Aufrufe
vor 5 Jahren

die bank 03 // 2015

  • Text
  • Banken
  • Unternehmen
  • Diebank
  • Anforderungen
  • Deutschland
  • Banking
  • Digitalisierung
  • Institute
  • Insbesondere
  • Regulatorischen
die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó FINANZMARKT

ó FINANZMARKT Crowdinvesting: Schwarm ohne Schwung? INNOVATIVE FINANZIERUNG Crowdinvesting gilt als einer der Hoffnungsträger im schwierigen Markt für Start-up-Finanzierungen. Einen ersten Dämpfer erhielt der Markt im vergangenen Jahr durch die geplante Verschärfung der Regulierung. Nun stellt sich heraus, dass das Wachstum schon jetzt stark rückläufig ist. Auch der Vergleich mit Großbritannien stimmt nicht euphorisch: Die Neufinanzierungen betragen weniger als ein Fünftel verglichen mit der Insel. Wird die Regulierung im Kleinanlegerschutzgesetz im laufenden Jahr wie geplant umgesetzt, droht eine weitere Abschwächung. Peter Barkow Keywords: Regulierung, Anleger, Crowdfunding, Crowdinvesting Der sehr junge Markt für Crowdinvesting oder auch Equity Crowdfunding findet in Deutschland aktuell eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit. Trotz des derzeit noch geringen Volumens ist die Finanzierung über die Crowd einer der Hoffnungsträger im durchweg als schwierig empfundenen Markt für Risikokapital und Startup-Finanzierungen. Zusätzliches Interesse entfachte Crowdinvesting im vergangenen Jahr durch die geplanten und heftig umstrittenen gesetzlichen Änderungen im Kleinanlegerschutzgesetz. Diese könnten letztlich zu negativen Wachstumseffekten führen. Zur Kritik am Kleinanlegerschutzgesetz sei beispielhaft auf die Stellungnahme des Bundesverbands Deutsche Startups e.V. verwiesen. Vor diesem Hintergrund scheint es angezeigt, die aktuelle Marktentwicklung kritisch zu beleuchten. Marktwachstum mit deutlichem Rückgang Per Ende 2014 stellte der Schwarm deutschen Unternehmen schätzungsweise insgesamt 37 Mio. € Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Finanzierungen zur Verfügung. Das Crowdinvesting-Gesamtvolumen hat sich damit gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt – wenn auch auf noch sehr niedrigem Niveau. Schaut man sich allerdings nur das Neufinanzierungsvolumen an, werden die Herausforderungen des Crowdinvestings schnell deutlich. Mit Neufinanzierungen von 15 Mio. € im Jahr 2013 lag die Wachstumsrate noch bei 250 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dagegen hat sich 2014 der Zuwachs bereits auf schätzungsweise 10 bis 25 Prozent (bei 16,5 Mio. bis 19,0 Mio. €) abgeschwächt. Das ist zwar immer noch ein Plus, für einen zukunftsträchtigen Wachstumsmarkt gerade einmal vier Jahre nach Entstehung allerdings doch zu wenig ” 1. Bezeichnend ist auch der Vergleich des vierten Quartals 2014 mit dem entsprechenden Quartal aus 2013, in dem voraussichtlich erstmalig eine negative Wachstumsrate ausgewiesen wird. Hierzu hat aber auch ein Basiseffekt beigetragen, da das vierte Quartal 2013 durch zwei außergewöhnlich große Finanzierungsrunden von zusammen über vier Mio. € beeinflusst war. An der generellen Abschwächung ändert dies grundsätzlich nichts. Das Wachstum nimmt rapide ab – das ist in einem Markt, der noch in den Kinderschuhen steckt, kein gutes Zeichen. Berücksichtigt man noch die absehbare regulatorische Verschärfung im laufenden Jahr, sieht auch die aktuelle Wachstumsprognose nicht rosig aus. Geringes Neufinanzierungsvolumen Auch der Blick über die Grenze bestätigt das schwache deutsche Bild. Im Vergleich zu Großbritannien fällt auf, dass die beiden Länder 2012 noch sehr ähnliche Finanzierungsvolumina generieren konnten. Im vergangenen Jahr war der britische Markt jedoch schon mehr als fünfmal so groß wie der deutsche. Entsprechend stark divergieren die Wachstumsraten. Auch im Jahr 2015 dürfte sich die Schere im Crowdinvesting zwischen In- und Ausland weiter öffnen. So wird in UK mit einer Verdoppelung des Neufinanzierungsvolumens gerechnet. Dagegen scheint dies in Deutschland, selbst auf der aktuell niedrigen Basis, völlig illusorisch ” 2. Crowdinvestment-Ausfälle steigen stark an Ein Hemmschuh für die weitere Entwicklung des deutschen Crowdinvesting- Markts ist die regulatorische Verschärfung durch das Kleinanlegerschutzgesetz. Um die Frage zu beantworten, ob dies überhaupt notwendig ist oder nicht, sind die zugehörigen Ausfälle von zentraler Bedeutung. Insgesamt sind bis Ende 2014 Unternehmen mit einem Crowdinvest- 18 diebank 3.2015

ment-Volumen von 2,9 Mio. € in eine Schieflage geraten (ca. 7,9 Prozent des Marktvolumens), wovon 2,6 Mio. € auf das vergangene Jahr entfallen. Im Ergebnis dauert es durchschnittlich etwa zwölf Monate von der Finanzierung bis zum Problemfall. Bei einzelnen Unternehmen betrug der Zeitraum jedoch weniger als drei Monate. Berücksichtigt man das geringe Alter des deutschen Crowdinvesting- Markts und das generelle Risikoprofil von Frühphasenfinanzierungen für Unternehmen, liegen die Ausfallraten noch in einer normalen Größenordnung. Allerdings gilt es auch hier, die aktuelle Tendenz genau zu beobachten. So sind allein im vierten Quartal 2014 sieben Unternehmen mit einem Finanzierungsvolumen von über 1 Mio. € in Schwierigkeiten geraten. Sollte sich dieser negative Trend fortsetzen, könnten die Ausfallraten den Normalbereich bald verlassen ” 3. 1 Crowdinvesting (Wachstum des Neufinanzierungsvolumens ggü. Vj., in Prozent) 2 852 % Quelle: Für-Gründer.de, Seedmatch, Barkow Consulting. Crowdinvesting: Deutschland vs. UK (Neufinanzierungsvolumen p.a., in Mio.€*) 250 % 10 % - 25 % 104,2 Keine leichte Situation für den Gesetzgeber Für den Gesetzgeber ist das keine sehr bequeme Situation. Dreht er nicht an der Regulierungsschraube und steigen die Problemfälle aus der Crowd weiter an, macht er sich politisch leicht angreifbar. Reguliert er hingegen stärker und würgt damit das ohnehin schon schwache Marktwachstum ab, besteht die Gefahr eines Overkills. Bei dem aktuellen Neufinanzierungsvolumen bestünde dann vermutlich für kaum eine der aktuell ca. 30 Plattformen ein auskömmliches Umsatzpotenzial. Im Übrigen gilt auch, dass eine strengere Regulierung nicht zwingend die Anlagerisiken verringert. Hier sei nur an den Neuen Markt oder den Markt für Mezzanine-Fonds erinnert. In beiden bestand eine (weitgehende) Prospektpflicht. Die Entwicklung beider Finanzierungssegmente war jedoch trotz alledem katastrophal und endete in deren vollständiger Auflösung. ó Autor: Peter Barkow ist Geschäftsführer der Barkow Consulting GmbH, Düsseldorf. *) UK Werte mit dem durchschnittlichen €/£ Wechselkurs des Jahres berechnet. **) Q4 geschätzt anhand der Entwicklung von Seedmatch. Quelle: Für-Gründer.de, NESTA, Seedmatch, University of Camebridge, Barkow Consulting. 3 4,3 Crowdinvestment-Ausfälle (in Mio.€**) 0,2 Q3 2013 4,8 15,0 *) Ohne Berücksichtigung einer etwaigen Recovery-Quote. 32,9 Quelle: Crowdstreet, Unternehmensangaben, Pressemeldungen, Barkow Consulting. 16,5 -19,0** 2012 2013 2014e 0,1 0,9 0,1 0,5 Germany UK 1,1 2,9 Q4 2013 Q1 2014 Q2 2014 Q3 2014 Q4 2014 Total 3.2015 diebank 19

die bank