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die bank 03 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó BANKING Die US-Institute sind hingegen aus dem Gröbsten heraus. Dies hat seine Gründe in einer steileren Zinsstrukturkurve, höheren Margen im Kreditgeschäft aufgrund oligopolistischer Marktstrukturen und einem besseren Kundenbeziehungs-Management. Auch haben die US-Banken nach der Lehman-Pleite ihre Kapitalbasis viel früher gestärkt. Um zu überleben müssen die europäischen Banken ihre Ertragsmodelle neu erfinden, radikale Einschnitte bei den Kosten vornehmen, die Regulierungswelle eindämmen und die Branche massiv konsolidieren. Um das zu erreichen, muss die Branche sowohl intern ihre Prozesse reformieren als auch nach außen erfolgreich und koordiniert agieren. ” 1 Die ursprünglich durch die US-Hypothekenkrise ausgelösten Effekte hatten drei unmittelbare Wirkungen: den Verlust des Vertrauens in die Stabilität der Banken, das Absenken der Zinsen und der Zinsstrukturkurve insgesamt sowie den Verlust von Kapital und dadurch ein Ungleichgewicht zwischen Risiko und Risikotragfähigkeit der Institute. Gleichzeitig sehen wir zwei endogene Faktoren, die das Verhalten der Kreditinstitute beschreiben, wie es sich in den Jahren vor der Krise herauskristallisiert hat und die nun nur schwer zu ändern sind: keit nachzuweisen. Ratings der Agenturen mit geringer Trennschärfe, die noch dazu auf implizite Garantien abstellten, waren und sind ungeeignet, dieses adverse Anreizproblem zu entschärfen. Der Mangel an Risikotransparenz ist eine der Hauptursachen dafür, warum die Risikotragfähigkeit nicht mehr für die vorhandenen Risiken ausreicht – sowohl vor als auch nach der Krise. Mit dem Ausbruch der Krise wirkt dieser Mangel vor allem auf die Kosten des Eigenkapitals, da die Investoren nicht mehr bereit sind, auf der alten Basis Aktienkapital zur Verfügung zu stellen. Sie verlangen erhebliche Risikoprämien. Die Folge ist eine Preisfindung von Bankaktien mit einer Preis-Buchwert-Relation von 0,5 bis 0,6 und eine massive Verwässerung der Altanteile bei neuen Kapitalerhöhungen. Rigidität der Kostenbasis Die Kostenbasis der Banken wird vor allem durch zwei Effekte beeinträchtigt: Durch arbeitsrechtliche Beschränkungen bei der Freisetzung nicht mehr benötigter Ressourcen und durch die Komplexität der Prozesse und deren Infrastruktur. Das wirkt dahingehend, dass die aufgrund von Ertragsdruck, Margenverfall und externen Kosten der Compliance notwendige Anpassung der Kostenbasis nicht oder nur mit großer Zeitverzögerung durchgeführt werden kann. Daraus ergeben sich sekundäre und tertiäre Wirkungsketten: Die niedrigen Zinsen über die gesamte Laufzeit der Zinsstrukturkurve führen zu einer Erosion der Margen. Dies geschieht über drei Hebel: ” 2 Die Absenkung des kurzfristigen Zinssatzes auf unter Null zerstört den gesamten Bruttodeckungsbeitrag des Einlagengeschäfts. Die Passivmarge wird bereits vor Kosten negativ. Einige Banken sind in einer sehr kurzfristigen Sichtweise daher bereits dazu übergegangen, von ihren Sparkunden Strafzinsen zu verlangen. 2 Margen-Erosion durch die Niedrigzinspolitik der EZB Normal verlaufende Zinskurve Flach gedrückte Zinskurve Erosion der Kreditmarge Passivmarge Ertragshunger zur Deckung der Fixkosten verschärft Wettbewerb Mangel an Risikotransparenz Dieser Mangel hat seine tiefere Ursache in dem durch staatliche und aufsichtsrechtliche Maßnahmen definierten Moral Hazard der Industrie. Haupttreiber dafür waren die implizite und explizite staatliche Einlagengarantie für private Sparkunden und die von den Anleihe-Investoren (zu Recht) unterstellte Bestandsgarantie aufgrund des too-big-to-fail-Effekts. Beide Interventionen reduzierten die Notwendigkeit für die Banken, gegenüber ihren Fremdkapitalgebern transparent zu sein und so ihre eigene Kreditwürdig- Transformationsmarge Verlust der Fristentransformationsgewinne durch hohes Marktrisiko Passivmarge Passivmarge Passivmarge Kreditmarge Transformationsmarge Vollständiger Verlust der Marge auf Sparprodukte 24 diebank 3.2015

BANKING ó Dies wird sich spätestens dann rächen, wenn sich die Zinsstruktur irgendwann normalisiert. Es schadet darüber hinaus einer für ein tragfähiges Liquiditätsmanagement unabdingbaren Diversifikation der Finanzierungsquellen der Bank. Die Fristentransformation funktioniert nicht mehr, da die Strukturkurve flach verläuft und eine Positionsnahme auf z. B. zehn Jahre angesichts des geringen Gewinns von nur 40 Basispunkten risikobereinigt nicht tragbar ist. Damit fällt der Deckungsbeitrag einer in normaler Zinsstruktur bei vertretbarem Risiko erreichbaren Fristentransformation ebenfalls komplett weg. Die Kreditmargen verbleiben als letzte Quelle von Deckungsbeiträgen, um die rigiden Fixkosten zu decken. Das Ergebnis ist ein verschärfter Wettbewerb, der über nicht-risikoadjustierte Preissetzung ausgetragen wird, weil praktisch alle europäischen Banken die Fähigkeit, den Zins nach Risiko zu bemessen, in der Vergangenheit nicht prioritär entwickelt haben. Das wiederum führt zu einer seit mehreren Jahren sichtbaren Erosion der Bruttoneugeschäftsmarge, was die Ertragskraft der Banken weiter schwächt. Die Bundesbank beobachtet die Margendaten der Banken seit vielen Jahren, und die von ihr publizierten Daten zeigen diese Margen-Erosion für alle drei Säulen des deutschen Kreditwesens. ” 3 Gleichzeitig führt der Versuch, über eine nicht-risikoadjustierte Preissetzung kurzfristige Erträge zu generieren, zu einer erneuten Akkumulation von Risiken in der Bilanz der Bank, die mit einer zeitlichen Verzögerung von drei bis fünf Jahren eine neue Welle von Kreditverlusten auslösen werden. Welcher Mechanismus liegt dem zugrunde? Die Banken werden durch regulatorische und geldpolitisch motivierte Anreize dazu verleitet, ihre internen Ratingsysteme so zu trimmen, dass die berechneten Risiken auf Einzelkreditebene kleiner erscheinen, als sie tatsächlich sind. Diese Anreize bestehen in vier klar identifizierbaren Mechanismen: ó niedrigere Ausfallraten vermindern das erforderliche regulatorische Kapital, das einen starken Knappheitsfaktor darstellt ó die Finanzierungskosten besicherter Kreditaufnahmen der Bank bei der EZB sinken, weil niedriger bewertete Risiken im Kreditportfolio einen höheren Beleihungswert aufweisen ó die geringeren Kapitalanforderungen implizieren eine geringere Wahrscheinlichkeit, den Stresstest der EZB nicht zu bestehen (das gilt auch für künftige Stresstests) ó die Option, Verbriefungen der im Portfolio befindlichen Kredite mit einem Verkauf an die EZB im Rahmen des von ihr angekündigten Ankaufprogramms zu günstigen Konditionen zu verkaufen, stärkt die Eigenmittelbasis der Bank unmittelbar. Auf der Grundlage der so auf „Risikooptimismus“ getrimmten internen Ratings fällt es leicht, Kredite zu einem deutlich unter dem risikoadäquaten Preis taxierten Zins an die privaten und Firmenkunden zu vergeben. Aber was passiert dabei mit dem Portfolio? In einer Bank, die risikoadjustierte Preise stellt, ist 3 Entwicklung der Zinsmarge in den Sektoren der deutschen Kreditwirtschaft 4,00 % 3,50 % 3,00 % 2,50 % 2,00 % 1,50 % 1,00 % 0,50 % 0,00 % 1986 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 ALL GenoBa Geno-ZB LBs SpK PrivBa sichergestellt, dass die Verluste, die Kredite über ihre Lebensdauer erzeugen, durch die Zinsmarge abgedeckt sind. Getrimmte interne Ratings führen dazu, dass die Kreditmarge zur Deckung dieser Kosten nicht ausreicht, obwohl sie kurzfristig ausreichend erscheint, da der am häufigsten jährlich auftretende Kreditverlust nicht dem Mittelwert entspricht, sondern dem Median der Verlustverteilung. Diese Verteilung ähnelt einer Betaverteilung, ist also nicht symmetrisch, und zeigt auf, warum die tatsächlichen durchschnittlichen Verluste in der Regel erst in späteren Jahren akkumuliert auftreten. Die wahren Kosten der erwarteten Kreditverluste kommen erst in einer Krisensituation zutage, wenn innerhalb kurzer Zeit die „aufgesparten“ Verluste mehrerer Jahre eintreten. Die Verlustereignisse sind also kumulativ, aber dabei auf einen nicht vorhersehbaren Zeitpunkt konzentriert. Der Crisis Loss zieht den Durchschnitt der vorherigen guten Jahre dann auf das Niveau des erwarteten Verlusts hoch. Das bedeutet: Der Trend zur nicht-risikoadjustierten Preisstellung von Krediten erzeugt eine Akkumulation von schlechten Krediten in der Bilanz. Nach wenigen Jahren führt dies – meistens ausgelöst durch eine konjunkturelle Schwankung – eine Stresssituation für das Portfolio herbei. Kosten der Compliance Die Welle an regulatorischen Maßnahmen erhöht die Komplexität und die Kosten der Compliance und treibt so die fixe und variable Kostenbasis der Banken systematisch hoch. Die typische SSM-regulierte Großbank wendet derzeit etwa 500 Mio. € pro Jahr auf, 3.2015 diebank 25

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