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die bank 03 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING um ihren

ó BANKING um ihren regulatorischen Kontroll- und Berichtspflichten nachzukommen, in Einzelfällen sogar noch mehr. So berichtet JP Morgan im jüngsten Geschäftsbericht, dass sich die Kosten der aufsichtsrechtlichen Compliance 2013 auf 2 Mrd. US-$ beliefen und die Bank 13.000 Mitarbeiter mit dieser Aufgabe beschäftigte. Geht man davon aus, dass die SSM-regulierten Banken 80 Prozent der Bilanzsumme aller Banken der Eurozone ausmachen, und kalkuliert dann die Kosten der kleinen Banken vorsichtig proportional hoch, so kommt man auf regulatorische Gesamtkosten für die Kreditwirtschaft von ca. 75 Mrd. € pro Jahr. Bildet man den Barwert dieser Größe mit einem Diskontsatz von zehn Prozent, also den ungefähren Kosten von Eigenkapital, so ergibt sich eine Kapitalvernichtung von ca. 750 Mrd. €, ein Betrag, der etwa die Hälfte des Eigenkapitals der Banken in Europa ausmacht. Neben der Komplexität der Regelwerke gibt es zwei weitere Kostentreiber: die Komplexität der Produkte und Prozesse und die Komplexität der zur Steuerung der Prozesse eingesetzten IT. Sie stellen für die Banken Hebel zur Minderung des Problems dar. Eigenkapitalanforderung und RWA-Reduktionsprogramme Der Mangel an Risikotransparenz hat in Verbindung mit den 2007 bis 2009 notwendigen Bankenrettungen durch die Regierungen dazu geführt, dass man den Risikoberichten und Kapitaladäquanzberichten der Banken – leider zu Recht – nicht mehr vertraut. Es besteht daher ein politisches Bedürfnis, einen möglichst großen Puffer zwischen die Möglichkeit einer Bankenpleite und der Haftung des Steuerzahlers zu legen. Dies geschieht über die Kapitalanforderungen im Rahmen von Basel III und zusätzlich der Total Loss Absorbing Capacity (TLAC) für solche Banken, die global systemrelevant sind. Diese zusätzlichen Kapitalanforderungen können aber bei erodierenden Margen und Deckungsbeiträgen und gleichzeitig explodierenden Kosten nicht durch Innenfinanzierung gedeckt werden. Gleichzeitig haben sich die Profitabilitätskennzahlen der Banken so verschlechtert, dass ihre Aktienkurse deutlich an Wert eingebüßt haben und die Preis-Buchwert-Verhältnisse nahe bei 0,5 liegen. Damit ist auch die Möglichkeit von Kapitalerhöhungen begrenzt. Eine Anpassung an die Zielvorgaben ist somit nur durch massive weitere Reduktion der Bilanzrisiken möglich, also durch RWA-Reduktion und damit weiteren Abbau von Deckungsbeiträgen. Bildet man diese Faktoren gesamthaft in ihrer Wirkung auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung der Bank ab, so ergibt sich ein ernüchterndes Bild. ” 4 Die kumulierte Wirkung der beschriebenen Mechanismen erodiert die Eigenkapitalbasis, reduziert die Erträge, steigert die Kosten und erhöht indirekt die Risikokosten, indem sie die Banken zu einer aggressiven Preispolitik bei Krediten verleitet, die die Risikokosten nicht adäquat berücksichtigt. In Summe bleibt kein einziger Baustein, der für die Gesundung des Bankensystems notwen- dig wäre, unbeschadet. Ist dies das strategische Endspielszenario, oder besteht die Möglichkeit, dass sich eine oder mehrere der externen Komponenten auf Sicht verändern? Leider ist davon auszugehen, dass – sofern eine Änderung überhaupt möglich ist – dies eine gemeinsame Anstrengung der europäischen Kreditwirtschaft erfordert. Dies betrifft drei Themenkomplexe: Die Geldpolitik Die Margen-Erosion, die durch die künstlich flach gehaltene Zinsstrukturkurve erzwungen wird, erodiert die Profitabilität und damit die Risikotragfähigkeit des gesamten Systems. Sie führt daher zwingend zu einer weiteren Reduktion der Bankbilanzen, was nichts anderes ist, als eine Rückführung der Kredite und damit der Geldmenge M3. In ungewollter (und wahrscheinlich von der EZB auch gar nicht verstandener) Konsequenz bereitet die aggressive Geldpolitik damit zwingend der Deflation den Boden, die sie durch aufgeblähte M1-Liquidität zu verhindern trachtet. Derzeit ist im Zentralbankrat der EZB keine politische Mehrheit für eine Kursänderung in Sicht. Die wissenschaftliche Debatte beginnt in Ansätzen zu vermuten, dass die Niedrigzinspolitik ursächlich für die drohende Deflation sein könnte, ohne jedoch die Mechanismen zu postulieren – obwohl ein Blick auf die Bankbilanzen die mikroökonomischen Mechanismen offenkundig macht: Es ist die flache Zinskurve selbst, die den Transmissionsmechanismus zwischen M1 und M3 beschädigt und so die relevante Gesamtgeldmenge deflatorisch schrumpfen lässt. Die Kosten der Regulierung Hier kann die Flut der Vorschriften nur eingedämmt werden, wenn sich die Kreditwirtschaft endlich in einer konzertierten Aktion wieder mit einer Stimme und ökonomisch starken Argumenten an der Diskussion beteiligt. Hierfür muss die Branche ihre Eigenorganisation neu definieren und ausrichten. Die Errichtung einer Interessensvertretung SSM-regulierter Banken und die Konzentration der Diskussionsbeiträge zur weiteren Entwicklung der Aufsicht und der Governance der Branche an dieser Stelle ist dabei eine Conditio sine qua non. Die einzelne betroffene Bank kann die Belastung durch ein schlüssiges Konzept des Managements regulatorischer Compliance durch operative Maßnahmen in gewissem Umfang senken: Verschlankung und Fokussierung des ausufernden Produktportfolios, zentrales Projektmanagement-Office für alle Compliance-Themen, systematisches Mapping der gesetzlichen Anforderungen und Abgleich mit dem eigenen Projektportfolio, um Überflüssiges und Doppelarbeit zu vermeiden und die jeweils ökonomischste Lösung für Einzelfragen herbeizuführen, sowie Verbesserung der Transparenz des Projektbudgetierungsprozesses durch innovative Verfahren wie interne Informationsmärkte. 26 diebank 3.2015

BANKING ó Der Stresstest Die EZB hat sich, wie die EBA vor ihr, mangels eigener technischer Fähigkeiten dazu entschlossen, die Industrie regelmäßig mit einer Form des Stresstests zu prüfen, die nicht nur mit exorbitant hohen Kosten verbunden ist (und mit ihrer Datensammlung die normalen Aufgaben des Risikocontrollings der Institute weitgehend lahmlegt), sondern die darüber hinaus auch noch völlig untauglich ist, tragfähige Ergebnisse zu liefern. Nicht überraschend fiel Reaktion der Märkte auf die Veröffentlichung der Ergebnisse verhalten bis ablehnend aus. Die Glaubwürdigkeit der neuen Institution ist beschädigt, noch bevor sie richtig an den Start gegangen ist. Die Kreditwirtschaft benötigt aber wieder das Vertrauen der Kunden und Kapitalmärkte. Sie muss ein vitales Interesse daran haben, dass der Stresstest wahre und robuste Aussagen liefert. Sie muss daher mit eigenen Vorschlägen Alternativen aufzeigen, die dies leisten. Solche methodischen und technischen Alternativen sind verfügbar. Fazit Kann die Wiedergewinnung der Ertragskraft unter den gegenwärtigen Bedingungen gelingen? Nur eine systematische Ausrichtung des Kreditgeschäfts an der Maxime, dass die Wertschöpfung einer Bank in der intelligenten Transformation von Risiken besteht, kann hier nachhaltig zu einer Verbesserung führen. Risikoadjustierte Preissetzung stärkt nicht nur die Erträge, sie führt über die aktive Nutzung der adversen Selektion auch zu einer Verschiebung schlechter Risiken an die Wettbewerber und damit zu einer dauerhaften Verbesserung der eigenen Marktposition. Dazu gehören auch eine risikoorientierte Segmentierung des Kreditprozesses und die systematische Herstellung von Risikotransparenz zur Verbesserung der eigenen Position in den Anleihe- und Eigenkapitalmärkten. Banken haben diesen Schritt in der Vergangenheit aus Angst vor Marktanteilsverlusten gemieden. Das war ein Fehler, der wesentlich dazu beigetragen hat, die Portfolien mit schlechten Krediten zu belasten, die sich zum Teil über Jahre unbemerkt dort ansammeln konnten. Nicht jede Bank wird in der Lage sein, die dafür notwendige Risikokultur herzustellen. Wer es aber schafft, der kann die beschriebene nächste krisenhafte Zuspitzung, die sich heute schon abzeichnet, überstehen. ó Autor: Dr. Markus Krall ist Managing Director von goetzpartners Management Consultants, Frankfurt am Main. 4 Wirkung der Umweltfaktoren auf Bilanz und GuV niedrige Zinsen Geldpolitik (EZB) Forward guidance Wertpapierkäufe Konjunktur Aktiva Passiva Bank G&V Zerstörung der Margen durch flache Zinskurve fallende Vermögenswerte erodieren Kapitalbasis Kredite & Wertpapiere Kreditaufnahme Kapital + Erträge - Kosten - Risikokosten = Gewinn/Verlust Sparproduktmarge Kreditmarge Fristentransformationsgewinn Kapitalwirkung Ertragswirkung prozyklische Kapitalregeln reduzieren Risikonahmekapazität in der Krise Red Tape / Regulierungskosten Kostenwirkung Greek „haircut“ & Eurokrise regulatorische Vorgaben RWA Reduktionsprogramme 3.2015 diebank 27

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