, sich von ihren Wettbewerbern im zunehmend umkämpften Zahlungsmarkt abzuheben. ó Autorin: Daniela Eder ist Managing Director bei der Bank of New York Mellon. Die in diesem Artikel vertretenen Meinungen sind lediglich die der Verfasserin und spiegeln nicht die Meinungen von BNY Mellon wider. 1 Boston Consulting Group: Global Payments 2013. 2 Innopay: Mobile Payments 2013. 3.2015 diebank 35

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