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die bank 03 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó FINANZMARKT Typ Bank

ó FINANZMARKT Typ Bank sie eigentlich sein will? Und ist es nicht sinnvoll, erst danach die Geschäftsfelder entsprechend zu strukturieren? Deckert: Als Bank konzentriere ich mich mit meinen Geschäften insbesondere auf das, was ich glaube, am besten zu können. Alles andere lasse ich zunächst einmal beiseite. Der zweite notwendige Part, der innovative Aspekt, fehlt mir zurzeit ein wenig: Was kann oder muss eine Bank zusätzlich tun, um sich so weiterzuentwickeln, dass sie auch auf neuen Geschäftsfeldern erfolgreich sein kann. Warum sollte eine Bank nicht zusätzlich zum Kredit für ein Haus auch das Gebäudemanagement, die Gartenbewirtschaftung etc. mit anbieten? So wie Automobilhersteller nicht nur das Fahrzeug liefern, sondern auch dessen Finanzierung mit anbieten. Das sind innovative Ansätze, die bis dato viel zu wenig durchdacht werden. Natusch: Es besteht ja auch die berechtigte Hoffnung, dass gerade aus dem IT-Bereich Kapazitäten für andere Aufgaben wieder frei werden, sobald die jetzigen regulatorischen Anforderungen abgehandelt sind. Momentan ist der „Change the bank“-Aufwand allerdings noch immer ausgesprochen hoch. Viele Leute sind mit Aufgaben gebunden, die schlicht und einfach erledigt werden müssen. Ohne Wenn und Aber. Andererseits ist es nachvollziehbar, dass die Institute sich mit dem Aufbau zusätzlicher Manpower schwertun, wenn absehbar ist, dass die durch die Regulatorik aktuell gebundenen Kapazitäten demnächst wieder für andere Aufgaben verfügbar sind. diebank: Ist es dann aber nicht vielleicht schon zu spät? Manche kommen zu dem Ergebnis, dass es für Banken unausweichlich ist, ihre Geschäftsmodelle dem digitalen Wandel anzupassen. Natusch: Dass hier Handlungsbedarf existiert, steht für mich außer Frage. Kunden wollen inzwischen auch von ihrer Bank einen Service, wie sie ihn bei digitalen Dienstleistungen anderer Anbieter gewohnt sind. Digitalisierung bedeutet weit mehr, als nur Dinge online zu stellen. Das gesamte Geschäftsmodell ist zu überprüfen. Banken müssen analysieren, inwieweit sich aus ihrer Kernkompetenz in Verbindung mit den Kunden- und Transaktionsdaten intelligente digitale Produkte generieren lassen. Gegenüber den Non Banks besitzen Banken einen entscheidenden Vorteil: das Thema Datensicherheit. Das sollte man nicht unterschätzen. Gerade vor dem Hintergrund, welche Datenlecks es in letzter Zeit bei Anbietern aus diesem Feld gegeben hat. Datensicherheit ist ein Thema, bei dem Bankkunden sehr sensibel reagieren. Können die Banken den Beweis antreten, dass sie mit den Kundendaten hochgradig vertraulich umgehen und auf dieser Grundlage Produkte generieren, die Kundennutzen und erkennbaren Mehrwert schaffen, dann werden sie auch im digitalen Geschäft gegenüber den Non Banks die Nase vorn behalten. Deckert: Man sollte die Verlustangst von Kunden und Geschäft nicht zu hoch hängen. Bislang beschränkt sich das Engagement der digitalen Angreifer doch weitgehend auf den Zahlungsverkehr. Das machen die Unternehmen – zugegeben – durchaus geschickt. Ob sie damit aber auch profitabel sind, steht auf einem ganz anderen Blatt. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht zu analysieren, welche Herausforderungen der Branche bei anderen Bankgeschäften aus der Digitalisierung Dr. Ingo Natusch, Fachbereichsleiter Risikoüberwachung, Prüfungsverband deutscher Banken e.V. erwachsen – bei der Kredit- oder Wertpapier-Beratung – also dort, wo es um die Kernkompetenzen der Banken geht. Die Frage ist doch: Gibt es auf diesen Feldern eventuell intelligente digitale Modelle und Wettbewerber, über die wir uns bis dato noch kaum Gedanken gemacht haben? Im Investment Banking gibt es dies meines Wissens momentan noch nicht. Aber ich sehe durchaus die Gefahr, dass pfiffige Unternehmen aus der digitalen Ecke den Banken hier in Zukunft Geschäft streitig machen könnten. diebank: Das Risiko, Geschäft in größerem Ausmaß an die digitalen Angreifer zu verlieren, ist insgesamt betrachtet aber nicht besonders groß? Natusch: Zumindest nicht im klassischen Einlagen- und Kreditgeschäft. Hackethal: Außerdem besteht für die Großbanken die Möglichkeit, einen digitalen Angreifer vom Markt wegzukaufen, falls dieser zu erfolgreich zu werden droht. Momentan stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung. Im Prinzip befinden sich alle noch im Experimentiermodus. Skubch: Das klingt mir ein wenig so, wie die Argumentation bei Quelle und anderen Handelsunternehmen vor 15 Jahren. Dann kam Amazon – und das Geschäft war weg. Die Konsequenz bei Banken darf nicht darin bestehen, sich auf den überlegenen Assets auszuruhen und abzuwarten, was aus der digitalen Welt noch so alles auf sie zukommt. Banken müssten sich vielmehr die Frage stellen: Wie lassen sich die eige- 16 diebank 3.2015

FINANZMARKT ó Skubch: Wir sind zurzeit in ein Projekt involviert, bei dem der Vorstand alle Geschäftseinheiten die Konsequenzen der zunehmenden Digitalisierung auf das Geschäftsmodell hinterfragen lässt – partiell wie auch gesamthaft. Entstanden ist daraus ein Portfolio an Dingen, die das Unternehmen nach eigener Einschätzung verändern müsste. Der Holding-Vorstand bezweifelt allerdings, dass das Unternehmen fähig ist, diese Herausforderung zu stemmen. Vor allem, weil es für Innovationsprojekte dieser Art an Personen, Strukturen und Erfahrungen fehle – auch in kultureller Hinsicht und im Hinblick auf den Anspruch, innovative Ideen dieser Art in die bestehende Organisation zu transferieren. Im Prinzip geht es darum, zwei Welten zusammenzuführen und eine Brücke zu schlagen zwischen der notwendigen neuen Innovationskultur und den traditionell gewachsenen Strukturen, die reformiert werden sollen und die verändert werden müssen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Ähnliche Herausforderungen haben wohl fast alle traditionellen Banken vor der Brust. Mit einer „Business as Usual“-Attitüde und einer dreitägigen Vorstandsklausur lässt sich dieses Thema sicherlich nicht bewältigen. Letztlich geht es um eine grundsätzliche Haltungsänderung. Da wird es eigene Innovationszellen geben müssen. Da wird man sich auch nach geeigneten Partnern umschauen, mit Inkubatoren zusammenarbeiten und kulturell ganz neue Wege beschreiten müssen. Auch den richtigen Umgang mit Kreativen und Freidenkern wernen Assets aktiv nutzen? Die Bedrohung besteht ja nicht allein darin, dass pfiffige FinTechs und Global Player aus der digitalen Welt ihnen auf einigen Feldern Geschäft streitig machen. Es kann ja auch durchaus sein, dass der eine oder andere Konkurrent aus dem ureigenen traditionellen Bankensektor progressiver vorgeht und sich mithilfe intelligenter digitaler Lösungen an der Konkurrenz vorbei nach vorne schiebt. Banken müssen sich aus meiner Sicht daher grundsätzlich mit der Frage auseinandersetzen, welche Chancen die Digitalisierung ihnen bietet. Dabei gilt es auch, die passenden Antworten auf die Frage zu finden, wie man die Ressourcen frei bekommt, um die Digitalisierung meistern zu können – und zwar quantitativ, qualitativ und kulturell. diebank: Was sollten Banken auf dem Feld der Digitalisierung aktuell tun? Hackethal: Trial and error. Dinge ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Momentan kann man noch überhaupt nicht sagen, wie das Zielfoto aussehen wird. Natusch: Ein solches Vorgehen kollidiert allerdings mit der traditionellen Kultur, wie wir sie in Banken vorfinden. Da mag es ein- Hartmut Skubch, Gründer und Senior Partner der Skubch & Company Management Consultants. zelne Abteilungen geben, die sich professionell mit innovativen Themen beschäftigen. Aber einfach mal loslegen, etwas ausprobieren und im „trial and error“ abwarten, was passiert – das passt in keiner Weise zum bisher üblichen Vorgehen. den viele erst noch lernen müssen. Diesen Transfer hinzubekommen, ist alles andere als trivial. Natusch: Die Banken werden auch die kulturelle Herausforderung bewältigen. Davon bin ich fest überzeugt. Das Kerngeschäft der Banken sehe ich durch die Digitalisierung ohnehin nicht in Gefahr. Ein Teil des Geschäfts wird vermutlich abwandern, das schon. Dafür wird an anderer Stelle neues hinzukommen. Die Risiken, die von den Kapitalmärkten ausgehen, sollten uns allerdings weit mehr als die Digitalisierung Anlass zur Sorge geben. Deckert: Das sehe ich ähnlich. Hackethal: Für mich gibt es keinerlei Zweifel, dass die digitalen Möglichkeiten vor allem das Privatkundengeschäft massiv und nachhaltig verändern werden. Noch haben die Institute Zeit, auf den Zug aufzuspringen. Die margenbringenden Kunden gehören nach wie vor der Generation 50+ an. Was aber kommt danach? Wie wird die nachfolgende Generation mit ihrem Geld umgehen? Das ist schwierig zu prognostizieren, der Umgang wird auf jeden Fall deutlich anders ausfallen, als wir dies bisher gewohnt sind. Skubch: Gerade weil wir erst am Anfang der Digitalisierung stehen, macht es aus meiner Sicht für eine Bank viel Sinn, alles zu versuchen, um eine Vorreiterrolle einzunehmen. Zauderer werden kaum eine Chance haben, ihren Rückstand wettzumachen, sofern die interne Verjüngung mit guten, kreativen Leuten nicht gelingt und der kulturelle Wandel nicht vorankommt. diebank: Meine Herren, haben Sie vielen Dank für Ihre Einschätzungen. Das Gespräch führte Volker Lindemann. 3.2015 diebank 17

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